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Siegel der Nacht: Mercy Thompson 6 - Roman (German Edition)

Siegel der Nacht: Mercy Thompson 6 - Roman (German Edition)

Titel: Siegel der Nacht: Mercy Thompson 6 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
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Rhythmus. Mir gefiel das nicht.
    »Geht es dir gut?«, fragte ich leise.
    Er sagte nichts, was ich als ausreichende Antwort betrachtete.
    Seine Atmung ging so schwer, dass ich anfing, mir echte Sorgen um ihn zu machen.
    »Es ist die Erdmagie«, sagte Kojote und setzte sich auf der von Adam abgewandten Seite neben mich.
    Adam knurrte, ein heiseres, schmerzerfülltes Geräusch, das trotzdem eine Drohung war.
    »Ich will dir und den deinen nichts Böses«, erklärte ihm Kojote. »Ich wache über euch. Sie sollten dich eigentlich
anweisen, dich zu verwandeln, bevor du hierherkommst. Ich nehme an, meine Anweisungen sind bei der Weitergabe von Jim an Calvin verwässert worden. Mutter Erde verwandelt sich nicht leicht – das sind Eigenschaften von Wasser oder Feuer. Die Erdmagie beeinflusst seine Verwandlung, aber sie sollte sie nicht unmöglich machen.«
    Unmöglich klang nicht gut – aber ich hielt den Mund, weil ich wusste, dass Wille und Absicht bei jeder Art von Magie eine große Rolle spielten. Es war einfach nicht sinnvoll, Adam Zweifel einzupflanzen, bevor seine Verwandlung wirklich unmöglich war.
    »Was machen wir heute Nacht?«, fragte ich Kojote, um über etwas anderes nachdenken zu können.
    »Wahrscheinlich unsere Zeit verschwenden.« Er sah mich nicht an, sondern starrte hinaus über die Welt zu unseren Füßen. Mir fiel auf, dass er selten direkt mit mir sprach. Die Hälfte der Zeit fühlte es sich an als spräche er mit der Luft.
    »Und wenn wir unsere Zeit nicht verschwenden?« Ich wartete eine Minute und bemühte mich, nicht zu sehr auf Adams Anstrengungen zu lauschen, weil ich wusste, dass er das nicht wollen würde. Ich konnte die klaustrophobische Panik spüren, die er unterdrückte. Er konnte es sich nicht leisten, dass auch ich in Panik verfiel. »Komm schon, Kojote. Es ist kein Geheimnis, weil sogar Calvin es weiß.«
    Er lachte und schlug sich auf den Oberschenkel. »Punkt für dich. Okay. In Ordnung. Ich hoffe, ein wenig Hilfe zu rufen. Wir sind nicht mehr, was wir einst waren, und einige von uns waren nie begeistert davon, sich in die Belange der Menschen einzumischen. Aber Rabe ist neugierig und Otter sollte das Gefühl haben, dass etwas auf dem Spiel
steht.« Er hielt inne, warf mir einen kurzen Blick zu und fuhr fort: »Schönes Veilchen, Mercy. Wenn ich so darüber nachdenke, könnte es sein, dass Otter auf der falschen Seite steht. Das wäre Pech.«
    »Du rufst andere wie dich?«, fragte ich.
    »Es gibt keine anderen wie mich«, gab er zurück. »Keiner ist so gut aussehend und stark. Keiner so clever und erfahren. Über keinen anderen werden so viele Geschichten erzählt. Wer war es, der das Feuer nach unten brachte, so dass die Menschen sich ihr Essen und im Winter ihre Hütten wärmen konnten? Aber ich hoffe darauf, die anderen zu rufen, ja.«
    »Die anderen was, genau?«, fragte ich. »Welche Art von Wesen bist du wirklich?« Das Feenvolk, zumindest einige von ihnen, hatten sich als Gottheiten über die frühen Bewohner von Europa aufgeschwungen. Die Kojote-Geschichten hatten für mich niemals so geklungen. Kojote war eine Macht, aber er war niemand, der angebetet werden wollte.
    »Hast du Platon gelesen?«, fragte er.
    »Hast du?«, schoss ich zurück, weil mir die Vorstellung von Kojote, der die Politeia oder die Apologie des Sokrates las, einfach lächerlich und daher vollkommen unglaubwürdig vorkam.
    »Du bist vertraut mit seiner Formenlehre«, fuhr Kojote fort, ohne auf meine Frage einzugehen.
    »Dass unsere Welt nicht real ist, sondern nur ein Abbild der Realität. Und in der realen Welt existieren die Archetypen von Dingen, die in unserer Welt existieren. Deswegen können wir einen Stuhl ansehen, den wir noch nie zuvor gesehen haben, und sagen: ›Hey, schau mal.
Ein Stuhl.‹ Weil es in der realen Welt einen Gegenstand gibt, der den Inbegriff des Stuhlseins darstellt.« Ungefähr zweimal im Jahr griff ich auf meinen Abschluss in Geschichte zurück, ob ich ihn nun brauchte oder nicht.
    »Ziemlich nah dran«, stimmte er zu. »Ich bin die Realität aller Kojoten. Der Archetyp. Der Inbegriff.« Er lächelte in die Dunkelheit. »Du bist nur ein Spiegelbild von mir.«
    »Sie hätten dich Narziss nennen sollen«, erklärte ich ihm, während ich gleichzeitig versuchte, nicht wegen der Geräusche zusammenzuzucken, die Adam von sich gab. »Zu dumm, dass du nicht der Feind bist, den wir besiegen müssen. Wir könnten einfach einen Spiegel aufstellen, damit du dich bewundern

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