Siegel der Nacht: Mercy Thompson 6 - Roman (German Edition)

die Tochter des Alphas des Columbia Basin Rudels zu verletzen.
    »Ich werde sie anrufen«, sagte Darryl. »Jetzt wo ich weiß, worum es geht. Du hättest es mir einfach sagen können, Jesse.«
    »Ich wollte deine Gefühle nicht verletzen«, murmelte Jesse. »Es ist ja nicht so, als würde er dich nicht mögen.«
    »Ich weiß genau, worum es geht.« Darryls Stimme war so tief, dass sie fast schon grollte. »Es ist okay. Es macht mir nichts aus, Leuten Angst einzujagen. Und besonders macht es mir nichts aus, deine Dates zu verängstigen.«
    »Ist jetzt wieder alles gut?«, fragte ich.
    »Wahrscheinlich«, sagte Jesse.
    »Wenn Kyle und Warren nicht können, ruf auch mal Samuel und Ariana an.«
    »Das werde ich tun«, meinte Darryl.
    »Liebe dich, Jesse.« Ich hielt es beiläufig. »Wir sehen uns.« Wahrscheinlich. Vielleicht. Der Tod der achtjährigen MacKenzie in den frühen Morgenstunden hatte meinen üblichen Optimismus ziemlich gedämpft.
    »Sag Daddy, dass er besser nicht die gesamten Flitterwochen
in Wolfsform verbringen soll«, sagte Jesse. »Liebe euch beide.«
    Adam hatte meinen Brief gelesen. Als ich endlich rausgefunden hatte, wie man bei diesem Telefon auflegte, sah ich ihm in die Augen.
    »Ich habe nicht vor zu sterben«, sagte ich. »Aber, Mr. Allzeit-Bereit, es gibt Dinge, die ich ein paar Leuten gerne sagen würde, falls es doch passiert.«
    Wie etwa, dass ich sie liebte. Dass jemand auf Stefan aufpassen musste, dem es immer noch nicht allzu gutging. Warren hatte mir vor ein paar Tagen ein telefonisches Update gegeben und berichtet, dass es Stefans Leuten anscheinend besser ging. Stefan hatte in Portland ein paar Leute eingesammelt, aber es waren immer noch zu wenige. Warren und Ben fuhren regelmäßig vorbei, um Stefan selbst zu nähren, aber das war nur eine vorübergehende Lösung. Und jemand musste noch ungefähr zehn Jahre warten, um dann die erwachsenen Kinder des armen Truckers zu finden, dem man die Morde angehängt hatte, die von einem Vampir begangen worden waren, um ihnen zu sagen, dass er nicht plötzlich verrückt geworden war und einige vollkommen Undschuldige getötet hatte. Um diese Dinge musste sich jemand kümmern, falls es mich nicht mehr gab, um sie zu erledigen.
    Adam war ruhelos und wütend, also schickte ich ihn los, um irgendetwas zu jagen. Vielleicht würde das dafür sorgen, dass er sich besser fühlte.
    Während er weg war, schrieb ich den Brief an ihn. Als ich fertig war, legte ich mich aufs Bett und versuchte einen anderen Weg aus dieser Katastrophe zu finden.
    Die Werwölfe zu Hilfe zu rufen war unmöglich. Das
Feenvolk … Zee war mein Freund. Ich könnte Zee anrufen. Ich dachte darüber nach. War es eine gute Idee?
    Nicht, wenn Flussteufel ihr Siegel auch beim Feenvolk anwenden konnte. Das Feenvolk war nicht immun gegen Magie. Ich hatte gesehen, wie eine Feenkönigin andere Angehörige des Feenvolks zwang, ihr zu huldigen – und einige davon waren ziemlich mächtig gewesen.
    Sollte Flussteufel Zee unterwerfen können … Ich hatte Zee nur ein paar Mal ohne seinen Schutzzauber gesehen, und er war beeindruckend. Noch beeindruckender war, wie der Rest des Feenvolks ihn behandelte: wachsamer Respekt – selbst von den Grauen Lords selbst. Wenn er Flussteufel gehorchen müsste, wäre das nicht gut.
    Also: Kojote und seine Verwandtschaft würden sich fressen lassen. Und der Himmel sollte allen beistehen, wenn ich das Monster nicht tötete. Ich würde hinüberschwimmen und versuchen, es mit einem Feuersteinmesser zu erledigen  – ich nahm an, dass Kojote es mir liefern würde.
    Eine Tauchausrüstung könnte nicht schaden.
    Mir fiel etwas ein …
    Ich ging zu der Bank im Küchenbereich, nahm die Sitzfläche ab und stellte sie zur Seite. In der Bank lagen zwei komplette Sets Schnorchelausrüstung. Ich hatte sie bemerkt, als ich den Wohnwagen erkundet hatte, und jetzt fragte ich mich, wie viel Jojo-Mädchen in ihrer Vision genau gesehen hatte. Adam hatte das sicher nicht mitgenommen.
    Ich kenne ein paar adrenalinsüchtige Werwölfe, die richtig tauchen gehen, aber keinen einzigen, der schnorchelt. Beim Tauchen ist es letztendlich nicht unbedingt nötig, schwimmen zu können, da das Absinken und Aufsteigen
von den Gewichten am Gürtel und einer luftgefüllten Weste geregelt werden.
    Ich zog ein Paar Füßlinge heraus, die aussahen, als hätten sie meine Größe, und das kleinere Paar Flossen. Den Schnorchel ließ ich, wo er war. Meine alte College-Mitbewohnerin hatte einen