Sigma Force 06 - Das Flammenzeichen
Gray ließ sich neben dem Kreuz auf den Hintern plumpsen.
Kowalski näherte sich mit eingeschalteter Taschenlampe. »Wenn Sie hier genug herumgespielt haben …«
Rachel funkelte ihn zornig an.
»Ich wollte Ihnen nur sagen, dass der Sturm zunimmt. Lyle meint, wenn wir von dieser verfluchten Insel runterwollen, sollten wir uns besser beeilen.«
Ehe jemand etwas erwidern konnte, löste sich ein weiteres Deckenstück und krachte mit der Wucht einer Bombe auf den
Boden. Wasser und Ziegelsteine prasselten herab. Die Decke stürzte ein, und die Turmruine drohte sie zu begraben.
»Raus hier!«, brüllte Gray.
Alle sprangen auf und rannten zum Ausgang. Es krachte laut, der ganze Boden erbebte. Er rüttelte und schwankte, als wäre der uralte Mechanismus kaputt gegangen.
Rachel verlor das Gleichgewicht und taumelte seitlich, doch Gray fasste sie um die Hüfte und zog sie mit sich auf den Tunnel zu. Sie warfen sich in dem Moment hinein, als der Hohlraum einstürzte.
Ein letzter Blick zurück ergab, dass der Boden gekippt war und eine Sturzflut aus Ziegelsteinen und Regenwasser darauf niederging. Dann konnten sie nichts mehr erkennen. Im nächsten Moment erbebte der Boden, und sie rannten um ihr Leben. Eine Staubwolke schoss durch den Gang und hüllte sie ein.
Hustend erreichten sie den Ausgang und kletterten einer nach dem anderen in den tobenden Sturm hinaus. Der verdutzte Lyle reichte ihnen Regenschirme.
Rachel nahm einen, doch sie öffnete ihn nicht, sondern blickte in die Wolken empor und badete ihr Gesicht im Regen.
Wir haben es geschafft.
13:42
GRAY SAH ZUR Turmruine hinüber. Übrig geblieben war nurmehr ein Haufen Geröll, der halb in den Boden eingesunken war. Drum herum sammelte sich Regenwasser.
Die Höhle gab es nicht mehr.
Der Motor des Traktors sprang an. Der Wind heulte – während sie die Höhle erkundet hatten, hatte er zugenommen. Die von der Irischen See herkommenden Böen peitschten den Regen
fast waagerecht über die Insel. Die Blitze wirkten gedämpft, als wären sie eingeschüchtert von der Gewalt des Sturms.
Sie kletterten auf den Anhänger, um über den Hügel zum Hafen zurückzufahren. Lyle zog die Schultern hoch und legte den Gang ein. Schwankend setzte der Anhänger sich in Bewegung.
So gut es ging, versuchten sie, sich vor dem Wind und dem Regen zu schützen.
Wallace blickte sich zu den Ruinen der Abtei Saint Mary’s um. »Erste Regel der Archäologie«, sagte er mit einem vorwurfsvollen Blick auf Gray. »Auf keinen Fall irgendetwas beschädigen. «
Gray konnte ihm den Tadel nicht verdenken. Er hatte leichtfertig gehandelt, ohne die möglichen Gefahren in Betracht zu ziehen. Die Erkenntnis, dass das Kreuz aus vorchristlicher Zeit stammte und dass das Kreiselement sich drehen ließ, hatte ihn unvorsichtig werden lassen. Pater Giovanni war anders vorgegangen ; er hatte alle möglichen Berechnungen angestellt und war das Rätsel systematisch und mit Bedacht angegangen.
Andererseits war der Priester ein ausgebildeter Archäologe gewesen. Und ihm war es nicht um das Leben einer Frau gegangen.
Jetzt blieben ihnen noch zwei Tage, um das Rätsel zu lösen. Gray hatte nicht die Absicht, sich dafür zu entschuldigen, dass er die Nachforschungen vorantrieb, Risiken einging und die Vorsicht vernachlässigte, um schnelle Ergebnisse zu erzielen.
Wenn er jedoch an Pater Giovannis akribische Notizen und Berechnungen dachte, konnte er sich des Gefühls nicht erwehren, dass er etwas übersehen hatte. Doch je mehr er sich den Kopf zerbrach, desto mehr entzog es sich ihm.
Wallace schüttelte den Kopf. »Stellen Sie sich die Entdeckungen vor, die wir gemacht hätten, wenn wir uns länger mit dem Kreuz beschäftigt hätten …«
Er klang verstimmt. Der sonst so umgängliche Archäologe war erschöpft, geschockt und auch enttäuscht. Durch einen kleinen Fehler hatten sie ein bebildertes Werk von unschätzbarem Wert zerstört und würden niemals herausfinden, welche Geheimnisse das Kreuz geborgen hatte.
»Und wenn der Schlüssel sich noch dort unten befindet?«, fragte Wallace spitz.
»Das glauben Sie doch selbst nicht«, zischte Gray. »Und ich auch nicht.« Er hatte nicht so scharf klingen wollen, doch auch er war müde.
»Was macht Sie da so sicher?«, fragte Wallace.
»Der Umstand, dass Pater Giovanni weitergezogen ist. Er hat seine Suche fortgesetzt. Ich glaube, er hat das Geheimnis des Kreuzes gelüftet, eine leere Kammer vorgefunden, in der früher mal der Schlüssel aufbewahrt worden
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