Siegel der Nacht: Mercy Thompson 6 - Roman (German Edition)
etwas dagegen unternehmen können. Ich hätte sicherlich etwas tun können.
»Genau. Hast du die Zeitung von heute gesehen?«
Adam drückte leicht meine Schulter. »Wie lange werden sie schon vermisst?«
»Zwei Tage.«
Vor meinem Traum. Ich hatte etwas gesehen, was in der Vergangenheit geschehen war. Ich hatte nichts tun können. Das hätte dafür sorgen müssen, dass ich mich besser fühlte, aber so war es nicht.
»Ich glaube«, sagte Adam sanft, »man kann sicher sagen,
dass es dort draußen etwas gibt, das wir jagen und töten müssen.«
Calvin nickte. »Angeblich arbeitet ein FBI-Team an der Sache und geht davon aus, dass wir einen Serienkiller da draußen haben. Bis jetzt halten sie noch still; sie wollen weder den Killer ermuntern noch Panik verbreiten. Mein Kumpel war ziemlich interessiert daran, warum ich nachfrage. Ich habe ihm gesagt, es wäre wegen Benny und Faith.« Er sah mich an. »So habe ich ihn nicht angelogen.«
»Komm, wir gehen uns verwandeln«, sagte ich. Ich wollte nicht mehr an Janice und ihre Familie denken. Sie waren tot und es gab nichts, was ich für sie tun konnte.
Wären wir zu Hause gewesen, nur umgeben vom Wolfsrudel, hätten wir uns einfach ausgezogen und verwandelt, aber ich fühlte mich nicht mehr wohl dabei, mich vor Fremden auszuziehen. Selbst wenn ich dazu bereit gewesen wäre, hätte Adam sich nicht in der Öffentlichkeit verwandelt.
Bran hatte die Wölfe aufgefordert, sich nicht zu verwandeln, wenn andere zusahen. Die Werwölfe waren wunderschön – aber die Verwandlung selbst war entsetzlich. Es machte keinen Sinn, den Leuten Angst vor dem zu machen, was sie waren, hatte Bran gesagt, nicht wenn die Wölfe immer noch versuchten, sich vor den Nachrichtenkameras zahm zu geben.
Also verließen wir Stonehenge und gingen den Hügel dahinter hinunter, so dass wir recht gut vor Calvin, Hank und Fred verborgen waren – solange die Bussarde auf der anderen Seite von Stonehenge blieben.
Trotzdem lag die Stelle recht offen. Es gab keine Bäume in der Nähe und wir konnten bis zum Fluss hinunter sehen und auch auf den Highway auf der anderen Seite – kilometerweit. Die Dunkelheit sorgte dafür, dass niemand dort unten uns wirklich sehen konnte, aber es fühlte sich so an als müssten sie es können.
Neben Adam, der dasselbe tat, zog ich meine Kleidung aus und faltete sie fest, um Insekten, die sich vielleicht von der Restwärme angezogen fühlen könnten, den Weg zu versperren. Meine Socken stopfte ich in meine Schuhe.
»Ich werde Mensch bleiben, bis du verwandelt bist«, erklärte ich ihm. So konnte ich ihm Rückendeckung geben, sollte es nötig sein.
Sich in einen Kojoten zu verwandeln kostete Kraft. Ich konnte es mehrmals täglich tun, aber irgendwann erschöpfte es mich. Ich konnte außerdem lange Zeit menschlich bleiben – monatelang, falls es nötig war. Wölfe sind anders.
Werwölfe unterliegen dem Ruf des Mondes. Sie müssen sich während des Vollmondes verwandeln und in dieser Zeit fällt es ihnen auch schwerer, ihren Wolf zu kontrollieren. Allerdings verwandeln sich viele Werwölfe nur während des Vollmondes – zwei oder drei Nächte pro Monat. Die Verwandlung ist schmerzhaft und kostet eine Menge Energie. Sich öfter als ein paarmal pro Woche zu verwandeln, überstieg die Fähigkeiten der meisten Wölfe. Adam hatte sich in letzter Zeit um einiges öfter verwandelt.
Seine Verwandlung war langsamer als gewöhnlich – und es sah aus als wäre sie auch um einiges schmerzhafter. Ich saß neben ihm auf meinem Kleidungsbündel. Vielleicht hätte ich angezogen bleiben sollen, aber nachdem ich zumindest
heute Nacht mal nicht nass war, war mir auch nicht kalt. Ich blieb in seiner Nähe, kam ihm aber nicht so nahe, dass ich ihn aus Versehen hätte berühren und ihm damit Schmerzen verursachen können.
Das Pulsieren der Magie unter Stonehenge wurde regelmäßiger, fast wie ein Herzschlag. Ich hatte das Gefühl, die Magie würde auch stärker, aber das konnte auch daran liegen, dass ich auf dem Boden saß. Mein eigenes Herz schlug ein wenig schneller, um sich an den Takt der Magie anzupassen. Es war kein unangenehmes Gefühl, nur ein wenig beunruhigend.
»Mercy?«, rief Calvin.
»Noch nicht«, rief ich zurück.
»Wie lange noch?«
»So lange es eben dauert«, knurrte Adam mit tiefer, rauer Stimme, da er gerade zwischen Mann und Wolf festhing.
Der Fluss der Magie stoppte für einen Moment, so als hätte sie ihn gehört, dann verfiel sie wieder in ihren
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