Sigma Force 05 - Das Messias-Gen
Viele versuchten, seine Vorschläge wegen der enorm hohen Kosten abzuwürgen. In der Presse machten sich seine Parlamentskollegen über ihn lustig und zerfetzten seine Argumente.
Nicolas aber wusste, dass er recht hatte.
Eines Tages würden das alle einsehen.
»Denkt an meine Worte!«, fuhr er fort. »Wir schließen ein Kapitel unserer Geschichte ab, doch ich fürchte, das ist so, als wollten wir ein Loch im Deich mit der bloßen Hand stopfen. Die atomare Vergangenheit ist noch längst nicht fertig mit uns … und mit der ganzen Welt. Und wenn es so weit ist, dann werden wir hoffentlich den gleichen unerschütterlichen Mut beweisen wie die tapferen Männer und Frauen, die an jenem Tag ihre Zukunft geopfert haben. Wir dürfen ihr Geschenk nicht verplempern. Lasst uns eine Wiedergeburt vollbringen! Aus dem atomaren Feuer kann eine neue Welt entstehen.«
Er wusste, dass seine Augen funkelten, als er das sagte.
Eine Wiedergeburt.
Die Wiedergeburt Russlands.
Es brauchte nur einen kleinen Anstoß in die richtige Richtung.
Jelena beugte sich vor und berührte ihn am Ellbogen. Er drehte sich zu ihr um, als auf einmal ein Gewehrschuss knallte. Aus den Augenwinkeln sah er das Mündungsfeuer, dann pfiff auch schon die Kugel an seinem Ohr vorbei.
Ein Heckenschütze.
Ein Attentäter.
Jelena zog ihn hinter dem Podium auf den Boden, während lautes Geschrei einsetzte. Einen Moment lang herrschte Chaos. Nicolas nutzte die Gelegenheit und hauchte Jelena einen Kuss auf die Lippen. Er fuhr mit der Hand durch ihr langes Haar und tastete nach der geschwungenen kalten Stahlplatte hinter ihrem Ohr.
»Das ist noch mal gut gegangen«, flüsterte er an ihrem Mund.
22:25 Washington, D.C.
PAINTER TRAT NEBEN Gray und starrte auf den Videomonitor. Er sah die Wachposten, die mit Waffen bedroht wurden.
Als spürte der Fremde ihre Anwesenheit, rief der Schattenmann auf der Veranda durch die Tür hindurch: »Wir wollen Ihnen nichts tun!« Sein harter Akzent machte ihn als Osteuropäer kenntlich.
Painter musterte den Fremden auf dem Monitor. Dann das
Mädchen, das er an der Hand hielt. Sie schaute geradewegs zu der verborgenen Kamera hoch.
»Wir sind Verbündete von Archibald Polk!«, rief der Mann. Offenbar war er sich nicht sicher, ob sie den Namen kannten. »Wir haben nicht viel Zeit!«
Elizabeth stand dicht hinter Painter. Sie wechselten einen Blick. Wenn sie Aufschluss über das Schicksal ihres Vaters haben wollten, mussten sie Risiken eingehen. Allerdings durfte das Risiko auch nicht zu groß sein.
Painter drückte den Sprechknopf und sagte: »Wenn Sie unser Verbündeter sind, geben Sie unsere Männer frei und lassen Sie die Waffen fallen.«
Der Mann auf der Veranda schüttelte den Kopf. »Erst wenn Sie bewiesen haben, dass man Ihnen trauen kann. Wir haben viel riskiert, um das Mädchen hierherzubringen. Wir haben uns in Gefahr gebracht.«
Painter blickte Gray an. Der zuckte mit den Schultern.
»Wir lassen Sie rein«, sagte Painter. »Aber nur Sie und das Mädchen.«
»Und ich behalte Ihre Männer zu unserer Sicherheit hier draußen.«
»Eine große, glückliche Familie«, brummte Kowalski.
Painter bedeutete Gray, Elizabeth aus dem Schussfeld zu bringen.
Painter hielt sich seitlich der Tür. Kowalski postierte sich an der anderen Seite, noch immer in Strümpfen. Die einzige Waffe des großen Mannes war der Schuh in seiner Hand.
Das musste reichen.
Painter entriegelte die Tür und öffnete sie einen Spalt weit. Der Fremde zeigte seine leere Hand vor. In der anderen hielt er die Hand des Mädchens. Sie war höchstens zehn, dunkelhaarig und trug ein grau-schwarz kariertes Kleid. Der Mann hatte olivfarbene Haut mit dunklen Bartschatten. Vielleicht
war er Ägypter oder Araber. Seine braunen Augen wirkten schwarz im Lampenschein, verdunkelt von Argwohn. Er war mit Jeans und dunkelroter Windjacke bekleidet.
Der Fremde wandte den Kopf hin und her, löste den Blick aber nicht von der offenen Tür. Er rief seinen Männern etwas zu. Painter verstand ihn nicht, doch dem Tonfall nach zu schließen, hatte er ihnen befohlen, wachsam zu bleiben.
»Ein Zigeuner«, murmelte Kowalski.
Painter blickte den Hünen an.
»In meiner Nachbarschaft hat mal eine Zigeunerfamilie gewohnt.« Kowalski deutete mit dem Daumen auf den Fremden. »Er hat Romani gesprochen.«
»Er hat recht«, sagte der Fremde. »Mein Name ist Luca Hearn.«
Painter zog die Tür noch weiter auf und winkte den Mann herein.
Der Fremde trat vorsichtig über die
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