Sigma Force 06 - Das Flammenzeichen
kündigte weitere Regenfälle an. Sie mussten sich beeilen.
Gray näherte sich Lyle. »Du hast gemeint, Pater Giovanni habe hier die meiste Zeit verbracht. Weißt du, was er hier getan hat? Hat er für eine bestimmte Stelle besonderes Interesse gezeigt?«
Lyle hob die Schultern. »Der ist in den Ruinen rumgeklettert. Hat meistens gemessen.«
»Gemessen?«
Der Junge nickte. »Er hatte Maßbänder dabei, oder wie man
die nennt.« Er breitete die Arme aus und verdrehte die Augen. »Außerdem kleine Fernrohre, um die Höhe von so Sachen zu bestimmen und was weiß ich sonst noch.«
»Vermessungsausrüstung«, überlegte Gray laut. »Hat er einen bestimmten Ort für seine Messungen bevorzugt?«
»Aye. Die Kreuze und die Trümmerhaufen da drüben.«
Wallace trat neben Lyle. »Ich glaube, du meinst die alten Ruinen, nicht wahr, mein Junge?«
»Stimmt, Sir.«
»Kannst du uns die zeigen?«
»Klar kann ich das.« Und schon stapfte er los.
Im Pulk querten sie den Friedhof. Lyle zeigte im Vorbeigehen auf ein Keltenkreuz. Vor dem größten Kreuz hielt er an. Es ragte aus einem kleinen Erdhügel hervor.
»Das ist das Grab von Lord Newborough«, sagte Lyle. »Er war einer der berühmtesten Adligen von Bardsey und ein großer Wohltäter der Kirche.«
Gray schaute nach oben. Pater Giovanni hatte bestimmt gewusst, dass das Keltenkreuz eine Abwandlung des älteren Druidenkreuzes war, das wiederum von den ersten Siedlern auf den Britischen Inseln herrührte, die das Zeichen in ihre Menhire eingeritzt hatten. Ein Zeichen, das eine Verbindung zwischen allen drei Kulturen herstellte und eine Brücke von der Vergangenheit in die Gegenwart schlug.
Hatte der Schlüssel eine ähnliche Entwicklung durchgemacht
? Von den Neolithkulturen über die Kelten zu den Christen ?
Wallace ließ den Blick über den Friedhof schweifen. »Pater Giovanni hat sämtliche Kreuze vermessen?«
»Ja, das hat er.«
»Und auch die Ruinen?«
»Die sind da drüben.« Lyle machte einen Bogen um die Überreste des Glockenturms und stapfte über eine Grasfläche. Er trat gegen den Boden, als suchte er etwas. »Pater Giovanni hat alle alten Hüttenkreise untersucht. Die meisten liegen auf dieser Seite der Insel.«
Wallace schloss zu Gray auf. »Kein Wunder, dass die Mönche die Abtei hier erbaut haben. Die frühen Christen haben häufig an heiligen Orten gebaut. Haben sozusagen die Zeugnisse des alten Glaubens überschrieben. Einerseits, um sie loszuwerden, aber auch, um den Bekehrten den Übergang zu erleichtern.«
»Hier!«, rief Lyle ein paar Schritte zur Rechten. »Ich glaube, hier ist es !«
Gray ging mit Wallace hinüber. Der Junge stand mitten in einem Kreis von Steinblöcken, die halb im Erdreich verborgen waren. Gray ging an der Außenseite entlang.
Wallace kratzte sich am Kinn. »Bist du sicher, dass dies der richtige Hüttenkreis ist? Der, für den sich unser Freund besonders interessiert hat?«
Lyle wirkte auf einmal verunsichert.
Gray blieb vor einem der Steine stehen. Er kniete nieder und teilte das Gras. Auf einmal wusste er, dass sie hier richtig waren.
In die unebene Oberfläche war ein Zeichen eingemeißelt.
Eine Spirale.
Gray schaute sich um. Er sah zweimal auf den Kompass. In östlicher Richtung, dort, wo die Sonne aufging, stand Lord Newboroughs Grabkreuz, ein großes Keltenkreuz, dessen Wurzeln zu den gleichen Künstlern zurückreichten, welche die Spirale in den Stein zu Grays Füßen gemeißelt hatten.
»Das ist es«, murmelte er.
»Was haben Sie gesagt?«, fragte Wallace, der ihn nicht verstanden hatte.
Gray blickte noch immer zu dem Kreuz hinüber. Er benötigte keine Messinstrumente, wenngleich er vielleicht länger gebraucht hätte, wenn Lyle ihm nicht von den akribischen Untersuchungen des Priesters berichtet hätte.
»Ich weiß, wo Pater Giovanni gesucht hat«, sagte Gray.
Rachel kam näher. »Wo denn?«
»Zwischen der Spirale und dem Kreuz«, meinte Gray und zeigte auf Lord Newboroughs Grab. »Genau wie bei dem Steinkreis, den Sie ausgegraben haben, Wallace. Kreuze auf der einen Seite, eine Spirale auf der anderen.«
»Genau wie bei dem Lederbeutel«, sagte Rachel.
Gray nickte. »Marco musste ohne diesen Hinweis auskommen. Er musste alles anhand der Erkenntnisse, die bei der Ausgrabung gewonnen wurden, selbst herausfinden. Aber schließlich hat es ihm doch gedämmert. Vielleicht ist das ganz wörtlich zu verstehen. Pfarrer Rye hat gesagt, Marco sei vergangenen Juni ganz aufgeregt gewesen, also zur Zeit der
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