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Sieh dich um: Thriller (German Edition)

Sieh dich um: Thriller (German Edition)

Titel: Sieh dich um: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Osborne
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das beste Land der Welt, daran bestand kein Zweifel. Zumindest für Männer wie ihn und O’Hara mit ihren ausgefallenen Vorlieben.
    Fünf Minuten später griff Michalovic erneut zum Hörer. Der Anruf ging an eine gewisse Betty Arsenault, eine alleinstehende Mutter dreier Kinder, die sich erst kürzlich auf der beliebten Webseite Craigslist als arbeitssuchend eingetragen hatte.
    Zeit, den ersten Bauern zu ziehen.
    Sie hob nach fünfmaligem Läuten ab, eine Sekunde, bevor Michalovic die Lust am Warten verlor und die Verbindung unterbrochen hätte. Zu sagen, der Russe sei es nicht gewohnt, auf die zeitlichen Abläufe anderer Menschen Rücksicht zu nehmen, wäre die Untertreibung des Jahrhunderts gewesen. Im Hintergrund war ein kreischendes Kind zu hören, das auf den Arm genommen werden wollte und dabei eine Tonhöhe erreichte, die Michalovic bei einem menschlichen Wesen bis zu diesem Augenblick für unmöglich gehalten hatte.
    »Sei still , Mark!«, schimpfte eine Frauenstimme energisch und erreichte nur, dass der ohnehin ohrenbetäubende Lärm aus dem Telefonhörer noch lauter wurde. »Mami muss telefonieren!« Die Hand über der Sprechmuschel reichte bei Weitem nicht, um den Lärm zu dämpfen.
    An Michalovic gewandt sagte die Frau: »Hallo?«
    Leichte Erregung summte in Michalovics Gehirn wie eine Dosis reinen Heroins. Die Stimme der Frau klang weich und verführerisch. Die perfekte Stimme für den ersten perfekten Zug in dieser entschieden perfekten Finalpartie. Allerdings stellte der erste Zug beim Schach auch den gefährlichsten dar, nicht wahr? Und ob. Der erste Zug gab den Ton für das gesamte restliche Spiel vor und begrenzte die verbleibenden Optionen. Auch wenn das Thema Gegenstand heißer Debatten unter Gelehrten und Weltklassespielern blieb, so herrschte doch verbreitet die Meinung vor, dass Weiß einen leichten Vorteil besaß – ersichtlich daraus, dass bei zwei etwa gleich starken Spielern derjenige mit den weißen Figuren zweiundfünfzig bis sechsundfünfzig Prozent der Partien gewann. Und während andere, die in ihren gehobenen Kreisen verkehrten, es vielleicht nicht erkannten, Michalovic hatte O’Haras skrupellose Kompetenz mit eigenen Augen gesehen.
    Einen schwachen Willen konnte man dem Mann beileibe nicht nachsagen. Einen schwachen Magen ebenfalls nicht – bei Weitem nicht. Man brauchte schon Mumm, um einer dreiundzwanzigjährigen Prostituierten, die man erst Stunden zuvor gekidnappt hatte, auf dem blütenweißen Teppich des eigenen Wohnzimmers mit einer rasiermesserscharfen Klinge die Kehle durchzuschneiden, wie es O’Hara im Verlauf ihrer letzten Partie getan hatte. Der Ire hatte nicht einmal geblinzelt, als blutige Fontänen aus der durchtrennten Halsschlagader der Frau gespritzt und seinen makellosen weißen Teppich sowie die Tasten seines weißen Steinway-Pianos mit einem Nebel feiner roter Tröpfchen überzogen hatten. Stattdessen hatte er Michalovic die ganze Zeit über unverwandt in die entsetzten Augen gestarrt, und O’Haras eigene klare blaue Augen hatten dabei spitzbübisch gefunkelt.
    Das kaltblütige Manöver war der Schachmattzug bei ihrer letzten Partie gewesen, hatte ihren grausigen Wettstreit auf eine neue Ebene gehoben und war auf der Titelseite der New York Times gelandet, während die fassungslosen Gesetzeshüter der Stadt nach wie vor ihr Bestes gaben, um den Mörder zu entlarven. Viel Glück dabei , dachte Michalovic. O’Hara war ein Meister darin, seine Spuren zu verwischen. Das tat er mit akribischer Sorgfalt. Es war nur einer der Faktoren, die den Iren zu so einem großartigen Spieler machten, einem so ebenbürtigen Gegner … und zu einem so passenden Endziel für dieses Finalspiel.
    Jedenfalls war es, gelinde gesagt, ein spektakulärer Abschluss gewesen. Doch nun war für Michalovic endlich die Zeit gekommen, das Spiel auszugleichen, wortwörtlich und im übertragenen Sinn. So skrupellos O’Hara als Gegner auch sein konnte, Michalovic war selbst nicht zimperlich, wenn es darum ging, die schlagenden Züge auszuführen. O’Hara würde noch staunen, wenn er sah, was Michalovic für ihn hinter seinem Rücken vorbereitet hatte.
    Stets der wohlerzogene Gentleman, räusperte sich Michalovic leise, um nicht unhöflich zu erscheinen. »Spreche ich mit Betty Arsenault?«, fragte er. »Betty Arsenault, wohnhaft 551 Second Avenue, Unit 12?«
    Der Tonfall der Frau am anderen Ende wurde sofort misstrauisch, und wer wollte es ihr verdenken? New York mochte eine der

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