Sigma Force 05 - Das Messias-Gen
wie sich ihr Kiefer verspannte und ihre glasigen Augen sich weiteten.
Ihre Angst war seine Angst.
Pjotr klammerte sich fest an den Mann.
Der wahre Ursprung von Martas Angst reichte jedoch tiefer. Das hatte er in dem Moment gewusst, als sie an sein Bett gekommen war, ihre faltige Hand aufs Laken gelegt und ihm ihre Freundschaft angeboten hatte. Die anderen glaubten, sie sei gekommen, um ihn nach seiner ersten Operation zu trösten.
Doch in jenem scheinbar ewig währenden, atemberaubenden Moment, da er in ihre karamellbraunen Augen blickte, hatte Pjotr begriffen, welches Geheimnis sie in sich barg. Sie war zu ihm gekommen, weil sie selbst trostbedürftig war.
In jenem Moment hatten Schrecken und Liebe den Bund zwischen ihnen besiegelt.
Zusammen mit einem dunklen Geheimnis.
16:28 Neu-Delhi, Indien
»Wussten Sie, dass der Mensch in die Zukunft schauen kann?«, fragte Dr. Hayden Masterson und klopfte auf den Rechner.
Gray blickte von seiner Kaffeetasse hoch. Sie befanden sich in einem Privatraum des Delhi Internetcafés. Kowalski lehnte an der Milchglastür und sorgte dafür, dass sie nicht gestört wurden. Er zupfte an einem Kinnpflaster. Elizabeth hatte seine Schrammen versorgt und stapelte nun die Papierseiten, die der Laserdrucker neben dem Computer ausspuckte. Sie waren zu viert. Rosauro und Luca waren losgezogen, um für die bevorstehende Reise einen neuen Wagen anzumieten.
Obwohl Gray noch immer nicht wusste, wohin sie überhaupt wollten.
Alles hing von Masterson ab - und der war nicht sonderlich gesprächig. Seit ihrer geglückten Flucht aus dem Hotel hatte er kaum ein Wort gesagt. Alle Versuche, ihn zum Reden zu bringen und ihm eine Erklärung auf die Frage zu entlocken, weshalb man ihn ermorden wollte, hatten nur dazu geführt, dass er sich noch mehr in sich zurückgezogen hatte.
Er hatte nur wortlos auf den ramponierten Elfenbeingriff seines Spazierstocks gestarrt. Sein Blick war glasig gewesen - jedoch nicht deshalb, weil er unter Schock stand, sondern weil er in tiefer Konzentration versunken war.
Elizabeth hatte Gray angeschaut und wortlos den Kopf geschüttelt.
Setzen Sie ihn nicht unter Druck.
Sie waren in nördlicher Richtung aus Agra hinausgefahren, nach Neu-Delhi, der Hauptstadt Indiens. Im Laufe der Fahrt hatten sie auf Grays Veranlassung hin zweimal das Fahrzeug gewechselt.
Als sie die von Menschen wimmelnden Vororte erreichten, hatte Masterson ihnen eine kurze Anweisung gegeben: Ich brauche Internetzugang .
Und so waren sie hier gelandet, im vollgestopften Hinterzimmer eines Internetcafés. Der Professor hatte sich prompt über eine dreistufige Anmeldungsprozedur auf einem Privataccount des Rechners der Universität Mumbai eingeloggt.
»Archibalds Forschungsergebnisse«, hatte Masterson erklärt und damit begonnen, alles auszudrucken. Bis zu seiner kryptischen Bemerkung über die hellseherischen Fähigkeiten des Menschen hatte er geschwiegen.
»Wie meinen Sie das?«, hakte Gray nach.
Masterson schob den Drehstuhl vom Computertisch zurück. »Also, das wissen nur die wenigsten, doch in den vergangenen Jahren wurde wissenschaftlich bewiesen, dass der Mensch in der Lage ist, über einen kurzen Zeitraum in die Zukunft zu schauen. Etwa drei Sekunden weit.«
»Nur drei Sekunden?«, sagte Kowalski. »Damit kann man ja eine Menge anfangen.«
»Das ist eine ganz beachtliche Zeitspanne«, erwiderte Masterson.
Gray warf Kowalski einen warnenden Blick zu und wandte sich wieder dem Professor zu. »Aber was meinen Sie damit, das sei wissenschaftlich bewiesen?«
»Wissen Sie über das Stargate-Projekt der CIA Bescheid?«
Gray wechselte einen Blick mit Elizabeth. »Dr. Polk hat eine Zeit lang an diesem Projekt mitgearbeitet.«
»Ein anderer an diesem Projekt beteiligter Forscher, Dr.
Dean Radin, hat mit Freiwilligen eine Reihe von Experimenten durchgeführt. Er hat sie an einen Lügendetektor angeschlossen, den elektrischen Hautwiderstand gemessen und ihnen auf einem Monitor eine Reihe von Bildern gezeigt. Eine Zufallsauswahl von erschreckenden und beruhigenden Fotos. Die Fotos mit gewalttätigen oder pornografischen Inhalten lösten beim Lügendetektor eine stärkere Reaktion aus, sozusagen ein elektronisches Zusammenzucken . Nach ein paar Minuten zuckten die Versuchsteilnehmer bereits zusammen, noch ehe eines der Horrorfotos auf dem Bildschirm erschien, und zwar bis zu drei Sekunden im Voraus. Dieses Versuchsergebnis wurde mehrfach bestätigt. Andere Wissenschaftler, darunter auch
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