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Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Titel: Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Haare, von denen eine Strähne malerisch über das linke Auge fiel. Die Augenbrauen waren zwei elegant geformte Sicheln, todsicher gezupft und gepflegt. Seine Fingernägel waren extrem lang und selbstverständlich schwarz lackiert. Seine Kleidung war erlesen einfach und ebenfalls schwarz, nichts als eine schwarze Tuchhose und ein schwarzes T-Shirt. Er war sehr groß und gertenschlank. Auf den ersten Eindruck wirkte er jedenfalls edel, höflich, zuvorkommend, selbstbewusst und vor allem vollkommen gelassen.
    »Rodenstock und Baumeister. Wir haben eben telefoniert. Danke, dass Sie sich die Zeit nehmen.«
    »Gerne«, erwiderte er einfach. »Gehen Sie einfach gerade durch. Was möchten Sie trinken? Ich habe einen guten Côtes du Rhone da.«
    »Zu früh, danke«, murmelte Rodenstock, während wir an ihm vorbeigingen. »Vielleicht ein Wasser.«
    Von irgendwoher sagte er: »Ein Wasser.« Und dann: »Nehmen Sie Platz, wo immer Sie mögen.« Eine Eisschranktür wurde geöffnet und geschlossen, Gläser schlugen leicht aneinander.
    Wir blieben erst einmal stehen, weil es gar nicht so einfach war, sich zurechtzufinden. Der Raum war vollkommen schwarz. Es gab keine glatten Wände, es gab nur schwarzes Tuch, das vor den Wänden in breiten Bahnen von der Decke herabhing. Natürlich war die Sitzgruppe aus schwarzem Leder. Das Licht war merkwürdig blau, bis ich begriff, dass es aus winzigen, dunkelblauen Strahlern flutete, die überall an der Decke angebracht waren. Es war ein sehr kaltes Licht.
    Er kam herein mit einem Tablett voller kleiner Wasserflaschen und Gläser. Er ordnete die Dinge auf dem Tisch fast ein wenig pedantisch, sehr schnell und leise wie ein Oberkellner. Er wiederholte höflich: »Bitte, setzen Sie sich doch.« Er selbst wählte einen Sessel an der Schmalseite des kleinen Tisches. Rodenstock nahm das Sofa, ich den zweiten Sessel. Dann herrschte erst einmal das große Schweigen, wobei er uns freundlich ansah und ermunternd nickte.
    Ich begann: »Es ist so, dass wir keine Ahnung haben. Weder von Ihnen, noch von anderen spirituellen Dingen, Strömungen und Überzeugungen, die möglicherweise in Ihre Richtung gehen. Wir sind also Greenhorns. Wenn Sie so wollen, befinden wir uns im Status nascendi und werden vermutlich Fragen stellen, die Ihnen naiv vorkommen. Aber in der Regel ist das eine gute Ausgangsbasis.«
    »Das denke ich auch«, nickte er. »Frage Nummer eins?«
    »Sie sind jung«, begann Rodenstock. »Darf ich raten? Fünfundzwanzig?«
    »Vierundzwanzig«, verbesserte er.
    »Gut, vierundzwanzig. In der Szene werden Sie ein Gothic genannt, wobei ich da schon gleich die zweite Frage habe. Wieso Gothic?«
    »Nun ja, diese Bezeichnung trifft auf mich sicher nicht zu, ich habe einen ganz anderen Hintergrund. Gothic nennt man in England diese reinen Modetypen, weil sie tatsächlich etwas Mittelalterliches, Gotisches haben. Düster, hochragend, aber im Wesentlichen nur Kleiderständer in schwarz mit einer Aussagekraft, die gleich null ist. Gothic bedeutet dann eben nur ein Modefreak.« Er sprach leise, leicht und mühelos. Dann lächelte er und fragte schnell: »Was machen Sie mit dem Material, das ich Ihnen liefere?«
    »Journalistisch zunächst einmal gar nichts«, sagte ich. »Wir sammeln Eindrücke, wir haben zwei Morde in einer Szene, die wir bisher nicht kannten. Also versuchen wir, uns ein umfassendes Bild zu machen. Und erst dann könnte man an eine Veröffentlichung denken. Und also frage ich Sie: Wo stehen Sie persönlich? Was vertreten Sie?«
    »Den Satan«, erwiderte er einfach. »Mein Gott ist der Satan persönlich.«
    »Sprechen Sie mit ihm?« Die Frage von Rodenstock kam sehr schnell.
    »Zuweilen, in wichtigen Entscheidungen.«
    »Was sind denn wichtige Entscheidungen?«, fragte ich.
    »Das erlebten wir gerade. Wichtige Entscheidungen können anstehen, wenn ein kleines Mädchen namens Jamie-Lee irgendwie zu Tode kommt und ich gefragt werden könnte, wie ich dazu stehe und ob ich mit diesem Mädchen irgendetwas zu tun habe.«
    »Wie lautete denn die Antwort des Teufels?«, fragte Rodenstock.
    »Nun ja, wir kannten Jamie-Lee ja, wir haben mit ihr gesprochen, wir waren aber keinesfalls betroffen oder erschrocken. Der Tod ist Teil des Daseins, nicht wahr? Es gab die verrückte Vermutung in der Nachbarschaft, dass sie, also die Kleine, eine Schülerin von mir ist. Das war sie nicht, im Gegenteil, ich würde niemals Kinder in meinen Kreis aufnehmen. Außerdem hat mir der Orden noch nicht die Befähigung zur

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