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Sieh dich um: Thriller (German Edition)

Sieh dich um: Thriller (German Edition)

Titel: Sieh dich um: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Osborne
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sein eigenes gewesen, der Junge wäre nicht nur im Nebenzimmer, er hätte auch einen wunden Hintern, um ihn daran zu erinnern, wie wichtig es war, nächstes Mal den Mund zu halten, wenn Daddy ans Telefon ging. Wer mit der Rute spart, verzieht das Kind, wie es so schön hieß.
    Andererseits – wer wusste schon noch, wie man dieser Tage Kinder erzog? Anscheinend niemand, zumindest nicht in diesem Land. In Russland sah die Sache völlig anderes aus. In Russland wussten die Eltern, wie sie ihren Kindern Disziplin beibrachten.
    Michalovics linke Hand wanderte unbewusst zu seinem linken Ohr und dem Narbengewebe dort, das er seinem Vater verdankte. Damals war Michalovic gerade acht Jahre alt gewesen. Sein Vater – ein versoffener alter Dreckskerl von einem Mann, dessen Hang zu billigem Wodka nur noch von dem zu billigen Frauen übertroffen wurde – hatte einst das Ohr seines Sohns als Strafe für schlechte Noten in der Schule an einen rot glühenden Ofen gehalten. Selbst damals war Michalovic nicht wirklich wütend auf seinen Vater gewesen. Schon damals hatte er gewusst, dass es nur Erziehung war, ein Akt der Liebe genau genommen. Oder zumindest der Besorgnis .
    An Arsenault gewandt sagte Michalovic: »Die Stelle, die wir im Sinn haben, ist administrativer Natur, Ma’am. Hauptsächlich Büroarbeit, aber auch viel Telefonservice. Und hin und wieder die Auslieferung von Sendungen, wenngleich nicht allzu häufig. Wir versuchen, derartige Dinge auf das absolut unumgängliche Maß zu reduzieren – wir wollen unseren Angestellten nicht das Gefühl vermitteln, sie würden von uns übervorteilt.«
    »Darf ich fragen, wie viel Sie für die Stelle zahlen, Mr. LeBlanc?«
    Michalovic zögerte – er wusste, dass er hierbei sehr vorsichtig sein musste. In der Vergangenheit waren ihm bei den Spielen dumme Fehler unterlaufen, weil er Entlohnungen angeboten hatte, die weit über den normalen Betrag für die jeweilige Tätigkeit hinausgegangen waren. Er war fest entschlossen, diesen Fehler nie wieder zu begehen. Man lernte eben nie aus.
    »Vierundzwanzigtausend Dollar im Jahr, Ma’am«, erwiderte er.
    Die Aufregung in Arsenaults Stimme verebbte hörbar. Nach einigen Momenten bedeutungsvollen Schweigens stieß sie langsam den Atem aus. »Es tut mir leid, Mr. LeBlanc«, sagte sie. »Ich möchte nicht undankbar erscheinen, aber ich habe drei Kinder und bin alleinerziehend, und was Sie mir bieten, ist kaum mehr als das Arbeitslosengeld, das ich derzeit jeden Monat bekomme. Sind Sie sicher, dass Sie nicht ein wenig höher gehen können?«
    Michalovic grinste. Mit Anfängern wie Arsenault zu verhandeln, stellte für ihn stets einen Quell nicht enden wollenden Vergnügens dar. Wäre er in der Position der Frau gewesen, er hätte ohne mit der Wimper zu zucken gelogen und seinem Gesprächspartner mitgeteilt, dass er bereits drei besser bezahlte Angebote auf dem Tisch liegen hatte. Das Einmaleins des Verhandelns. Natürlich erwartete er nicht, dass Arsenault das wusste. Andererseits war es bei der derzeitigen Wirtschaftslage nicht immer das Klügste, zu verhandeln. Man nahm, was man kriegen konnte, wann man es kriegen konnte, oder die Familie hungerte. So einfach war das.
    »Es tut mir ausgesprochen leid, Miss Arsenault«, sagte Michalovic, »aber ich fürchte, ich bin nicht befugt, auch nur einen Cent mehr zu bieten. Allerdings ist mit der Stelle eine fantastische Vergünstigung verbunden, sollten Sie sich entscheiden, unser Angebot anzunehmen.«
    Arsenaults Interesse war wieder erwacht. »Und was für eine Vergünstigung wäre das, Mr. LeBlanc?«
    Michalovic atmete tief durch die Nase ein und blies die Luft über die perfekten weißen Zähne wieder aus. Dies war der zweite heikle Teil der Gleichung. Gutes Angebot hin, gutes Angebot her, die meisten Menschen zögerten, ihre Zelte abzubrechen, wenn sie erst einmal Wurzeln geschlagen hatten, so gewöhnlich diese Wurzeln auch sein mochten. »Kostenlose Unterkunft im Rahmen unserer Umzugsinitiative«, erwiderte er und gab sich Mühe, sich seine lauernde Erwartungshaltung nicht anmerken zu lassen. Er war ziemlich sicher, dass er Arsenault mit dem Jobangebot geködert hatte, doch jetzt musste er den Fisch einholen, und das verlief nicht immer ganz einfach. Manche Fische erwiesen sich als überraschend schlüpfrig, wenn man dachte, man hätte sie sicher am Haken. »Die Settle Systems Group experimentiert mit einem Pilotprogramm. Dabei übernehmen wir die Unterkunftskosten unserer Angestellten

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