Sieg der Leidenschaft
irgendwelche wichtigen Papiere bei sich tragen. Seit dieser Krieg ausbrach, kümmere ich mich um verwundete Soldaten - ich habe noch nie an strategischen Besprechungen teilgenommen!«
»Worauf ich hinaus will - dein Leben hat sich verändert. Die Rebellen werden dir misstrauen, weil du einen Yankee geheiratet hast. Und die Yankees werden dir wegen deiner Vergangenheit misstrauen.«
»Ich interessiere mich nicht für die Meinung anderer Leute.«
»Das solltest du aber. Wer eine bestimmte Meinung vertritt, kann gefährlich werden.«
»Jedenfalls habe ich Taylor nicht geheiratet, um Yankee-Geheimnisse zu enthüllen ... O Ian, ich will nicht mit dir streiten!«
»Das möchte ich auch nicht, Tia. Aber du musst verstehen - es gibt kein Zurück.«
»Ich will ja gar nicht davonlaufen. Heute habe ich gute Arbeit geleistet - und nicht einmal die Taschen der Toten oder Sterbenden durchwühlt«, fügte sie bitter hinzu. »Aber einige deiner Männer würden hilflose, verletzte Rebellen skrupellos töten!«
»Was?«
Entsetzt hielt sie den Atem an. O Gott, warum hatte sie das gesagt? Wie konnte sie Ian erklären, welches Gespräch sie im Wald belauscht hatte - und wieso sie hierher geritten und Taylor in die Arme gelaufen war? »Ach - nichts ...«
»Soeben hast du eine schwerwiegende Beschuldigung ausgesprochen und ich will wissen, was du damit meinst.«
»Also gut. Ich glaube, einige deiner Soldaten würden einen verwundeten Rebellen lieber töten, als in seine Taschen zu fassen.«
»Und wie kommst du darauf?«
»Heute - hörte ich sie darüber reden.« Verzweifelt wünschte Tia, sie müsste sich nicht in neue Lügen verstricken.
»Und wer hat das gesagt?«
»Ein paar Männer - in der Nähe des Lazaretts.«
»Sobald du sie wiedersiehst, musst du mir Bescheid geben, und wir werden die Wahrheit herausfinden.«
»Taylor würde es sicher nicht glauben und ...«
»Darum werde ich mich kümmern.«
»Aber er kommandiert das Camp.«
»Taylor wird ...« Ian unterbrach sich. »Hat er dich nicht informiert?«
»Nein - worüber?«
»Er wurde abberufen, weil er einen Spezialauftrag übernehmen soll. Bis die Kompanie aus diesem Camp nach St. Augustine zurückkehrt, führe ich das Kommando.«
»Also - wird er das Camp verlassen?«
»Tut mir Leid. Ich wünschte, man hätte jenen Auftrag mir erteilt. Aber so, wie die Dinge liegen, musst du mich nach St. Augustine begleiten. Risa wird dich sehr gern bei sich aufnehmen.«
Warum krampfte sich ihr Magen zusammen? Weil Taylor wegreiten würde? Und das hatte er ihr nicht einmal verraten! Sie schüttelte den Kopf und ballte die Hände. »Dann werde ich zu Julian zurückkehren. Es wäre verrückt, mitten unter den Feinden zu leben, wenn Taylor nicht bei mir ist, und ich ...«
Hinter ihr erklang eine tiefe Stimme. »Ian wird dich nach St. Augustine bringen.«
Verwirrt drehte sie sich zu Taylor um, der unbemerkt ins Zelt gekommen war.
»Verzeih mir, Taylor, ich wusste nicht, dass sie keine Ahnung hatte«, entschuldigte sich Ian.
»Nun, jetzt weiß sie Bescheid. Tia, du wirst deine früheren Aktivitäten nicht fortsetzen.«
»Nein, ich werde meine früheren Aktivitäten nicht fortsetzen!«, fauchte sie. Plötzlich grollte sie der ganzen Welt, nicht nur dem Krieg. »Und Alaina muss sich auch in Acht nehmen und Cecilia dürfte nicht in einem Lazarett arbeiten, weil sie zu hübsch ist. Wie absurd das alles ist. Oh, zum Teufel mit euch beiden!«
Wütend stürmte sie ins Freie und hörte ihren Bruder erklären: »Kein Wunder, dass sie sich aufregt! Ich dachte, inzwischen hättest du ihr von den geänderten Plänen erzählt.«
»Das habe ich versäumt«, erwiderte Taylor. »Lass sie nur gehen. Allzu weit wird sie nicht kommen.«
Lass sie nur gehen!
Genau das tat sie. Mit langen Schritten eilte sie in den dunklen Kiefernwald, zum Ufer des Teichs. Wo ist Blaze, fragte sie sich. Hätte ich bloß meine Stute ...
Beinahe schrie sie auf, als eine Hand ihre Schulter umfasste. Instinktiv riss sie sich los und wich zurück.
Taylor. Verdammt, warum pirschte er sich dauernd wie ein Panter an sie heran? Zu schnell, zu leise ...
»Was machst du hier?«, fragte er.
»Ich gehe spazieren.«
»Suchst du einen Fluchtweg?«
»Und wenn es so wäre? Wer würde mir folgen? Vorhin sagtest du zu Ian, er soll mich gehen lassen.«
Taylor verschränkte die Arme vor der Brust. »Und wohin wolltest du gehen?«
»Wohin sollte Ian mich gehen lassen?«
»In unser Zelt.«
»Unser Zelt? Wie großzügig!
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