Sieh dich nicht um
betreten hätte? Oder daß vor unserer Haustür auf sie geschossen wurde? Weiß er, daß sich unser Kind von einer Schußverletzung erholt und wegen Depressionen in Therapie ist?«
Jay Taylor legte seiner Frau den Arm um die Schulter. »Kit, bitte! Es kommt alles in Ordnung, das verspreche ich. Aber wir müssen los. Denk dran, daß wir deine Mutter abholen müssen.«
Mona Farrell trat mit dem Telephon in der Hand ans Fenster und sah den Wagen vorfahren. »Sie sind da, Lacey«, sagte sie. »Ich muß jetzt gehen.«
Sie hatten sich fast vierzig Minuten unterhalten. Lacey konnte
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sich vorstellen, daß Deputy Marshal Svenson allmählich ungeduldig wurde, aber heute abend fiel es ihr besonders schwer, das Gespräch zu beenden. Sie hatte einen langen Tag hinter sich, und vor ihr erstreckte sich endlos das Wochenende.
Letzten Freitag um diese Zeit hatte sie sich auf ihre Verabredung mit Tom Lynch gefreut. Jetzt gab es nichts, worauf sie sich freuen konnte.
Als sie nach Bonnie fragte, ahnte sie dank der übertrieben fröhlichen Versicherungen ihrer Mutter, daß Bonnie immer noch nicht wieder auf dem Damm war.
Noch beunruhigender fand sie die Nachricht, daß ihre Mutter, Kit und Jay sich heute abend mit Jimmy Landi in Alex Carbines Restaurant zum Essen trafen. Als sie sich verabschiedete, warnte Lacey: »Sei um Himmels willen vorsichtig, Mom, und verrate niemandem, wo ich bin. Du mußt es mir fest versprechen -«
»Lacey, glaubst du denn, ich weiß nicht, welcher Gefahr ich dich dadurch aussetzen würde? Keine Sorge. Von mir erfährt niemand ein Sterbenswörtchen.«
»Tut mir leid, Mom, es ist nur -«
»Ist schon gut, Liebes. Jetzt muß ich wirklich Schluß machen.
Ich kann sie nicht warten lassen. Was hast du heute abend vor?«
»Ich bin einem neuen Fitneßclub beigetreten. Da gibt es einen tollen Squash-Court. Das macht bestimmt Spaß.«
»Ich weiß ja, wie gern du Squash spielst.« Mona Farrell, die sich ehrlich für ihre Tochter freute, murmelte noch: »Alles Liebe, du fehlst mir, mein Schatz. Tschüs!«
Als sie zum Wagen hinuntereilte, dachte sie, daß sie Kit und Jay und Alex jetzt wenigstens erzählen konnte, wie Lacey ihre Freizeit gestaltete.
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40
Am Freitag abend war Tom Lynch nach dem Theater mit seiner Cousine Kate auf einen Drink verabredet. Das Gastspiel ihres Musicals in Minneapolis ging zu Ende, und er wollte ihr auf Wiedersehen sagen. Außerdem hoffte er, daß sie ihn ein wenig aufmuntern würde.
Seit Alice Carroll ihm gesagt hatte, daß es einen anderen Mann in ihrem Leben gab, fühlte er sich niedergeschlagen und als Folge davon schien in letzter Zeit alles schiefzugehen. Der Regisseur seiner Radiosendung mußte ihn öfter darauf aufmerksam machen, daß er mit seiner Ansage dran war, und er merkte selbst, daß er bei verschiedenen Interviews ziemlich plattes Zeug redete.
Das Musical Show Boat hatte am Samstag abend im Orpheum Premiere, und es juckte Tom in den Fingern, Alice anzurufen und sie zu der Aufführung einzuladen. Er ertappte sich sogar dabei, daß er sich die richtigen Worte zurechtlegte: »Diesmal bekommst du das letzte Stück von der Pizza.«
Am Freitag abend beschloß er, ins Fitneßstudio zu gehen und eine Weile zu trainieren. Kate würde er erst gegen elf treffen, und er wußte sonst nichts mit seiner Zeit anzufangen.
Er gestand sich ein, daß er heimlich hoffte, Alice würde im Center auftauchen. Sie kämen miteinander ins Gespräch, und sie würde zugeben, daß ihr dieser andere Mann eigentlich nichts bedeutete.
Als Tom aus der Herrenumkleide kam, blickte er sich um, aber Alice war nirgends zu entdecken, und er wußte ja, daß sie die ganze Woche nicht dagewesen war.
Durch die Glastür des Büros sah er Ruth Wilcox, die sich mit
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einem grauhaarigen Mann unterhielt. Ruth schüttelte mehrmals den Kopf, und To m glaubte, einen leichten Ausdruck des Mißfallens auf ihrem Gesicht zu erkennen.
Was er wohl will, einen Preisnachlaß? fragte sich Tom. Er sollte jetzt besser mit dem Joggen anfangen, aber erst mußte er Ruth fragen, ob sie irgendwas von Alice gehört hatte.
»Ich habe Neuigkeiten für Sie, Tom!« verriet Ruth.
»Schließen Sie die Tür. Ich möchte nicht, daß jemand mithört.«
Irgendwie wußte Tom, daß die Neuigkeiten mit Alice und dem grauhaarigen Mann zu tun hatten, der gerade hinausgegangen war.
»Der Kerl sucht Alice«, erklärte Ruth aufgeregt. »Er ist ihr Vater.«
»Ihr Vater! Das ist verrückt. Alice hat mir erzählt, daß
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