Siesta italiana: Meine neue italienische Familie
Sinne des Wortes, da sie damals mit Daniela in Irland gewesen und eine besonders gute Freundin von ihr war. Aber an jenem Abend wimmelte es auf der ganzen Piazza von besonderen Menschen, die ich von meiner erhöhten Position aus leicht unterscheiden konnte. Gesichter meines Abenteuers, die mir mit Großzügigkeit, Freundschaft und Zuneigung begegnet waren und mir vor allem das wahre Italien gezeigt hatten. Das waren Riccardo, der Polizeichef, der einen Schlüssel zur Hintertür einer jeden Behörde in Lecce besaß, die stolze Laura, die mir vergeben hatte, dass ich ihre hochgelobten gnocchi an einen Straßenköter verfüttert hatte, Dr. Nino, dessen selbst gemachter limoncello ihn mehr zum Anästhesisten als zum Hausarzt machte, der schweigsame Franco, die Sturköpfe Valeria und Francesco, die nun besänftigt und von Feinden zu Freunden geworden waren, Antonio, Adele und die kleine Asia, über deren Namen immer noch ein Damoklesschwert schwebte, die inzwischen Verlobten Michele und Carla, deren Eltern ihnen ihre Lüge hinsichtlich der New-York-Reise längst vergeben hatten, und eine Brigade sizilianischer Verwandter vom Hügel bei Alcamo. Nur Freccia fehlte, unsere freche vierbeinige Freundin, die wenige Monate vor der Hochzeit gestorben war und ihrem Part leider nicht mehr nachkommen konnte. Zu Valerias Entsetzen hatte ich geplant, dass der Hund die Ringe auf die Burg bringen solle, und zwar in einem an seinem Halsband befestigten Behälter. Mein Vater war ganz begeistert von der Idee gewesen, woraufhin ich sofort wusste, dass er der Richtige war, um für meinen schmerzlich vermissten Kumpel einzuspringen.
Obwohl man mir sagte, dass ich aussehe wie ein Faschist, gehören diese Momente auf dem Burgbalkon zu den schönsten Erinnerungen an meinen Hochzeitstag, ja an meine Zeit in Andrano. Uns lächelten und winkten Familienmitglieder und Freunde aus dem Salento, aus Mailand, Sizilien, Australien und Japan zu, die sich alle auf Andranos Piazza versammelt hatten, kosmopolitische Füße auf dem Kopfsteinpflaster eines Provinznests. Durch und um die Menge herum fuhren schwarze Witwen auf rostigen Fahrrädern, die vom Friedhof zurückkehrten, sonnenverbrannte Bauern auf holprigen Traktoren, die von ihren Feldern zurückkamen, und aufgestylte Jungs auf Vespas ohne Ziel, Hauptsache, sie machten genug Lärm. Von hier aus sah das wunderbar aus, eine typisch italienische Alltagsszene, ein lärmendes Kommen und Gehen von Menschen und Maschinen. Mein Leben hatte sich dramatisch verändert, aber das von Andrano war gleich geblieben. Der vigile blies in seine Trillerpfeife. Und die Glocke schlug Viertel vor acht.
Als wir Andrano mit lautem Hupen und Blinken verließen, um zur Feier zu fahren, hielt ich noch kurz, um Signor Api zu begrüßen, während unsere Wagenkolonne an der »California«-Tankstelle vorbeifuhr. Mein erster Freund aus dem Dorf verließ seinen Tankwagen und lief mit schnellen Schritten auf mein Autofenster zu. » Auguri! «, rief er und beugte sich vor, um mich auf die Wangen zu küssen. »Und wo bleibt das bambino ?«
Nach aperitivi und antipasti in einem bezaubernd beleuchteten Garten servierte man uns in der Villa ein schnelles, aber üppiges Vier-Gänge-Menü in einem außergewöhnlichen Speisesaal. Das Gebäude aus dem 16. Jahrhundert mit seinen durch drei Bogengänge verbundenen Räumen war ursprünglich Graf Lucagiovannis Stall gewesen. In der großen Halle parkte er seine von Pferden gezogene Kutsche, von der ein Foto an der Wand hinter dem Flügel hängt. Und in den anderen beiden Räumen band er seine Reittiere fest. Zu den Klängen leiser – und legaler – Klaviermusik aßen wir in der veredelten Garage, wo uns elegant gekleidete Stallknechte jeden Wunsch von den Augen ablasen.
Ich war schon auf einem Dutzend italienischer Hochzeiten und kenne keine, auf der jemand anders als der Priester eine Rede gehalten hat. Als Daniela das Mikrophon anstellte, kam sogar das Personal angelaufen, um diesem neuartigen Brauch beizuwohnen. Daniela bedankte sich bei den richtigen Personen für ihr Erscheinen, ich erzählte einige peinlichere Momente meines Lebens in Italien, einschließlich meiner Bitte um einen Pädophilen und um einen Kilometer Wurst. Und als mein Vater seinem Sohn und seiner Schwiegertochter stammelnd in so einem mühsamen Italienisch Tribut zollte, erntete er unabsichtlich mehr Gelächter als ich, der es beabsichtigt hatte.
Anschließend wurden im Garten Cocktails und die Hochzeitstorte
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