Sigma Force 05 - Das Messias-Gen
Sie hatten keine andere Wahl gehabt, als ihn zu jagen.
»Das mit Archibald tut mir leid«, sagte Juri.
Und das war nicht gelogen. Dr. Polks Tod war zwar eine tragische Notwendigkeit gewesen, stellte aber auch einen schweren Verlust dar. Der Professor hatte viel erreicht und hätte beinahe herausbekommen, was die Russen vor den Amerikanern verbargen. Beide Seiten hatten Dr. Polks Findigkeit weit unterschätzt.
Sowohl vor der Entführung als auch hinterher.
Juri fuhr fort: »Was das verschwundene Mädchen angeht …«
McBride fiel ihm ins Wort. »Ich nehme an, sie ist eines der Omega-Versuchsobjekte.«
Juri nickte. »Die Trefferquote liegt bei neunzig Prozent. Sie ist unersetzlich für unser Projekt. Für die Arbeit beider Seiten. Ich fürchte, Mapplethorpe ist sich nicht bewusst, wie prekär das Gleichgewicht ist, das ein Omega-Objekt am Leben erhält und sein Funktionieren gewährleistet.«
McBride rieb sich den Nasenrücken. »Im Verlauf des Telefonats hat Mapplethorpe übrigens vorgeschlagen, wir sollten versuchen, das Kind in unsere Gewalt zu bringen.«
»Ich habe vermutet, dass er etwas Derartiges planen könnte.«
Hinter Juris Rücken öffnete sich die Tür. Er hörte, wie Dr. Chen jemanden förmlich begrüßte.
Juri drehte sich um und erblickte zu seiner Bestürzung den Gegenstand ihrer Unterhaltung. Mapplethorpes erschlaffte Gesichtszüge wirkten noch grämlicher als sonst. Juri wurde von einer bösen Vorahnung erfasst.
McBride erhob sich. »John, wir haben gerade über Sie gesprochen. Ist es Ihrem Team gelungen, den präparierten Schädel zu finden?«
»Nein. Wir haben beide Museen durchsucht.«
»Eigenartig«, sagte McBride mit besorgter Miene. »Irgendwelche Neuigkeiten vom Mädchen?«
»Wir lassen die Stadt ausgehend vom Zoo von Helikoptern absuchen. Bislang wurde noch kein Ortungssignal aufgefangen.«
Juri merkte auf. »Ortung … was soll das heißen?«
McBride kam um den Schreibtisch herum. Er reckte Juri die Faust entgegen. Als er sie öffnete, lag auf seiner Handfläche ein kleiner Gegenstand.
Kaum größer als ein Stecknadelkopf.
Juri beugte sich neugierig vor.
»Ein Wunderwerk der Nanotechnologie«, sagte McBride. »Ein passiver Mikrotransmitter mit gedämpftem Pulsgeber,
untergebracht in einer sterilen Polymerhülle. Bei meinem letzten Besuch im Bau habe ich veranlasst, dass allen Kindern ein solcher Chip injiziert wurde.«
Juri hatte von den Implantaten nichts gewusst, doch dass er nicht auf dem Laufenden gehalten wurde, war eigentlich nichts Neues. »War Sawina damit einverstanden?«
McBride hob eine Braue. Eigentlich hätte ich Sie für klüger gehalten, Dr. Raew , schien er sagen zu wollen.
Juri begriff, was der Amerikaner damit andeuten wollte. Sawina wusste nichts von den Sendern. McBride hatte die Injektionen eigenhändig vorgenommen - im Geheimen, ohne jemanden darüber zu informieren. Er hatte oft mit den Kindern zu tun gehabt, auch dann, wenn er unbeobachtet gewesen war. Juri musterte den winzigen Sender. Er war so klein, dass es keine großen Probleme bereiten dürfte, hundert davon zu verstecken.
Aber weshalb hatte McBride …?
Juri überschlug die Möglichkeiten, Implikationen und Folgen. McBride hatte alle Kinder damit geimpft. Anschließend hatte er lediglich dafür sorgen müssen, dass eines oder mehrere Kinder sich aus dem Bau davonmachten.
Juri trat Archibald Polks Gesicht vor Augen. Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag auf den Solarplexus.
»Das war alles von langer Hand vorbereitet!«, keuchte er. »Dr. Polks Flucht …«
McBride lächelte. »Ausgezeichnet.«
Mapplethorpes Schatten legte sich auf ihn wie ein schweres Gewicht.
Man hatte Juri zum Narren gehalten. Er funkelte McBride an. »Sie haben sich im Bau aufgehalten, als Archibald geflohen ist. Sie haben ihm bei der Flucht geholfen.«
»Wir mussten eines Ihrer Omega-Objekte nach draußen locken.«
»Sie haben Dr. Polk als Köder benutzt. Ihren Freund und Kollegen.«
»Das ließ sich leider nicht ändern.«
»Hat er … hat Archibald gewusst, dass er benutzt wird?«
McBride seufzte entnervt. »Ich glaube, er hat etwas geahnt … aber er hatte keine Wahl. Entweder der Tod oder ein Spießrutenlauf. Manchmal muss man eben patriotisch sein, ob man will oder nicht. Und ich muss sagen, er hat seine Sache gut gemacht. Er hätte fast die Ziellinie überquert.«
»Und das alles nur, um ein Kind zu entführen?«
McBride rieb sich erneut den Nasenrücken. »Wir hatten den Verdacht, dass ihr Russen
Weitere Kostenlose Bücher