Sigma Force 05 - Das Messias-Gen
die Blutspur, die sie hinterließ.
Hinter ihm ertönte ein Knurren.
»Wo ist Jelena?«, fragte Kowalski.
Gray beobachtete, wie sie verschwand. Er schüttelte den Kopf.
Kowalski schaute zur Wand des Hangars hoch. »Sie ist mir weggelaufen. Vorher hat sie den Anker auf den Schuft fallen lassen. Hat gemeint, sie wolle hier helfen.«
Gray wandte sich ab. »Ich glaube, das ist tatsächlich ihre Absicht.«
Nicolas lag auf dem Rücken, die Beine unter Stahlträgern von einer halben Tonne Gewicht eingeklemmt. Durch den Nebel der Schmerzen hindurch hörte er Schritte, die sich näherten. Er wandte den Kopf. Jelena kam auf ihn zu.
Er zuckte zusammen. Dieser Schmerz war schlimmer als der seiner gebrochenen Knochen. »Ach, milaja moja , wo kommst du denn her?«
Sie ließ sich neben ihm zu Boden sinken.
Ihre Bluse war voller Blut.
» Lubow moja …« Seelenpein und Fürsorglichkeit schwangen in seiner Stimme mit. Er hob den Arm, und sie warf sich in seine Umarmung. Er hielt sie fest und wiegte sie sanft, während der letzte Rest Sonnenschein erlosch.
Mit einem durchdringenden Knirschen, dem etwas Endgültiges anhaftete, schloss der Container mit der Betonwand luftdicht ab. Kurze Zeit später ertönte ein gewaltiges Rumpeln, als die gegenüberliegende Seite des Sarkophags einstürzte. Die Sprengladungen hatten wie geplant gezündet, doch der Container hatte sich bereits geschlossen, sodass die Teilnehmer der Feierlichkeiten verschont wurden.
Nicolas selbst hatte weniger Glück. Er schaute zu der hell erleuchteten Kuppel hoch. Die Stahloberfläche war mit einer dicken Schicht Polykarbonat verkleidet, das die Strahlung nach innen reflektieren sollte.
Obwohl es sinnlos war, hob Nicolas die Abdeckung des Dosimeters an, das an seiner Jackentasche klemmte. Als er es heute Morgen dort befestigt hatte, war es weiß gewesen. Jetzt war es tiefschwarz.
Er ließ die Hand sinken und legte sie um Jelena.
»Warum?«, fragte er.
Dieses eine Wort barg viele Fragen. Warum hatte Jelena ihn verraten? Nicolas wusste, dass sie es getan hatte. Eine andere Erklärung gab es nicht. Aber warum war sie zu ihm gekommen?
Jelena schwieg. Er suchte ihren Blick, doch ihre Augen waren glasig geworden.
Tot. Und er würde ebenfalls sterben.
Der lebende Tote.
Er wusste, welches Ende ihn erwartete. Sein Leben lang hatte er Strahlenopfer untersucht. Sein Tod würde ebenso quälend wie erniedrigend sein.
Als er Jelena fester an sich drückte, glitt etwas aus ihrer Hand und landete auf seinem Bein. Er streckte den Arm aus und ergriff ihr letztes Geschenk.
Seine Pistole.
Offenbar hatte sie die Waffe unterwegs vom Boden aufgehoben.
Also deshalb war sie hergekommen.
Um sich zu verabschieden und um ihm einen Ausweg zu eröffnen.
Er schmiegte sich an sie und küsste ein letztes Mal ihre kalten Lippen. » Ti mojo solnishko …«
Ja, sie war seine Sonne.
Dann hob er die Pistole.
Und beschritt den Ausweg.
19
7. September, 11:00 Südural
MONK HATTE DAS Gewehr geschultert und erklomm die letzte Serpentine. Vor ihm lag ein Bergwerkskomplex, der sich an eine Granitwand schmiegte. Die Außengebäude und das alte Kraftwerk waren stark oxidiert. Von Dächern und Regenrinnen blätterte der Rost, die Fenster waren entweder geborsten oder mit Brettern verrammelt, und das verrostete Werkzeug - Schaufeln, Hacken, Schubkarren - lag noch immer dort, wo man es vor Jahrzehnten abgelegt hatte.
Vor der Felswand waren große Erz- und Abraumhaufen. Dazwischen ragte eine Kippvorrichtung mit Auslegern, Winden und mehreren Förderbändern auf, mit der man das Erz in Laster verladen hatte.
Monk, der sein verletztes Bein notdürftig verbunden hatte, humpelte eilig weiter und überlegte, weshalb er so viel über den Bergbau wusste. War seine Familie vielleicht …
Plötzlich flammten blitzlichtartig Bilder in seinem Kopf auf: ein alter Mann im Overall, bedeckt mit Kohlestaub … derselbe Mann in einem Sarg … eine weinende Frau …
Ein stechender Schmerz löschte die Erinnerungsfetzen aus.
Er zuckte zusammen und ließ sich von den Kindern und
Marta durch ein Labyrinth von Förderbändern, Loren und Förderrinnen führen. Ein Schienenstrang verschwand in einer dunklen Öffnung in der Felswand. Das war der Haupteingang des Bergwerks.
Monk blickte sich um.
Unter ihm breitete sich der Karatschai-See aus. Monk schätzte, dass der See an dieser Stelle dreieinhalb Kilometer breit und etwa dreimal so lang war. Er musterte die bewaldeten Berge am anderen Ufer und
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