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Sieh dich nicht um

Sieh dich nicht um

Titel: Sieh dich nicht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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mehr über ihn als er selber, dachte Sloane, als er die dicke Akte noch einmal durchging.

    Richard J. Parker, junior. Einzelkind. Einunddreißig Jahre alt.
    Wegen Drogenbesitz aus zwei renommierten Privatschulen geflogen. Verdacht auf Drogenhandel, aber keine Beweise –
    Zeuge vermutlich bestochen, um Aussage zu widerrufen. Nach sechs Jahren im Alter von dreiundzwanzig endlich Collegeabschluß. Vater bezahlte Schäden am Studentenwohnheim nach wilder Party.
    Während der Schulzeit immer reichlich Taschengeld, Mercedes-Kabrio zum 17. Geburtstag; Wohnung am Central Park West als Geschenk beim Collegeabschluß.
    Erste und einzige Tätigkeit bei Parker und Parker. Fünf Jahre
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    in der Filiale an der 67. Straße West, drei Jahre bis heute im Hauptbüro an der 62 . Straße Ost.
    Sloane stellte rasch fest, daß die Mitarbeiter von Parker und Parker in der West Side nicht viel für Rick übrig hatten. Ein ehemaliger Angestellter der Immobilienfirma berichtete ihm:
    »Rick machte die Nächte durch, erschien verkatert oder mit Kokain vollgedröhnt im Büro und ließ dann den Chef raushängen.«
    Vor fünf Jahren hatte Ricks Vater bereits eine Abfindung an eine junge Sekretärin gezahlt, damit sie ihre Klage gegen Rick wegen versuchter Vergewaltigung zurückzog. Nachdem der Skandal abgewendet war, drehte Parker senior seinem Sohn den Geldhahn zu.
    Die Zinsen von Ricks Treuhandvermögen wurden gesperrt, und von da an erhielt er ebenso wie alle anderen Mitarbeiter ein Grundgehalt plus Verkaufsprovisionen.
    Papa hat anscheinend gelernt, daß man seine Kinder nicht zu sehr verwöhnen soll, dachte Sloane spöttisch. Allerdings stimmte mit diesem Szenario etwas nicht: Von seinem Gehalt hätte sich der Filius seine täglichen Kokainrationen nie leisten können. Wieder blätterte Sloane in der Akte. Woher hatte Rick also das Geld für Drogen, und wenn er noch lebte, wer finanzierte sein Leben im Untergrund?
    Sloane zog eine Zigarette aus dem stets gegenwärtigen Päckchen in seiner Brusttasche.
    Der Lebenslauf von Richard J. Parker junior wies ein wiederkehrendes Muster auf: Sosehr der Vater auch schimpfen und toben mochte, wenn sein Sohn wirklich in Schwierigkeiten steckte, griff er ihm jedes Mal unter die Arme.
    So wie jetzt.
    Mißmutig stand Ed Sloane auf. Eigentlich hatte er ja das Wochenende frei, und seine Frau wollte ihn einspannen, die Garage aufzuräumen. Aber daraus wurde nichts. Die Garage
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    mußte warten. Er würde nach Greenwich, Connecticut, hinauffahren und ein paar Takte mit R. J. Parker senior reden.
    Ja, es war wirklich an der Zeit, das imposante Anwesen zu besuchen, in dem Rick Parker aufgewachsen war, mit allem versehen, was für Geld zu haben war.

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    42

    Freitagabends war der Verkehr von New Jersey nach New York City ebenso stark wie der Pendlerstrom in die Gegenrichtung.
    Restaurants und Theater lockten viele Menschen in die Stadt, und Kit entging nicht, wie nervös ihr Mann wurde, als sie im Schrittempo die George Washington Bridge überquerten. Sie war froh, daß er ihre Mutter mit Vorhaltungen verschonte, daß man hätte früher aufbrechen müssen.
    Lacey hatte einmal gefragt: »Wie hältst du es nur aus, wenn er dich wegen Sachen anfährt, für die du nichts kannst?«
    Ich sagte zu Lacey, daß ich mich davon nicht aus der Ruhe bringen lasse, erinnerte sich Kit. Ich verstehe es. Jay macht sich immerzu Sorgen, darin ist er Weltmeister, und so äußert sich das eben bei ihm. Wieder warf sie ihm einen Blick zu. Jetzt im Augenblick ist er besorgt, weil wir zu spät zu einem Essen mit einem wichtigen Kunden kommen. Ich weiß, daß er sich schreckliche Sorgen um Bonnie macht, und inzwischen zerbricht er sich auch den Kopf darüber, daß er ihr etwas versprochen hat, was er nicht halten kann.
    Jay seufzte schwer, als sie schließlich die Brücke hinter sich hatten und die Abzweigung zum West Side Highway nahmen.
    Erleichtert stellte Kit fest, daß der Verkehr vor ihnen zügig in Richtung Innenstadt rollte.
    Tröstend legte sie die Hand auf den Arm ihres Mannes, dann drehte sie sich zum Rücksitz um. Wie immer nach den Gesprächen mit Lacey war ihre Mutter den Tränen nahe. Beim Einsteigen ins Auto hatte sie gesagt: »Reden wir nicht drüber.«
    »Wie geht's, Mom?« fragte Kit.
    Mona Farrell versuchte zu lächeln. »Gut, Liebes.«
    »Hast du Lacey erklärt, warum ich heute abend nicht mit ihr
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    sprechen konnte?«
    »Ich habe ihr erklärt, daß wir nach New York fahren und du Bonnie beim

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