Sieg der Leidenschaft
Yankees?«
»Ja.«
»Hast du ihn getröstet?«
»So gut ich es vermochte. Ein Teil seiner - Lunge wurde weggeschossen. Und das halbe Gesicht.« Mühsam kämpfte sie mit den Tränen. »Er sprach von meiner Familie - und den alten Zeiten auf Cimarron ...« Sie schlug erschüttert die Hände vors Gesicht und fühlte sich erleichtert, weil er sie in die Arme nahm, als die Tränen zu fließen begannen.
»Schon gut, Tia.«
»Gar nichts ist gut! Er hinterlässt eine Frau - und ein Kind.«
»Pst ...« Er setzte sich mit ihr ins Gras. Ganz sanft wiegte er sie hin und her. »Jetzt pflegst du schon so lange verwundete Soldaten. Das ist nun mal die bittere Realität eines Krieges. Viele Soldaten sterben auf grausame Weise.«
»Aber seine arme junge Frau ...«
»Es gibt zahllose junge Witwen, die noch viele Jahre leben werden - Jahre voller Trauer und Zorn.«
»Witwen und ...« Abrupt verstummte sie und dachte an die Fotografie, die ihre Mutter ihm zu Weihnachten geschenkt hatte. Abbys Porträt. »Oh - tut mir Leid, ich vergaß ...« Sie spürte, wie er sich versteifte. Jetzt umfing sein Arm sie nicht mehr so fest. Natürlich, er hatte sie nicht freiwillig geheiratet. Und sie war nicht seine richtige Frau. Seine geliebte Abby lag unter der Erde und sie selbst war die niederträchtige Rebellin, die Lügnerin, die einen Schatten auf seine Ehre geworfen und ihn zur Ehe gezwungen hatte.
»Schon gut«, sagte er wieder.
»Wie kann das denn gut sein?«, wisperte sie, hob den Kopf und schaute ihm in die Augen. »Ich hörte, sie sei erschossen worden - und in deinen Armen gestorben ...«
»Über diese schmerzlichen Erinnerungen will ich nicht reden«, unterbrach er sie, ließ sie los und stand auf. »Wahrscheinlich findest du Ian in seinem Zelt. Es wurde eigens für ihn aufgestellt, nicht weit von meinem entfernt. Sicher möchte er dich sehen.«
Damit war sie offenbar entlassen. »Danke«, entgegnete sie deshalb kühl. »Dann werde ich jetzt zu meinem Bruder gehen.«
Als sie aufsprang, gönnte ihr Taylor keinen einzigen Blick mehr. Schweigend starrte er vor sich hin.
Im Camp wurde das Dinner vorbereitet. Sergeant Henson winkte ihr zu und sie erwiderte den Gruß. Dann sah sie das große neue Zelt und rief: »Ian?«
»Tia!« Lächelnd erschien er im Eingang. »Komm herein!« Sie folgte ihm in seine neue Unterkunft fern der Heimat, der er innerhalb kurzer Zeit seinen Stempel aufgedrückt hatte. Auf dem zusammenklappbaren Schreibtisch lag ein Medaillon mit einem Porträt von Alaina und einer Haarsträhne - ein typischer Schmuck, den fast jeder Soldat bei sich trug. Daneben sah sie verstreute Briefe und ein Handbuch über Schusswunden. Sein Kavalleriejackett hing über einem Klappstuhl.
Einladend wies er auf das Fußende des Feldbetts. Nachdem sie Platz genommen hatte, setzte er sich auf den Klappstuhl.
»Ich hatte Angst, ich würde deine Abreise verpassen«, erklärte Tia. »Es war ein sonderbarer Tag - und er verging so schnell. Zum Glück bist du immer noch da.«
»Natürlich wäre ich nicht davongeritten, ohne mich von dir zu verabschieden - um mich zu vergewissern, dass du glücklich bist und verstehst, was du getan hast.«
»Was ich getan habe?«
Eine Zeit lang schwieg er. Dann stand er auf, ging zum Schreibtisch und berührte das Medaillon. »Tia, du hast einen allseits bekannten Kavallerieoffizier geheiratet - berühmt für seine Fähigkeit, sämtliche Leute aufzuspüren, immer und überall. Außerdem kann er auf hundert Schritte den Flügel einer Fliege wegschießen.«
Tia holte tief Atem. »Wie gut, dass ich keinen unfähigen Kavallerieoffizier geheiratet habe ...«
Von dieser Art von Humor schien er nichts zu halten. Er wandte sich zu ihr und betonte: »Bis vor kurzem hast du in einem Rebellenlazarett gearbeitet. Und jetzt pflegst du verletzte Yankees.«
Hilflos zuckte sie die Achseln. »Die einen bluten genauso wie die anderen.«
»Und du behandelst alle gleich?«
»Selbstverständlich! Warum sollte ich mich anders verhalten als Julian oder Brent? Heute habe ich deine Yankees sehr gut betreut, Ian. Frag doch Miss Bryer -oder die Patienten!«
Er setzte sich zu ihr aufs Bett und schaute forschend in ihre Augen. »Tut mir Leid, ich finde das alles sehr verdächtig.«
»Warum?«, fragte sie mit gepresster Stimme.
»Bist du hierher gekommen, um Taylors Depeschen zu lesen?«
Empört sprang sie auf. »Nein!«
»Bist du sicher?«
»Hör mal, Ian, ich kam gar nicht auf den Gedanken, Taylor könnte
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