Sieg des Herzens
auf dem Stuhl liegen Handtücher, und hier ist Seife. Wir haben immer noch ganz gute Seife im Haus - aus Frankreich. Aber sie ist kaum parfümiert - es ist nicht dieses schreckliche Zeug, das in letzter Zeit alle zu benutzen scheinen. Ich versichere Ihnen, daß Sie morgen nicht irgendwie komisch riechen.«
»Gut, es wäre nämlich schrecklich, wenn meine Männer glaubten, ich würde zu gut riechen«, entgegnete ihr Julian mit gespielt ernster Miene.
Rachel mußte lachen. »Bis morgen früh dann also, Colonel.«
»Es ist ein wunderbares Zimmer, Rachel. Vielen Dank.«
Sie zuckte abwehrend mit den Achseln und sagte: »Ich glaube, es war früher einmal das Kinderzimmer, es grenzt direkt an die Räumlichkeiten der Hausherren. Aber ich bin nicht sicher. Rhiannon hat dieses Anwesen von ihren Eltern geerbt, deshalb gab es hier schon lange keine kleinen Kinder mehr. Schlafen Sie gut, Sir. Bis morgen früh, dann also.« Mit diesen Worten verließ sie das Zimmer.
Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, konnte er gar nicht schnell genug aus seinen Kleidern kommen. Ein heißes Bad und frische Wäsche waren wirklich zum reinsten Luxus geworden. In seinem Basislager hatten sie zwar gewissermaßen noch Glück gehabt, denn es war direkt an einem klaren, kühlen und gemächlich dahinplätschernden Bach aufgeschlagen worden; und da es ständig so heiß war, verbrachten die Männer viel Zeit am Wasser und schwammen fast täglich ein paar Runden.
Freudig stieg Julian in die Wanne, und als das angenehm warme Wasser seinen Körper umspülte, fühlte er sich augenblicklich wunderbar geborgen. Bevor er zu müde werden sollte, griff er lieber gleich nach der Seife -wobei es ihm völlig egal war, wie sie roch - und rieb sich energisch von Kopf bis Fuß damit ein. Er hatte schon zweimal während des Krieges Läuse gehabt, und deshalb wusch er sich ausgiebigst, wann immer sich ihm Gelegenheit dazu bot. Nachdem er sich gründlich abgeschrubbt hatte, lehnte er sich in der Wanne zurück, um seit langem einmal wieder richtig zu entspannen.
Was für ein wunderbares Gefühl es doch war, so im heißen Wasser zu liegen. Er wurde ganz träge und genoß es, gut zu riechen. Der Wein war wirklich ziemlich stark gewesen - genau wie Mammy Nor gesagt hatte. In Kombination mit der Wärme des Wassers schien er sich jetzt erst richtig in seinem Körper zu entfalten, wärmte ihn von innen und gab ihm die Möglichkeit, den Kriegsalltag ein wenig zu vergessen. Sogar die Schreckensbilder kranker und verwundeter Soldaten - die mit Granatsplitter- oder Bajonettstichverletzungen zu ihm gebracht wurden oder darniederlagen und vor Schmerz und Angst schrien, weil ihnen eine Gliedmaße amputiert werden mußte - begannen zu verblassen, obwohl sie sich fast unauslöschlich in sein Gedächtnis eingegraben hatten.
Während er so in der Wanne lag, lauschte er dem beruhigenden Rascheln der Blätter vor dem Haus, die das leichte Lüftchen, das mittlerweile aufgekommen war, aneinanderrieb. Er hatte das Gefühl, als habe er eine Reise in vergangene Zeiten gemacht und wäre wieder auf Cimarron, wo er häufig bei offenem Fenster in der Wanne gelegen und den Geräuschen der Nacht gelauscht hatte. Es war herrlich, wenn nach der Hitze des Tages eine kühle Brise aufkam, und er hatte sich schon lange nicht mehr so wohl gefühlt.
Nach einer Weile vernahm er neben den typischen Lauten der Nacht noch etwas anderes. Ganz leise drang ein unterdrücktes, herzzerreißendes Schluchzen an sein Ohr.
Er befand sich in dem alten Kinderzimmer, direkt neben den Zimmern der Herrschaft. Das bedeutete, daß das Schlafzimmer seiner Gastgeberin direkt neben seinem lag.
Es war furchtbar, ihren Kummer mitanhören zu müssen. Im Laufe des Krieges hatte er schon so viele Männer sterben sehen und sich doch nie an den Tod gewöhnt. Er wußte, daß jeder Mann, den er verlor, eine trauernde Witwe, eine weinende Mutter oder ein Kind, das nun ohne Vater durchs Leben kommen mußte, zurückließ. Ganz besonders schlimm war es, wenn ihm ein junger Mann während der Operation unter den Händen wegstarb. Aber er hatte gelernt, damit zu leben, indem er sich nicht zu lange damit aufhielt und einfach weitermachte. Wenn er stur seine Arbeit tat, gelang es ihm, die Einzelschicksale zu vergessen. Der Krieg war brutal und grausam, und er kannte das Leid, das der Krieg den Menschen zufügte, denn er mußte Tag für Tag dagegen ankämpfen.
Und doch...
Ihr leises, unterdrücktes Schluchzen schlich sich in
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