Sigi Wulle 4 - Sigi Wulle raecht den Hund X
den Hintern biß.
„Hat er nicht recht gehabt?“ fragte ich.
„Aber sicher!“ rief der Große Büffel und lachte.
Daheim sagte ich noch nichts. Als wir zu Abend aßen, klingelte es, und ich ging hinaus, um dem Schmuß zu öffnen, der mich ganz bös anguckte. Seine Augen waren nur noch zwei Schlitze. Sein Mund war ein dünner Strich und sein Kinn so spitz wie ein Ellenbogen. Ich verbeugte mich, damit er glaubte, auch ich würde mich von ihm hereinlegen lassen. Darauf zeigte ich ihm den Weg zur Küche, wo der X so gefährlich knurrte, daß ich ihn in den Keller bringen mußte, damit eine Unterhaltung möglich war.
„Das wird teuer für Sie!“ schrie der Schmuß und hielt seine Hand auf den Hintern, wobei er das hagere Gesicht verzog, damit wir sehen sollten, was er an diesem Körperteil gelitten hatte.
Meine Mutter seufzte.
Ich guckte ein bißchen unter mich, wie man es von einem reuigen Sünder erwartet.
„Wie teuer?“ fragte mein Vater.
„Sehr!“ schrie der Schmuß und grinste, weil er dachte, daß wir uns geschlagen geben würden.
„Mit welchem Betrag müssen wir rechnen?“ fragte meine Mutter.
Sofort legte der Schmuß los, daß er Schmerzensgeld verlange und einen neuen Anzug, weil die Bestie den Hosenboden zerstört habe, und außerdem sei noch der Viehdoktor wegen der ärztlichen Versorgung seines eigenen lammfrommen Hundes zu bezahlen. Wenn wir nicht blechen wollten, kämen noch die Gebühren für einen Prozeß hinzu, und er überlege es sich noch, ob er uns nicht sowieso anzeigen werde wegen fahrlässiger Körperverletzung, wofür man in schweren Fällen sogar Zuchthaus kriegt. Aber wenn wir keine Kinkerlitzchen machten und sofort zahlten, werde er vielleicht Abstand davon nehmen. Er meine es bloß gut mit uns, wenn wir das Geld gleich auf den Tisch legten.
„ Wieviel ?“ fragte mein Vater.
Meine Mutter seufzte noch einmal.
Ich hielt die Hand vor die Stirn wie ein armer Sünder, aber durch die Finger schaute ich mir diesen unverschämten Schmuß an, der in unserer Küche herumkrakeelte und dauernd mit schmerzverzerrtem Gesicht schrie, wie weh ihm sein Hintern täte, auf den er sich nicht mehr setzen könne.
„ Wieviel verlangen Sie?“ fragte mein Vater noch einmal.
„Ich will barmherzig sein“, heuchelte der Schmuß , und seine Augen glühten in ihren Schlitzen vor Geldgier, und seine bläuliche Zunge leckte über die dünnen Lippen.
„So sagen Sie doch...!“
„Tausend.“
Meine Mutter begann zu heulen, und mein Vater biß vor Wut die Zähne aufeinander.
„So viel?“
„Sonst gibt’s einen Prozeß und eine Anzeige.“
„Jawohl!“ schrie ich plötzlich und nahm die Hand vom Gesicht.
Alle erschraken.
„Aber Sigi!“ flüsterte meine Mutter.
„Und es kommt noch Erpressung hinzu!“ schrie ich.
„ Wiewiewieso ?“ stotterte der Schmuß .
„Und für Erpressung gibt’s erst recht Zuchthaus!“ schrie ich, so laut ich konnte.
„ Wowowovon spricht dieser unverschämte Kerl?“
Als ich erzählte, wie es sich wirklich zugetragen hatte, wurde der Schmuß immer kleiner und blasser, aber seine Augen immer größer und ängstlicher. Zuletzt stand mein Vater auf mit einer Stinkwut, um ihn am Kragen zu packen, zur Haustür zu führen und ihn mit einem Tritt in seinen gebissenen Hintern ein bißchen rauh zu verabschieden.
„Dennoch!“ knurrte er, als er in die Küche zurückkehrte. „ Morgen nachmittag schaffe ich den Köter in ein Asyl! Mir reicht’s nämlich!“
Wie man Eltern von einem schrecklichen Vorhaben abbringen kann
F ast die ganze Nacht über lag ich wach. Tränen liefen mir über die Backen, wenn ich daran dachte, daß ich meinen Hund hergeben sollte. Mein Kopfkissen wurde naß . Wenn ich einnickte, sah ich im Traum ein Asyl voller Hunde, und alle winselten und heulten herzzerreißend, und am lautesten wimmerte der X nach mir. Da wurde ich gleich wieder wach und knipste die Lampe an, um zu sehen, ob er noch in seiner Ecke läge, und er lag schlafend da, weil er ja nicht ahnte, daß mein Vater ihn wegschaffen wollte. Ich überlegte sogar, ob ich nicht mit ihm aus dem Haus schleichen und weglaufen sollte in die weite Welt; aber dann würde meine Mutter weinen, und zuletzt würde man uns doch irgendwo einfangen. Außerdem hatte mein Vater in Wut schon oft mit etwas gedroht, was er hinterher nicht übers Herz gebracht hatte.
Morgens sagte meine Mutter, ich solle den Schlüssel mitnehmen und mir Röstkartoffeln und Hausmacher-Leberwurst wärmen, wenn
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