Sieg einer großen Liebe
um nicht in Lachen auszubrechen. „Nur wenn ich in den Spiegel sehe, Madame“, entgegnete sie.
Unzufrieden wandte sich Lady Kirby nun an Jason, der sich erhoben hatte, beim Kamin stand und sich mit dem Ellbogen auf das Sims stützte. „So, Wakefield“, bemerkte sie, „wie es aussieht, ist die Ankündigung in der Zeitung korrekt. Ich sage Ihnen die Wahrheit ... ich wollte es nicht glauben. Nun, stimmt das?“
Jason hob die Augenbrauen. „Stimmt was?“
Charles rief laut nach dem Butler und übertönte damit Lady Kirbys Worte. „Northrup, bringe den Damen eine Erfrischung...an setzte sich, wobei Miß Kirby den Stuhl neben Jason nahm, und Charles begann hastig ein lebhaftes Selbstgespräch über das Wetter.
Lady Kirby wartete ungeduldig, bis er geendet hatte. Dann wandte sie sich wieder an Jason. „Wakefield, stimmt das mit Ihrer Verlobung oder nicht“, fragte sie ohne Umschweife.
„Nein“, erwiderte Jason kalt und hob sein Glas an die Lippen.
Victoria staunte über die verschiedenen Reaktionen, die dieses eine Wort hervorrief. Lady Kirby wirkte zufrieden, ihre Tochter erfreut. Charles sah elend aus, und Jasons Gesichtsausdruck war undurchdringlich. Sie fühlte mit ihm. Kein Wunder, daß Jason so hart und gleichgültig wirkte. Die Frau, die er liebte, hatte anscheinend die Verlobung mit ihm gelöst. Es schien ihr nur eigenartig, daß die beiden Damen sie selbst ansahen, als erwarteten sie eine Stellungnahme von ihr.
Victoria lächelte verlegen, und Lady Kirby nahm das Gespräch wieder auf.
„Nun, Charles, in dem Fall wirst du wohl die arme Miß Seaton in der nächsten Saison vorstellen?“
„Ich beabsichtige, dafür zu sorgen, daß Gräfin Langston den ihr zustehenden Platz in der Gesellschaft einnimmt“, bemerkte er kühl.
„Gräfin Langst“ stotterte Lady Kirby.
Charles nickte. „Victoria ist Katherine Langstons ältestes Kind. Damit ist sie Erbin des schottischen Titels ihrer Mutter.“
„Trotzdem“, entgegnete Lady Kirby steif, „wird es nicht leicht werden, eine passende Verbindung für sie zu finden.“ Sie wandte sich voll geheucheltem Mitgefühl an Victoria. „Ihre Mama bewirkte einen ganz schönen Skandal, als sie mit diesem irischen Arbeiter durchbrannte.“
Empört über diese Beleidigung fuhr Victoria auf. „Meine Mutter heiratete einen irischen Arzt“, verbesserte sie.
„Ohne Erlaubnis ihrer Großmutter“, erwiderte Lady Kirby. „In diesem Land heiraten anständige Mädchen nicht gegen den Willen ihrer Familie.“ Sie bedachte Victoria mit einem süffisanten Lächeln, die vor Zorn über die Diffamierung ihrer Mutter die Hände ballte.
„Nun ja, die Gesellschaft vergißt solche Dinge irgendwann“, fuhr Lady Kirby großzügig fort. „Doch zunächst werden Sie viel lernen müssen, mein liebes Kind, bevor sie vorgestellt werden können. Sie müssen die korrekte Anrede der verschiedenen Adeligen, ihrer Frauen und Kinder beherrschen. Ebenso natürlich die Sitten, die bei Besuchen gelten und die schwierigen Sitzordnungen bei Tisch. Das allein wird Monate dauern. Kolonialisten wissen so etwas nicht, aber wir Engländer legen größten Wert auf Etikette.“
„Vielleicht ist das eine Erklärung dafür, daß wir sie im Krieg immer schlagen“, gab Victoria mit sanfter Stimme zurück.
Lady Kirbys Blick verfinsterte sich. „Ich wollte Sie nicht angreifen. Jedenfalls werden sie Ihre Zunge im Zaum halten müssen, wenn Sie eine gute Partie machen und den Ruf Ihrer Mutter vergessen machen wollen.“
Victoria stand auf. „Sie kennen meine Mutter nicht, sonst wüssten Sie, daß es mir schwerfallen würde, ihrem Ansehen gerecht zu werden“, entgegnete sie würdevoll. „Meine Mutter war die sanfteste und liebenswürdigste Frau der Welt... Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen, ich habe Korrespondenz zu erledigen.“
Victoria schloss die Tür und ging durch die Halle zur Bibliothek, einem riesigen Raum mit Perserteppichen auf dem gewachsten Parkettboden und Bücherregalen an allen Wänden. Zu aufgeregt, um tatsächlich einen Brief an Dorothy oder Andrew zu schreiben, suchte sie nach einer beruhigenden Lektüre.
Sie ging an den Regalen mit Werken aus Geschichte, Wirtschaft und den Heldensagen vorbei und kam zu den Gedichtbänden. Sie ließ den Blick über die Buchrücken schweifen. Einige der Autoren hatte sie schon gelesen. Auf gut Glück zog sie einen dünnen Band heraus, weil er einige Zentimeter hervorstand und ging zur nächsten Sitzgruppe.
Nachdem sie die Lampe auf
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