Sieg des Herzens
wette, Sir«, entgegnete ihm Rhiannon, »daß Sie dort mehr finden werden, als Ihnen lieb ist.« Und wieder zum General gewandt, fuhr sie fort: »Ich schwöre Ihnen bei Gott, Sir, daß Sie mehr als die Hälfte dieser Kompanie verlieren, wenn Sie tatsächlich dieser Route in südöstlicher Richtung folgen, ln diesem Fall sind Ihnen die Konföderierten überlegen. Bitte, Herr General, schicken Sie einen dieser Männer voraus, damit er sich davon überzeugen kann, daß ich recht habe.«
»Das wäre nur Zeitverschwendung«, sagte Wheaton ungehalten.
»Bitte, ich flehe Sie an!« beschwor Rhiannon den General.
»Woher wollen Sie das eigentlich wissen, Mrs. Tremaine?« fragte nun Willoughby, der sich bisher herausgehalten hatte.
»Intuition«, murmelte Rhiannon, der so schnell keine bessere Antwort einfiel.
»Soll das etwa heißen, daß wir unsere Pläne wegen der Intuition einer Frau ändern sollen?« fragte Wheaton, kurz davor, die Fassung zu verlieren.
Magee sagte erst einmal nichts und blickte nur zu Rhiannon hinüber, die ihn ihrerseits ansah.
»Sir, es kostet Sie vielleicht ein paar Stunden, wenn Sie meinen Vorschlag akzeptieren«, sagte sie dann sanft zu ihm und fuhr beschwörend fort: »General, Sie haben hier nur Ihre Aufklärungseinheit. Der Hauptteil der Armee ist so weit entfernt, daß es mehrere Stunden dauern würde, bis er zu uns aufgeschlossen hätte. Bitte korrigieren Sie mich, falls ich mich da täuschen sollte.«
Nach einem kurzen Zögern nickte Magee zustimmend und erklärte zu seinen Männern gewandt: »Meine Herren, Sie werden vorausreiten und sich ruhig verhalten. Wenn Sie tatsächlich auf so viele feindliche Soldaten stoßen, wie Mrs. Tremaine annimmt, kommen Sie, Willoughby, wieder hierher zum Camp, und Sie, Wheaton, reiten mit der Information so schnell wie möglich zur Haupttruppe.«
Wheaton und Willoughby akzeptierten den Befehl des Generals ohne Widerworte und salutierten. Aber als sie das Zelt verließen, warfen sie Rhiannon einen derart vernichtenden Blick zu, daß sie sich fragte, wer in Zukunft wohl ihr Feind sein würde.
»Danke«, sagte sie dann zum General, »Sie werden es nicht bedauern, auf mich gehört zu haben.«
»Woher wissen Sie all diese Dinge, und wie können Sie sich so sicher sein?« fragte der General neugierig.
»Vertrauen Sie mir einfach, Sir.« Mit dem Kopf nickend fügte sie hinzu: »Eins können Sie mir glauben, es wäre mir lieber, wenn ich diese Eingebungen nicht hätte.«
Und dann verließ sie sein Zelt. Im Camp herrschte bereits reges Treiben. Schon zu dieser frühen Stunde war es recht warm, und es würde sicher wieder ein heißer Tag werden. Die Männer, die mit Fieber oder anderen Krankheiten im Lazarettzelt lagen, beklagten sich und waren ziemlich reizbar. Rhiannon und die anderen drei Krankenschwestern, die mit dem Aufklärungstrupp unterwegs waren, mußten sich ganz schön beeilen, um alle Kranken mit frischem Wasser und kalten Umschlägen zu versorgen. Einigen wenigen mußten auch noch alte Verbände gewechselt werden.
Als Rhiannon schließlich nach Stunden in ihr Zelt zurückgekehrt war, um sich ein wenig frisch zu machen und ihr Haar in Ordnung zu bringen, schrak sie zusammen, als sie Magee ihren Namen rufen hörte. Schnell lief sie aus dem Zelt, und da saß er, hoch zu Roß auf seinem Apfelschimmel - einer besonders großen Stute -, und rief ihr zu: »Sie hatten recht. Die Streitkräfte der Rebellen waren dreimal so zahlreich wie unsere Truppe. Wir wären da in einen ganz schönen Schlamassel geraten.«
Erleichtert atmete Rhiannon auf, aber bevor sie noch etwas dazu sagen konnte, fuhr Magee fort: »Sie glauben, daß das ein Fluch ist - diese Visionen, meine ich?«
»Ja, Sir, der Meinung bin ich.«
»Nun, dieser sogenannte Fluch hat gerade ein paar hundert Männern das Leben gerettet. Was mich betrifft, bin ich Ihnen sehr dankbar dafür. Wenn Sie wieder mal was auf dem Herzen haben, zögern Sie nicht, zu mir zu kommen.«
Rhiannon ging auf Magees Pferd zu, tätschelte dem Tier den Hals und sagte zu Magee: »Auch beim nächstenmal werde ich bestimmt zu Ihnen kommen, Sir.«
Sydney ging ungeduldig in ihrer kleinen Einzelzelle auf und ab. Wieder lag eine lange Nacht vor ihr. Wenn sie doch bloß schlafen könnte...
Während des Tages waren noch mehr Gefangene eingeliefert worden. Sie hatten erschöpft ausgesehen und waren ziemlich niedergeschlagen; sie hatten während der Belagerung von Vicksburg versucht, die Stadt zu halten. Jeden Tag wurde
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