Sigma Force 05 - Das Messias-Gen
Rücken, den sengenden Schmerz in den Beinen und ihr heftiges Herzklopfen beachtete sie nicht. Als der Angriff losbrach, hatte sie das Tor schließen und verriegeln lassen.
Über dem Bunker warteten fünf tüchtige Soldaten, die Dr. Petrow ausgesucht hatte. Der Plan sah vor, sich mit fünf Kindern abzusetzen, welche die Soldaten huckepack tragen würden. Nicht mehr. Alle zehn konnte sie nicht mitnehmen. Sie hatten nur dann eine Chance zu flüchten, wenn sie rasch und entschlossen handelten. Der amerikanische Gefangene hatte sie auf die Idee gebracht. Er und die Kinder waren durch einen Wartungstunnel geflohen. Sie würden das Gleiche tun.
Zuvor aber hatte sie noch etwas zu erledigen.
Als Sawina in den Bunker trat, rissen der Techniker und der Ingenieur gerade die Tastaturen aus der Konsole. Die Festplatten hatten sie bereits mit starken Magneten gelöscht. Aufgrund der Schäden würde niemand die Operation Saturn mehr stoppen können.
»Ist alles lahmgelegt?«
Der Ingenieur nickte heftig. »Es bräuchte schon ein Elektrikergenie, um die Schäden zu reparieren.«
»Ausgezeichnet.« Sie hob die Pistole und schoss dem Ingenieur in den Kopf. Der Techniker wollte weglaufen, doch Sawina brachte ihn am Fuß der Treppe zu Fall. Mit durchschossenem Hals wand er sich am Boden und erstickte am eigenen Blut.
Sie hatte das Risiko ausschließen müssen, dass die beiden dem Gegner in die Hände fielen. Sonst hätte man sie womöglich
mit vorgehaltener Waffe gezwungen, die Schäden wieder zu beseitigen.
Das durfte sie nicht zulassen.
Um sich weitere Genugtuung zu verschaffen, riss sie eine Feueraxt von der Wand und trat vor die Konsole. Sie holte weit aus und zerschmetterte beide Rechner und die elektronischen Schaltungen. Anschließend setzte sie die Axt auf den Boden und stützte sich auf den Griff. Sie starrte die LCD-Monitore an. Sie zeigten noch immer die Bilder verschiedener Überwachungskameras. Sie überlegte, ob sie auch die Bildschirme zerstören sollte, war sich aufgrund ihrer heftigen Rückenschmerzen jedoch nicht sicher, ob sie das überhaupt noch schaffen würde.
Außerdem kam es darauf nicht an.
Sie ließ die Axt auf den Boden fallen und betrachtete den Bildschirm in der Mitte. Ein giftiger Strom schwarzen Wassers ergoss sich in die Tiefe.
Die Angreifer sollten ruhig sehen, was sie angerichtet hatte.
Lächelnd schwelgte sie in ihrer letzten grausamen Handlung, dann wandte sie sich zur Treppe.
Sollten sie ruhig zuschauen, wie die Welt zugrunde ging.
Niemand konnte sie mehr aufhalten.
21
7. September, 13:03 Südural
PJOTR FÜHRTE DEN Mann am Ärmel. Ringsumher herrschte Chaos. Soldaten brüllten, Glas splitterte, Gewehrschüsse knallten, Flammen loderten, und Qualm verdickte die Luft. Für Pjotr aber war das alles andere als Chaos.
Als vor ihnen ein Soldat um die Ecke bog, sich umblickte und dann weiterrannte, zerrte er Monk in einen dunklen Eingang. Sie liefen einen Korridor entlang, stürmten eine Treppe hoch und kletterten durch ein Fenster auf einen Trümmerhaufen und von dort ins nächste Gebäude.
»Pjotr, wo willst du eigentlich hin?«
Der Junge antwortete nicht; er konnte es nicht.
Als sie einen weiteren Korridor erreichten, blieb Pjotr stehen. In seinem Kopf gab es tausend Möglichkeiten. Herzen leuchteten wie kleine Scheiterhaufen, flackerten vor Angst, Zorn, Panik, Feigheit, Bösartigkeit. Er ahnte ihre Bewegungen voraus. Das war seine Begabung, doch er konnte noch viel mehr.
Denn er hatte ein Geheimnis.
Wenn er in den vergangenen Jahren schreiend aus seinem Albtraum aufwachte und die anderen Kinder mit seinen
Visionen von brennenden Menschen weckte, gab es einen bestimmten Grund, weshalb seine Klassenkameraden bei den Prüfungen anschließend so schlecht abschnitten. Die Lehrer glaubten, Pjotr habe ihnen Angst gemacht, doch das stimmte nicht. Pjotr besaß die Gabe, ins Herz anderer Menschen zu blicken. Das nannte man Empathie. Doch er hatte ein Geheimnis, von dem nur Marta wusste.
Darüber wusste er von seinen Träumen her Bescheid.
Er konnte nicht nur ins Herz anderer Menschen blicken, er konnte es ihnen auch rauben. Nicht Angst war der Grund, weshalb die anderen Kinder schlechte Leistungen erbrachten, sondern ihnen fehlte etwas. Kurz nach dem Aufwachen kannten Pjotrs Fähigkeiten keine Grenzen. Er konnte wie Konstantin mühelos große Zahlen multiplizieren; er merkte wie Jelena, wann jemand log; wie seine Schwester sah er verborgene Orte und so weiter. Dieser Zustand hielt so
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