Sieg einer großen Liebe
bedrückte Victoria an seine linke Seite. „Du meine Güte, Kind, was fehlt dir denn? Du bist blass wie ein Gespenst.“
Sie gestand ihm ihre Torheiten.
„Ausgezeichnet!“ sagte er und begann zu Victorias Erstaunen zu lachen. „Nur weiter so, bringe Bewegung in Jasons Leben. Das ist genau das, was er braucht. An der Oberfläche wirkt er vielleicht kalt und hart, doch es ist nur eine Schutzhülle ... wenn auch eine dicke, wie ich zugeben muss. Die richtige Frau könnte sie jedoch durchdringen und die Sanftheit in ihm entdecken und hervorholen. Jason würde sie sehr glücklich machen ...“
Hier brach er ab, und Victoria fühlte sich unbehaglich unter seinem bedeutungsvollen Blick. Ob Charles die Hoffnung hegte, daß sie diese Frau sein könnte?
Keinen Augenblick glaubte sie, daß Jason Fielding sanft sein könnte. Außerdem wollte sie so wenig wie möglich mit ihm zu tun haben. Taktvoll wechselte sie das Thema. „In den nächsten Wochen sollte ich etwas von Andrew hören.“
„Ach ja, Andrew ...“ sinnierte Charles, und sein Blick verfinsterte sich.
~ * ~
Am nächsten Tag unternahm Charles mit Victoria eine Kutschfahrt ins benachbarte Dorf, und sie genoss den Ausflug sehr, obwohl sie auch ein wenig Heimweh bekam. Überall blühten Blumen in den liebevoll gepflegten kleinen Gärten, auf den Hügeln und Wiesen. Victoria verliebte sich in den Ort mit seinen sauberen kleinen Häuschen und gepflasterten Straßen.
Die Dorfbewohner blieben stehen, lüfteten ihre Hüte und schauten neugierig. Sie nannten Charles „Eure Hoheit“, und obwohl er sich gewöhnlich nicht an ihre Namen erinnerte, behandelte er sie doch freundlich, ungeachtet ihrer Stellung im Leben.
Als sie am Nachmittag nach Wakefield Park zurückkehrten, blickte Victoria wesentlich optimistischer in die Zukunft.
Sie verbrachte den Rest des Tages in ihrem Zimmer und las.
Zweimal brachte sie Willie etwas zu fressen und versuchte, ihn näher zu sich zu locken, allerdings vergebens.
Vor dem Abendessen legte sie sich hin und schlief ein. Sie wiegte sich in dem Glauben, sie könnte weitere Auseinandersetzungen mit Jason vermeiden, wenn sie ihm aus dem Weg ging, doch da irrte sie sich.
Als sie wieder aufwachte, räumte Ruth gerade einen Armvoll pastellfarbener Kleidung in den Schrank.
„Die gehören mir nicht, Ruth“, sagte Victoria verschlafen und kletterte aus dem Bett.
„Doch Miß!“ meinte Ruth begeistert. „Seine Lordschaft hat sie aus London kommen lassen.“
„Bitte richte ihm aus, daß ich sie nicht tragen werde“, erwiderte Victoria höflich, aber bestimmt.
Ruth fasst sich an den Hals. „O nein, Miß, das kann ich nicht tun, wirklich nicht! “
„Nun gut, ich aber..!“ sagte Victoria und ging zu dem anderen Schrank, um ihre eigenen Kleider zu suchen.
„Die sind fort“, sagte Ruth verstört. „Ich.... ich habe sie weggebracht. Befehl seiner Lordschaft..."
„Ich verstehe“, sagte Victoria ruhig, doch innerlich kochte sie vor Wut.
Das Dienstmädchen rang die Hände und sah Victoria voller Hoffnung an. „Miß, seine Lordschaft sagte, ich könnte ihre Zofe werden, wenn ich es gut mache.“
„Ich brauche aber keine Zofe, Ruth.“
Das Mädchen ließ die Schultern hängen. „Es wäre so viel schöner als das, was ich jetzt tue...“
Dem bittenden Ausdruck auf ihrem Gesicht konnte Victoria nicht widerstehen. „Nun gut“, sagte sie und zwang sich zu lächeln. „Und was sind deine Aufgaben als Zofe?“
„Ich helfe Ihnen beim Anziehen und sorge dafür, daß Ihre Kleider immer sauber und frisch gebügelt sind. Und ich kämme Ihnen das Haar. Darf ich? Sie haben so schönes Haar. Meine Mutter sagte immer, ich kann gut frisieren.“
Victoria stimmte zu, weil ihr das Gelegenheit gab, sich zu beruhigen, bevor sie Jason Fielding gegenübertrat.
Eine Stunde später betrachtete sich Victoria schweigend im Spiegel. Sie trug ein Kleid aus pfirsichfarbener, weich fließender Seide mit weiten Ärmeln, die der Länge nach mit farblich passenden Satinbändern besetzt waren. Ihr rotblondes Haar war in glänzende Locken gelegt und mit Satinbändem durchflochten. Doch ihre Wangen waren vor Ärger gerötet, und in ihren blauen Augen funkelten Scham und Wut.
Noch nie hatte sie ein so kostbares Gewand gesehen, mit einem so tief ausgeschnittenen engen Mieder, das ihre Brüste in die Höhe zwang und gewagt viel Haut zeigte. Und noch nie hatte sie sich weniger über ihr Aussehen gefreut wie jetzt, da sie gezwungen wurde, die
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