Sigma Force 05 - Das Messias-Gen
Gebäude hinter dem Laster zurückgezogen. Pjotr hatte er mit Gesten bedeutet, sich vor dem Vordersitz in den Fußraum zu kauern. Jetzt teilte der Junge sich das Versteck mit Laub und Käfern. Die Arme hatte er um die Knie geschlungen.
In einem dunklen Winkel seines Geistes, in den hineinzuschauen
er sich fürchtete, war die Erinnerung an eine andere Gelegenheit verborgen, bei der er sich auf diese Weise versteckt hatte: eingezwängt, atemlos, gejagt. Das war in einem anderen Leben gewesen. Nicht in diesem. Damals war er von Stein umgeben gewesen, nicht von verrostetem Stahl.
Zwischen Vergangenheit und Gegenwart schwebend, nahm er in der Dunkelheit winzige Lichtpunkte wahr. Sterne am Nachthimmel. Wenn er lange genug starrte, würden sie heller werden und auf ihn zustürzen. Der Nachthimmel aber machte ihm seit jeher Angst. Deshalb scheute er davor zurück und wandte sich wieder der Gegenwart zu.
Auf einmal verspürte er Hunger. Doch wie die Erinnerung gehörte auch diese Regung nicht zu ihm. In der Nähe schlug ein großes Herz, das Pjotrs eigenen schwachen Herzschlag übertönte. Fremdartige Empfindungen nahmen seine Sinne in Beschlag: feuchtes Gras, das Rauschen heißen Blutes, das Gefühl von Kies unter den Füßen. Ein lauter Atemzug, der viel mehr Luft einsog, als seine eigene kleine Brust zu fassen vermochte. Das Jagdfieber griff auf ihn über.
Dann nahm er einen anderen Geruch wahr.
Einen neuen Geruch.
Ein weiterer Jäger war ganz in der Nähe.
Dessen Geruch war freilich beißender.
Er ging einher mit der Erinnerung an sengenden Schmerz.
Ein Schauder lief ihm über den Rücken, die Wut ließ den Hunger in den Hintergrund treten.
Während Pjotr sich noch kleiner machte, tappte das große Herz auf ihn zu.
Monk rannte an der Rückseite der Gebäude entlang zur unteren Straßenhälfte. Sein Rücken und seine Brust brannten; als er sich durch die schmale Lücke zwischen den Schindelhäusern gezwängt hatte, waren Splitter eingedrungen. Er hatte
Pjotr in den Laster geschoben, wo er zumindest vor dem Tiger einstweilen sicher war - für den Heckenschützen galt das freilich nicht. Vor allem wollte er den Soldaten von den Kindern fortlocken, weiter in die Gassen zwischen den tiefer gelegenen Gebäuden hinein.
Dann kam es darauf an, zu überleben und den Soldaten zu überlisten.
Monk lief in geduckter Haltung. Er hielt sich dicht an den Hauswänden und wich Ansammlungen von trockenem Laub und Kies aus. Er bewegte sich fast lautlos, bis er zur nächsten Straßenkehre gelangte. Er bog um das letzte Gebäude und schlich zurück zur Straße. War er weit genug gelaufen?
Mit angehaltenem Atem spähte er um die Ecke und musterte die Straße. Er sah die Ziegelfassade des Ladens, den verrosteten Laster und die von Unkraut und hohem Gras überwucherte Fahrbahn. Nirgends war eine Bewegung auszumachen. Ein schwacher Wind wehte vom Berg herab und wiegte sachte die Grasspitzen.
Der Heckenschütze war nicht zu sehen.
Er musste irgendwo dort draußen sein. Wahrscheinlich schlich er sich an die Kinder an. Monk musste verhindern, dass der Schütze sie als Geiseln nahm. Er spannte die Beinmuskeln an. Er musste über die Straße zum unteren Teil der verfallenen Siedlung rennen. Auf dem Kies würde er eine Menge Lärm machen.
Doch er musste sich vergewissern, dass der Soldat abgelenkt worden war.
Monk holte tief Luft, sprang aus der Deckung hervor und sprintete über den Kies. »Lauft!«, schrie er und winkte den imaginären Kindern zu. »Rennt einfach weiter!«
Der Heckenschütze sollte glauben, die Kinder wären bei ihm.
Es knallte.
Ein brennender Schmerz flammte in Monks Oberschenkel auf. Das linke Bein gab nach.
Er stürzte zu Boden. An der Handfläche und am Armstummel riss der Kies die Haut auf. Getragen vom eigenen Schwung, wälzte er sich über die Straße. Ein zweiter Gewehrschuss zerfetzte über seinem Kopf mit einem scharfen Sirren das Gras.
Monk drückte sich flach auf den Boden, spähte durchs Gras und sah, dass der Soldat sich aufrichtete. Er hatte sich weiter oben versteckt, auf halber Strecke zum Laden. Den Gewehrkolben an die Schulter gedrückt, pirschte er sich an Monk heran.
Der Soldat hatte geahnt, dass sein Gegner an der Rückseite der Gebäude entlanggeschlichen war, und im Hinterhalt abgewartet.
Doch der Soldat war nicht der einzige Jäger.
Fünfzig Meter von ihm entfernt bewegte sich etwas schnell durchs Gras auf den Soldaten zu.
Borsakow war es nicht anzumerken, doch er war
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