Sieg einer großen Liebe
gewesen, das seine Ferien auf einem benachbarten Gut verbrachte. Vierzehn Tage lang war sie ihm fast überallhin gefolgt und hatte ihn bewundernd mit ihren blauen Augen angesehen. Er hatte sie für ein ungewöhnlich hübsches Kind gehalten, mit einem bezaubernden Lächeln und mehr Geist als weibliche Wesen doppelten Alters.
Nur war aus ihr eine atemberaubend schöne junge Frau geworden, und Charles konnte den Blick kaum von ihr abwenden.
Nach außen hin gelangweilt betrachtete er ihre erstaunliche Gestalt, ihre edlen Züge und ihr leuchtend rotgoldenes Haar, als sie gelassen am Rand des überfüllten Saales stand. Wie unter einem Zwang ging er auf sie zu.
„Hallo Katherine.“
„Hallo Charles“, antwortete sie, als hätte sie auf ihn gewartet.
„Findest du die Festlichkeit genauso unerträglich langweilig wie ich?“ sagte er und fand selbst, daß diese Einleitung etwas lahm war.
Katherine sah sich um. „Es ist das passende Vorspiel zu einer Ehe, die einzig aus finanziellen Gründen geschlossen wird.“
Ihre Offenheit erstaunte ihn, aber noch mehr verwunderte ihn der anklagende Blick ihrer blauen Augen, bevor sie sich abwandte. Charles hielt sie zurück. Die Berührung ihres nackten Armes löste einen Schock in ihm aus, den auch Katherine gespürt haben musste, denn sie erstarrte.
Sanft führte Charles sie hinaus auf den Balkon. „Es ist ziemlich voreilig, anzunehmen, Geld sei der einzige Grund für meine Verbindung mit Amelia.“ Im Mondlicht wandte er sich ihr zu und hatte das Gefühl, sich verteidigen zu müssen: „Manche Menschen haben andere Gründe für die Ehe“, sagte er hart.
Wieder brachte sie ihn mit ihrem Blick aus der Fassung. „Nicht Menschen wie wir“, widersprach Katherine ruhig. „Wir heiraten, um Reichtum, Macht oder Ansehen unserer Familien zu vergrößern. In deinem Fall ist Reichtum der Grund für die Eheschließung!“ Damit hatte sie natürlich vollkommen recht, und obwohl es allgemein üblich war, schien sie ihn deswegen zu verachten. „Und du?“ spottete er. „Wirst du nicht auch aus einem dieser Gründe heiraten?“
„Nein“, antwortete sie. „Ich werde heiraten, weil ich liebe und wiedergeliebt werde. Mit einer Ehe wie die meiner Eltern werde ich mich nie begnügen. Ich will mehr vom Leben und habe auch mehr zu geben.“
Sie sprach diese Worte mit solcher Überzeugung aus, daß es Charles die Sprache verschlug. „Deine Großmutter wird davon nicht begeistert sein, meine Liebe“, brachte er schließlich hervor. „Wie man hört, möchte sie, daß du einen Winston heiratest, und das gedenkt sie auch durchzusetzen.“
Nun lächelte Katherine zum erstenmal, ein bezauberndes Lächeln, das ihr ganzes Gesicht aufleuchten ließ. „Meine Großmutter und ich“, stellte sie leichthin fest, „sind über dieses Thema schon lange entzweit. Doch bin ich genauso entschlossen, meinen Kopf durchzusetzen wie sie.“
Sie war so schön, so frisch und unverdorben, daß die Schutzmauer aus Spott und Zynismus, die Charles seit Jahren um sich errichtet hatte, abzubröckeln begann. Plötzlich fühlte er sich entlarvt und leer. Unbewusst strich er ihr sanft über die Wange. „Ich hoffe, der Mann, den du liebst, ist deiner wert“, sagte er zärtlich.
Lange sah Katherine ihn prüfend an, als könnte sie bis in sein müdes enttäuschtes Inneres schauen. „Ich denke“, flüsterte sie, „es wird eher die Frage sein, ob er es merkt. Weißt du, er braucht mich sehr, auch wenn ihm das eben erst bewusst wird.“
Erst einen Augenblick später wurde ihm die volle Bedeutung ihrer Worte klar. Und dann flüsterte Charles ihren Namen mit der Sehnsucht eines Mannes, der gefunden hat, wonach er unbewusst sein Leben lang gesucht hatte ... die Frau, die ihn um seiner selbst willen liebte.
Charles hatte zuerst versucht, sich gegen seine Gefühle zu wehren. Das ist Wahnsinn, hatte er sich gesagt, ich kenne sie kaum. Er war kein junger Tor der glaubte, man könnte sich auf den ersten Blick verlieben. Bis zu diesem Abend hatte er noch nicht einmal geglaubt, daß es Liebe überhaupt gab. Doch jetzt wünschte er sich, daß dieses schöne, kluge, mutige Mädchen nur ihn lieben sollte. Einmal in seinem Leben hatte er etwas selten Kostbares und Unverdorbenes gefunden, und so sollte sie bleiben. Er wollte sie heiraten und schätzen und vor dem Zynismus und der Frivolität bewahren, die in ihrer Gesellschaftsschicht gang und gäbe waren.
Daß er seine Verlobung mit Amelia würde auflösen müssen,
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