Sieg einer großen Liebe
dem Kind nieder. „Lass mich dein Boot sehen, John. Mein Freund Andrew und ich haben oft Boote gebaut und sie mit denen anderer Kinder zusammen segeln lassen. Unsere Schiffe waren allerdings lange nicht so großartig wie deins. Sollen wir damit zum Bach gehen?“
John nickte, und Victoria sah seinen Vater mit der Bitte um Erlaubnis an. „Ich werde gut auf ihn aufpassen“, versprach sie. „Und natürlich auch auf das Boot.“
Nachdem der Graf zugestimmt hatte, legte John seine Hand in Victorias, und sie verließen zusammen das Arbeitszimmer.
„Offensichtlich mag sie Kinder“, bemerkte Robert, als die beiden Abenteurer gegangen waren.
„Sie ist selbst kaum mehr als ein Kind“, sagte Jason abweisend.
Der Graf dreht den Kopf und sah der verführerischen jungen Frau nach. Dann sah er wieder Jason an und hob belustigt die Brauen, erwiderte jedoch nichts.
~ * ~
Victoria saß mit John auf einer Decke am Ufer des Flüsschens, das sich malerisch durch den weitläufigen Rasen vor dem Schloss schlängelte und genoss die wärmende Sonne. Sie erfand für John Geschichten von Piraten und Stürmen, die ihr Schiff bei der Überfahrt von Amerika angeblich heimsuchten. John lauschte gebannt und hielt die lange Leine fest, woran das Boot gebunden war. Als es ihm langweilig wurde, sein Schiff hier im zahmen seichten Wasser segeln zu lassen, ging Victoria mit ihm an die Stelle, wo der Bach von einem umgestürzten Baum aufgewühlt wurde und unter einer Steinbrücke hindurchrauschte.
„Lass das Boot nur nicht los, sonst laufen wir auf den Baum dort auf.“
„Ich halte es gut fest“, versprach der Junge und lächelte, als sein Dreimaster auf dem wirbelnden Wasser herumhüpfte.
Victoria schlenderte am steilen Ufer entlang und pflückte einen Strauß von den rosa, blauen und weißen Wiesenblumen, die den Abhang bedeckten, als John aufschrie und der Leine nachstolperte, die ihm aus der Hand gerutscht war. „Bleib wo du bist!" rief Victoria und eilte zu ihm.
Er deutete auf das Schiffchen, das nun direkt in die Äste des umgestürzten Baumes unter der Brücke glitt. „Es ist fort“, flüsterte er und bemühte sich mannhaft, nicht zu weinen. „Onkel George hat es für mich gebastelt. Er wird traurig sein.“
Das Wasser war zwar tief und floss rasch, doch Victoria und Andrew hatten ihre eigenen Boote oft aus dem viel gefährlicheren Fluß zu Hause geborgen. Sie ließ den Blick über den Uferrand gleiten um sicherzugehen, daß sie vom Schloss aus nicht gesehen werden konnten, dann stand ihre Entscheidung fest.
„Es ist nicht fort, es ist nur auf ein Riff gelaufen“, meinte sie leichthin und drückte John an sich. „Wenn du mir versprichst, hier sitzen zu bleiben, hole ich es dir.“ Dann zog sie Schuhe, Strümpfe und das Musselinkleid aus, das Jason für sie gekauft hatte.
Nur noch mit Hemd und Unterrock bekleidet, watete Victoria in den Bach, bis sie keinen Boden mehr unter den Füßen spürte. Dann schwamm sie mit sicheren Zügen. Das Wasser war kalt, und es war nicht leicht, die Leine aus den Zweigen zu befreien. Zur Freude des kleinen John tauchte sie zweimal. Das Bad war erfrischend, und Victoria genoß es. „Diesmal bekomme ich das Boot frei. Bleib, wo du bist, ich brauche keine Hilfe!“ schrie sie, damit das Kind ihr nicht etwa nachzukommen versuchte.
Jason und sein Freund Collingwood traten gerade aus dem Schloss, um nach den beiden zu sehen, als sie Victorias letztes geschrienes Wort „... Hilfe!“ vom Bach herüberwehen hörten. Sie starrten sich entsetzt an und rannten über den Rasen. Dann schlitterten sie das steile Ufer hinunter zu John. Aufgeregt fasste Robert Collingwood seinen Sohn an den Schultern. „Wo ist sie?“
„Unter der Brücke“, antwortete der kleine Junge. „Sie holt mir Onkel Georges Schiff zurück.“
„Du meine Güte! Diese Törin ..." Jason riss sich den Rock vom Leib und stürzte aufs Wasser zu .. .
Plötzlich tauchte eine lachende rothaarige Nixe anmutig aus den Wellen. „Ich hab’s, John!" rief sie, wobei ihr das nasse Haar die Augen verdeckte.
„Gut!" rief John und klatschte in die Hände.
Jason bremste und blieb stehen. Sein Schreck verwandelte sich in Zorn, während er zusah, wie sie geschickt zum Ufer zurückschwamm. Er stand mit gespreizten Beinen da und wartete ungeduldig, bis sein Opfer in Reichweite kam.
Robert Collingwood warf seinem wütenden Freund einen verständnisvollen Blick zu und nahm seinen Sohn an die Hand. „Du kommst mit mir ins Haus“,
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