Sieg des Herzens
Charakterstärke. Er war immer noch eine stattliche Erscheinung und faszinierend anzusehen. Allerdings lag an diesem Morgen ein Bedauern in seinem Ausdruck, und er schien sehr, sehr müde.
»Sehr wohl, Sir, wenn Sie es wünschen, Sir«, sagte Julian höflich. »Aber bitte sagen Sie mir doch - wo uns das Schicksal hier nun schon einmal zusammengeführt hat -, ob es meinem Bruder gutgeht.«
»Ja, Julian, Ian geht es gut. Aber er hat nichts damit zu tun. Er weiß nicht einmal etwas davon ...«
»Das glaube ich wohl, Sir, mein Bruder würde sich an einer solch heimtückischen Hinterlist niemals beteiligen.«
Magee erstarrte und sah zu Rhiannon hinüber, um festzustellen, wie sie Julians Bemerkung aufgenommen hatte: »Mrs. Tremaine?«
»Lassen Sie nur, General!« Und zu Julian gewandt, fügte sie hinzu: »Du bist in meinem Traum gestorben!«
Julian war mittlerweile bei Magee angelangt, der immer noch im Eingang stand. Er wußte Rhiannon direkt hinter sich, ging an dem General vorbei und trat allein hinaus auf die Lichtung. Zehn Meter von ihm entfernt standen berittene Yankees und bildeten eine Art Mauer. Er drehte sich um. Auch Magee hatte unterdessen, gefolgt von Rhiannon, die Kirche verlassen.
Julian lächelte den beiden zu und sagte: »Ach übrigens, General - wenn Sie gestatten -, aber Mrs. Tremaine heißt nun Mrs. McKenzie.« Und beinah entschuldigend fügte er noch hinzu: »Ich fürchte, Sie und Ihre Männer sind ein bißchen zu spät gekommen.«
Magee drehte sich erstaunt zu Rhiannon um und fragte: »Mein liebes Kind, ist das wahr?«
»Nein!« flüsterte sie erschrocken.
»General, ich schwöre Ihnen, daß das die Wahrheit ist. Pater Vickery wird es Ihnen vor Gott bezeugen. Die junge Dame hier ist über einundzwanzig und ich auch. Damit ist die Ehe legal und bindend. In Anwesenheit von Zeugen geschlossen. Ach, ja! Und unter uns, Sir!« sagte Julian laut und deutlich, senkte dann aber die Stimme, so daß nur der General und Rhiannon ihn noch verstehen konnten. »Da ich nur getan habe, was man von einem Ehrenmann erwarten kann, und hier auf Wunsch der Dame erschienen bin -was mich zu Ihrem Gefangenen macht, Herr General -, bitte ich Sie um einen Gefallen, als Offizier und Gentleman.« Freundlich fuhr er fort: »Rhiannon ist doch in Ihrem medizinischen Stab beschäftigt. Bitte seien Sie so gut und haben Sie ein Auge auf sie. Sie neigt nämlich dazu, von ihrem geliebten, aber leider verschiedenen ersten Ehemann Richard zu träumen, um sich dann dem Nächstbesten an den Hals zu werf...«
Weiter kam er nicht, denn Rhiannon hatte einen raschen Schritt auf ihn zu getan und ihm eine so schallende Ohrfeige verpaßt, daß es richtig weh tat. Sich die Wange haltend, verneigte er sich tief vor ihr, drehte sich dann um und ging auf das Pferd zu, das die Yankees offensichtlich für ihn be-reithielten. Das Tier war wohlgenährt und hatte ein glänzendes Fell. Schnell saß er auf, da er die Gelegenheit gekommen sah, auf die er gewartet hatte: eine Lücke in den Linien der Yankees, direkt vor ihm. Er drückte sich mit dem Oberkörper flach an den Hals des Pferdes und gab ihm die Sporen. Das agile Tier reagierte augenblicklich und preschte auf die Lücke zu.
»Haltet ihn!« donnerte Magee.
Zwei Reitern gelang es, die Lücke zu schließen, aber das machte auch keinen Unterschied. Julian brauchte nur sein Pferd herumzureißen und auf direktem Weg zurück und nach links zu reiten, um ihnen zu entkommen. Aber als er sein Pferd gewendet hatte, verstellte Rhiannon ihm den Weg und sah ihn herausfordernd an. Groß, aufrecht und unbeweglich wie eine Statue, stand sie da. Aber es war kein wirkliches Risiko für sie, da sie ganz genau wußte, daß er anhalten würde.
Er nahm die Zügel kurz, und sofort waren die Soldaten bei ihm, um ihn vom Pferd zu reißen. Er versuchte, sich zu befreien, aber die Yankees hatte nun die Nase voll, und einer der Männer hieb mit seinem Gewehrkolben auf ihn ein. Ein harter Schlag traf Julian am Hinterkopf, so daß er glaubte, der Schädel würde ihm zerspringen. Heftig genug wäre der Schlag gewesen. Er flehte zu Gott, daß der Mann ihm nicht wirklich den Schädel gespalten hatte. Sein Kopf dröhnte, und ihm begannen die Sinne zu schwinden.
Im Fallen sah er noch Rhiannons wunderschöne grüne Augen auf sich gerichtet und streckte eine Hand nach ihr aus. Entsetzt schrie sie auf, konnte aber nicht schnell genug vor ihm zurückweichen, und so riß er sie mit sich zu Boden, während die Welt um ihn
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