Sigma Force 05 - Das Messias-Gen
Marta.
Es war niemals leicht zu töten.
Konstantin, der am Heck stand, stemmte sich gegen die lange Stange und lenkte das Floß weiter in den Sumpf hinein.
Monk setzte sich auf. Etwas war ihm aufgefallen. Bevor sie sich in der Hütte schlafen gelegt hatten, hatte er die Rucksäcke auf dem Floß verstaut. Sein Blick heftete sich auf eine Spange, die an einem Reißverschluss befestigt war. Das Dosimeter.
Im Feuerschein war es deutlich zu erkennen.
Das Rosa war eingedunkelt.
Mit der Farbe verdüsterten sich auch ihre Aussichten.
16:31 Washington, D.C.
JURI JUSTIERTE DEN Durchfluss der Infusion. Seine Finger zitterten. Sascha wirkte inmitten der Decken und Laken so verloren in ihrem Bett. Ihr Zustand war schlechter, als er erwartet hatte.
Er fluchte lautlos, weil er eine Stunde verloren hatte, indem er auf McBride und Mapplethorpe wartete. In dieser Zeit hätte er bereits Saschas Behandlung einleiten können. Stattdessen war er in dem FBI-Gebäude eingesperrt gewesen, während die beiden Männer irgendwelche anderen Angelegenheiten geregelt hatten. Schließlich war McBride mit den Medikamenten aus Juris Hotelzimmer aufgetaucht.
Dann waren sie zu Fuß über die Mall zum Smithsonian Castle gegangen. Man hatte sie in Empfang genommen und mit einem der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Aufzug in den geheimen Bereich gebracht. Man hatte sie abgetastet, gescannt und ihnen Augenbinden angelegt. Von Hand geführt, hatte Juri in dem unterirdischen Labyrinth rasch die Orientierung verloren. Schließlich gelangten sie in einen Raum, die Tür schloss sich hinter ihnen, und das Schloss klickte.
Dann erst nahm man ihnen die Augenbinden ab.
Juri fand sich in einem kleinen Krankenzimmer wieder. Die eine Wand war verspiegelt und vermutlich von der anderen Seite durchsichtig. Zwei Personen wachten beim Kind: eine große Frau mit kastanienbraunem Haar, die sich als Kat Bryant vorstellte, und Dr. Lisa Cummings, die er bereits im Restaurant kennengelernt hatte. Lisa reichte ihm einen Stapel Untersuchungsergebnisse.
»Wir stehen zu Diensten«, sagte Lisa. »Sagen Sie uns, was wir tun sollen.«
Juri machte sich an die Arbeit. Er las die Berichte und machte sich mit den aktuellen Blutwerten vertraut. Weitere zehn Minuten benötigte er, um dieMedikamentendosis zu berechnen. McBride wollte ihm helfen und sah ihm über die Schulter.
»Kommen Sie mir nicht in die Quere!«, knurrte Juri ihn an.
Die Amerikaner hatten kein Rezept, das Mädchen zu retten. Wenn es nach Juri ging, würde es auch so bleiben, denn die Methode war so kompliziert, dass man sie ihm nicht einmal unter Folter hätte entlocken können. Da er Sascha jedoch nicht sterben lassen wollte, ohne es wenigstens versucht zu haben, ließ er McBride zuschauen. Aber wenn Sascha erst einmal außer Gefahr wäre …
Kat unterbrach seinen Gedankengang. »Wird sie durchkommen?«
Juri öffnete das Ventil der Tropfinfusion. Zufrieden mit dem Durchfluss, wandte er sich um und erwiderte Kats Blick. Das Haar hatte sie sich zu Zöpfen nach hinten geflochten, die tiefen Falten um Augen und Mund verrieten ihre Besorgnis.
Er seufzte. »Ich habe getan, was ich konnte«, sagte er wahrheitsgemäß. »Wir müssen stündlich die Nierenwerte überprüfen
und das spezifische Gewicht des Urins bestimmen. Daran können wir erkennen, ob wir Fortschritte machen, aber wir werden erst in fünf bis sechs Stunden wissen, ob sie überleben wird.«
Seine Stimme brach. Verlegen wandte er sich ab, denn in Gegenwart dieser fremden Menschen wollte er sich keine Schwäche anmerken lassen. Er bemerkte, dass McBride ihn mit einem kalten Funkeln in den Augen musterte. Er saß auf einem Stuhl bei der Tür. Die Beine hatte er selbstgefällig übereinandergeschlagen.
»Jetzt können wir nur noch abwarten«, murmelte Juri und fasste einen Stuhl neben dem Bett ins Auge. Ein aufgeschlagenes Kinderbuch lag auf der Sitzfläche.
Kat bückte sich und hob es hoch. »Ich habe ihr vorgelesen.«
Juri nickte. Auf dem Herflug hatte Sascha den Kopf an Juris Arm gelegt, und er hatte ihr leise russische Märchen vorgelesen. Bei der Erinnerung daran musste er lächeln. Eigentlich sollten sie zu den Versuchsobjekten keine enge Beziehung entwickeln, doch Sascha war etwas Besonderes.
Seine Hand wanderte zu der Stelle, wo ein Finger von ihr unter der Decke hervorschaute. Der Sensor eines Blutdruckmessgeräts war daran befestigt. Er streichelte den kleinen Finger, der von einer Porzellanpuppe hätte stammen
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