Sieh dich nicht um
geschwärmt. Doch in ihrem zweiten Tagebucheintrag über ihn hatte sie angedeutet, daß entweder er oder sie bereits mit jemand anderem liiert war.
Lacey trank einen Schluck Mineralwasser und schlenderte zum Fenster. Die Party fand in einer Villa in Wayzata statt, einem Nobelvorort, zwanzig Autominuten von der Innenstadt.
Das hell erleuchtete Gebäude lag am Ufer des Minnetonka-Sees, und Lacey bemerkte, daß die Wasseroberfläche jenseits des
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schneebedeckten Rasens zugefroren war.
Ihr fiel auf, daß sie das Anwesen mit den Augen einer Immobilienmaklerin betrachtete: die traumhafte Lage, die kunstvolle Gestaltung des achtzig Jahre alten Hauses. Eine derartige architektonische und handwerkliche Liebe zum Detail findet man heutzutage bei Neubauten nicht mehr, dachte sie.
Ganz gleich, wieviel man es sich kosten läßt. Sie drehte sich um und betrachtete das Wohnzimmer, das trotz der fast hundert Gäste nicht im mindesten überfüllt wirkte.
Einen Moment lang hatte sie Heimweh nach ihrem Büro in New York. Wie gerne hätte sie neue Angebote eingeholt, für jeden Interessenten die richtige Immobilie gefunden und das Gefühl der Aufregung gespürt, wenn es schließlich zu einem Abschluß kam. Ich will nach Hause, dachte sie.
Wendell Woods, der Gastgeber, kam auf sie zu. »Sie sind Miss Carroll, richtig?«
Er war ein beeindruckender Mann von etwa sechzig Jahren mit stahlgrauem Haar.
Bestimmt fragt er mich gleich, woher ich komme, überlegte Lacey.
Das tat er auch, und Lacey hoffte, daß sie glaubhaft klang, als sie die einstudierte Geschichte ihres Umzugs aus Hartford zum besten gab. »Inzwischen habe ich mich eingelebt und kann mit der Arbeitssuche anfangen«, schloß sie.
»Was für eine Stelle würde Sie denn interessieren?«
»Nun ja, ich möchte eigentlich nicht mehr in einer Arztpraxis arbeiten«, antwortete sie. »Ich spiele schon länger mit dem Gedanken, es mal in der Immobilienbranche zu versuchen.«
»Da wird man aber meistens auf Provisionsbasis bezahlt.
Außerdem muß man sich in der Gegend auskennen«, sagte er.
»Das ist mir klar, Mr. Woods«, entgegnete Lacey. Dann lächelte sie. »Ich bin ziemlich schnell von Begriff.«
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Jetzt wird er mich an einen Bekannten weiterverweisen, dachte sie. Da bin ich mir ganz sicher.
Und wirklich zog Woods einen Stift und seine Visitenkarte aus der Tasche. »Geben Sie mir Ihre Telephonnummer«, sagte er. »Ich empfehle Sie einer Kundin von mir. Millicent Royce besitzt ein kleines Maklerbüro in Edina. Ihre Assistentin ist vor kurzem in Mutterschaftsurlaub gegangen. Vielleicht braucht sie ja einen Ersatz.«
Erfreut diktierte Lacey ihre Nummer. Jetzt habe ich eine Empfehlung von einem Bankdirektor, und angeblich bin ich ja neu in der Branche. Wenn Millicent Royce an mir interessiert ist, kümmert sie sich vielleicht nicht um Zeugnisse.
Als Woods sich einem anderen Gast zuwandte, sah Lacey sich im Raum um. Sie bemerkte, daß Kate Knowles im Augenblick allein dastand, und ging rasch auf sie zu. »Sie waren wunderbar«, sagte sie. »Ich habe schon drei ve rschiedene Inszenierungen von The King and I gesehen. Sie spielen die Tuptim einfach großartig.«
»Ach, ihr habt euch schon miteinander bekannt gemacht.«
Tom Lynch war zu ihnen getreten. »Tut mir leid, Alice«, entschuldigte er sich. »Ich konnte mich nicht loseisen. Ich wollte Sie nicht so lange allein lassen.«
»Kein Problem. Ich bin gut zurechtgekommen«, erwiderte sie.
Du hast ja keine Ahnung, wie gut, dachte sie dabei.
»Tom, ich möchte mich mal in Ruhe mit dir unterhalten«, schlug seine Cousine vor. »Ich habe genug von dieser Party.
Gehen wir doch irgendwo einen Kaffee trinken.« Kate Knowles lächelte Lacey zu. »Deine Freundin hat mir eben erzählt, wie gut ich war. Ich will mehr davon hören.«
Lacey sah auf die Uhr. Halb zwei. Da sie nicht die ganze Nacht aufb leiben wollte, lud sie die beiden auf einen Kaffee zu sich ein. Auf der Rückfahrt nach Minneapolis bestand sie darauf, daß Kate vorne neben Tom saß. Sie war sicher, daß sie
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nicht lange in ihrer Wohnung bleiben würden, und so konnten sie auf der Fahrt wenigstens den neuesten Familienklatsch austauschen.
Wie kann ich auf Heather Landi zu sprechen kommen, ohne mit der Tür ins Haus zu fallen? überlegte sie. Sie durfte nicht vergessen, daß Kate nur eine Woche lang in der Stadt sein würde.
»Diese Kekse habe ich heute morgen gebacken«, verkündete Lacey, als sie den Teller auf den Couchtisch stellte.
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