Sigma Force 06 - Das Flammenzeichen
Sommersonnenwende. Das ist der längste Tag im Jahr. Ein heiliger Tag für die Heiden, zumal für jene, welche die Sonne verehrt haben.«
Er zeigte auf das Kreuz und zog eine imaginäre Linie bis zu seinen Füßen. »Ich nehme an, es wären ein paar Berechnungen nötig, um zu beweisen, dass am Morgen des Sonnwendetags ein Schatten vom Kreuz auf diese Stelle hier trifft. Marco hat das vermutlich überprüft.«
»Und das hat ihn zu der Entdeckung geführt?«, setzte Wallace nach.
»Vielleicht. Ich kann die Verbindungsstrecke abschreiten, doch ich glaube, das ist nicht nötig. Sehen Sie mal, was sich genau in der Mitte zwischen Kreuz und Spirale befindet.«
Gray deutete auf den Steinhaufen.
»Der Turm von Saint Mary’s«, sagte Wallace, dann wandte er sich zu Gray um. »Glauben Sie, Marcos Entdeckung könnte sich unter den Überresten des Turms befinden?«
»Sie haben es selbst gesagt. Die Kirche hat ihre Sakralbauten an älteren heiligen Orten errichtet. Die Insel ist von Höhlen durchsetzt. Von Höhlen, welche die Druiden als heilig betrachteten. Und der Mythos, wonach in einer dieser Höhlen eine in Merlin personifizierte magische Kraft verborgen sei, ist bis heute lebendig geblieben. Was wäre, wenn man bislang in der falschen Höhle gesucht hat?«
Wallace senkte die Stimme. »Dann befände sich das Geheimnis demnach nicht in der Einsiedlerhöhle, sondern unter der Abtei.«
»Wie wär’s, wenn wir mal nachsehen würden?«, fragte Rachel leichthin.
»Der verstorbene Priester hat hier bestimmt nicht den Boden durchwühlt«, meinte Kowalski.
Beide hatten recht. Bei der Turmruine fanden sich keine Anzeichen von Ausgrabungstätigkeit.
»Es muss noch einen anderen Weg in die Tiefe geben«, sagte Gray und wandte sich an seine beste Informationsquelle. »Lyle, gibt es hier in der Nähe noch andere Gänge oder Höhlen?«
»Aye. Eine Menge Höhlen. Aber nicht in der Nähe.«
Sie hätten Monate gebraucht, um sie alle zu untersuchen. Gray blickte Rachel an. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Sie hatten keine Monate mehr Zeit.
»Aber ich kann Ihnen zeigen, was ich Pater Giovanni gezeigt
habe!«, erklärte Lyle lebhaft. »Es ist zwar keine richtige Höhle, aber fast genauso gut.«
»Was ist es?«, fragte Gray.
»Kommen Sie. Ich spiele dort oft mit meinen Freunden.« Lyle jagte los. Sie mussten rennen, um mit ihm Schritt zu halten.
»Wir haben doch keine Eile«, brummte Kowalski.
»Sie vielleicht nicht, andere schon«, entgegnete Rachel.
Lyle führte sie wieder um den Turm herum. Diesmal wandten sie sich in die entgegengesetzte Richtung wie beim ersten Mal. Lyle beschrieb einen fast vollständigen Kreis, dann blieb er nicht weit von den Keltenkreuzen stehen. Er zeigte auf ein von Steinen eingerahmtes quadratisches Loch im Boden.
»Was ist das?«, fragte Wallace.
Gray kniete nieder und blickte in die Tiefe. Die Seitenwände waren aus Ziegelsteinen gemauert. Am Boden war eine dunkle Wandnische zu erkennen.
»Wie ich schon sagte«, meinte Lyle, »es ist keine Höhle.«
Gray holte die Taschenlampe hervor. »Das ist eine Krypta.«
»Aye. Lord Newboroughs Grab. Jedenfalls glaub ich das.«
»Das müssen wir uns ansehen«, meinte Gray.
Kowalski wich zwei Schritte zurück und schüttelte den Kopf. »Nein, lieber nicht. Jedes Mal, wenn Sie in ein Erdloch klettern, passiert was Schlimmes.«
20
13. Oktober, 12:41 Svalbard, Norwegen
MONK BEDANKTE SICH im Stillen bei den Ingenieuren, welche die beheizten Handgriffe für Schneemobile entwickelt hatten. Während der Polarsturm über den Inselarchipel hinwegfegte, sank die Temperatur immer weiter. Obwohl er mit Schneeanzug, Helm, Handschuhen und mehreren Lagen Thermounterwäsche ausgerüstet war, wusste Monk die Errungenschaften moderner Schneemobiltechnologie durchaus zu schätzen.
Zusammen mit Creed wartete er in einem verschneiten Tal unterhalb des Eingangs zur Globalen Saatgutbank. In zweihundert Metern Entfernung ragte der rechteckige Betonbunker aus der Flanke des Plataberget hervor. Dies war der einzige Hinweis auf das große unterirdische Samenlager.
Abgesehen natürlich vom patrouillierenden norwegischen Militär.
Der Helmfunk übertrug Creeds Stimme. »Wir haben Gesellschaft bekommen.«
Monk drehte sich auf dem Sitz um. Ein Zweimann-Sno-Cat kam hinter einer vereisten Böschung hervorgeprescht. Die beiden Raupen zeichneten eine markante Fährte in den Schnee und das Eis.
Die letzte Stunde über hatten sie sich mit den vorgelagerten
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