Sigma Force 05 - Das Messias-Gen
vollkommen grotesk. Litt Monk an Amnesie, oder hatte man ihm etwas angetan? Wie kam er überhaupt hierher? Gray war es egal. Er umarmte seinen Freund, was einen brennenden Schmerz in seiner Schulter zur Folge hatte. Nur ein Streifschuss, doch er hätte auch einen Körpertreffer in Kauf genommen, um diesen Mann zurück ins Leben zu holen. Er drückte noch fester zu.
»Ich hab’s gewusst … Ich hab’s gewusst«, flüsterte Gray erschüttert. Tränen rollten ihm über die Wangen. »Mein Gott, du lebst.«
»Wenn wir nicht bald machen, dass wir von hier verschwinden, wird er nicht mehr lange leben.«
Der Mann hatte recht. Gray löste sich von Monk, ließ die Hand aber auf seinem Ellbogen ruhen, um zu verhindern, dass er sich einfach wieder in Luft auflöste.
Monk musterte die beiden Männer. »Hört mal her«, sagte er und zeigte nach draußen. »Ich könnte eure Hilfe gut gebrauchen. Es gibt da etwas, das ich verhindern muss.«
»Die Operation Saturn«, sagte Gray.
Monk schaute verdutzt drein, dann nickte er. »Ja, stimmt. Der Junge kann …«
Plötzlich fuhr Monk herum. »Wo steckt Pjotr eigentlich?«
Gray konnte seine Verwirrung nachvollziehen.
Der Junge war in dem ganzen Durcheinander verschwunden.
13:15 Kyshtym, Russland
ELIZABETH BETRACHTETE DAS Foto auf dem Monitor. Es zeigte das Wandmosaik aus dem indischen Tempel. Fünf Personen saßen auf dreibeinigen Hockern um den Omphalos herum. Durch das Loch im Stein kräuselte sich Rauch wie aus einem Vulkankrater. Aus der Rauchsäule stieg ein Flammenjüngling empor.
Doch es war nicht der Rauch, der ihn hochgehoben hatte.
Auf dem Tisch lagen viele Seiten Papier, die Elizabeth mit Zeilen auf Harappa, Sanskrit und Griechisch vollgeschrieben hatte. Sie verfügte über Fotos der Inschriften an der Wand und am Omphalos. Was ihre Übersetzung anging, war sie sich nicht ganz sicher.
Die Welt wird brennen …
Sie betrachtete das Mosaik eingehender. Fünf Frauen saßen wie in Trance zusammengesunken auf den Stühlen, hatten den Arm jedoch zu dem Jüngling erhoben. Elizabeth hatte zunächst vermutet, sie hätten den Jüngling heraufbeschworen oder herbeigerufen. Inzwischen wusste sie es besser. Sie beschworen ihn nicht, sie stützten ihn.
Sie fasste die Zeile in den Blick, die sie inzwischen vollständig übersetzt hatte.
Die Welt wird brennen … es sei denn, die vielen werden eins.
Das war eine Warnung. Die Inschrift gab an, was geschehen musste, damit die Welt nicht von einem gewaltigen Feuer verzehrt wurde. Elizabeth dachte an Gray, der Sorge gehabt hatte, dass im Zuge der sich in den Bergen anbahnenden Katastrophe Millionen Menschen durch eine Nuklearexplosion oder radioaktive Strahlung sterben müssten.
Sie stellte sich die pilzförmige Wolke vor, das verzehrende Höllenfeuer einer Atombombe.
Die Rauchwolke auf dem Mosaik sah ganz ähnlich aus.
… es sei denn, die vielen werden eins.
Sie scrollte nach unten, bis unter die frisch übersetzte Zeile, und legte den Zeigefinger auf den Bildschirm.
Ein Chakra.
Mit der Fingerspitze fuhr sie über ein Blütenblatt bis zum Mittelpunkt. Das Chakra symbolisierte die gleiche Warnung. Die Blütenblätter verwiesen alle aufs Zentrum.
Die vielen werden eins .
Sie musterte erneut die fünf Frauen, die einen Jüngling stützten.
Die Vermutung verfestigte sich zur Gewissheit - nicht nur, was ihre Übersetzung betraf, sondern auch deren Bedeutung. Sie ging zum Satellitentelefon hinüber, das Gray ihr dagelassen hatte. Er hatte sie gebeten, Direktor Crowe anzurufen, falls irgendwelche Schwierigkeiten auftreten sollten.
Gleichwohl zögerte sie. Und wenn sie sich täuschte? Sie erwog, den Mund zu halten. Dann dachte sie an ihren Vater und all seine Geheimnisse. An Masterson und dessen Geheimnisse. Sie hatte genug von Geheimnissen und Halbwahrheiten, von unausgesprochenen Mutmaßungen.
Schluss damit.
Sie wollte es anders machen als ihr Vater.
Im Bewusstsein der Bedeutung ihrer Entdeckung setzte sie
das Headset auf und tippte die Nummer ein, die Gray ihr gegeben hatte.
15:18 Washington, D.C.
PAINTER SCHAUTE ZU, wie das Kind für die Operation vorbereitet wurde. Er stand zusammen mit Kat Bryant im Beobachtungszimmer neben dem kleinen OP-Raum der Sigma-Kommandozentrale. Steril verpackte Geräte warteten auf ihren Einsatz bei der heiklen Operation: Ultraschallsauger, Laserskalpelle, stereotaktische Lokalisierer. Tabletts mit Edelstahlinstrumenten und Bohrern in verschiedenen Größen waren auf Tischen aufgereiht.
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