Sigma Force 06 - Das Flammenzeichen
Bar-sur-Aube gefolgt war, nachdem sie Kowalski dort abgesetzt hatte. Sie hatte den Wagen auf einem Rastplatz stehen gelassen und war in den Wald marschiert.
Wer war hinter ihr her?
Sie wartete. Hörte wieder das Rascheln. Sie prägte sich die Stelle ein. Dann drehte sie sich einmal um die eigene Achse und musterte rasch die Umgebung. Ein Mann mit Tarnkleidung und Gewehr schlich sich an sie an, offenbar verfügte er über eine militärische Ausbildung. Noch ehe Seichan die Drehung abgeschlossen hatte, ruckte ihr Arm nach vorn. Ein Dolch löste sich aus ihren Fingern. Er durchteilte das Laubwerk und bohrte sich ins linke Auge des Mannes.
Mit einem Aufschrei kippte er nach hinten.
Seichan schnellte vor und hatte ihn nach vier Schritten erreicht. Sie rammte die Handfläche auf das Heft des Dolchs und trieb ihm die Klinge tief ins Hirn.
Blitzschnell packte sie sein Gewehr und rannte weiter hangaufwärts.
Nahe dem Hügelkamm lag ein Findling. Bei dem Rundumblick hatte sie sich das Terrain eingeprägt. Als sie die Deckung erreicht hatte, warf sie sich auf den Bauch. Sie landete in Schusshaltung, das Ziel bereits im Blick.
Ein Querschläger prallte dicht an ihrem Kopf vom Felsen ab.
Sie hatte keinen Schuss gehört, doch die Kugel hatte einen Kiefernzweig gestreift. Nadeln fielen zu Boden. Sie blickte durchs Zielfernrohr, berechnete die Schussbahn und machte im durchbrochenen Sonnenschein einen Schatten aus, der sich bewegte. Dann drückte sie ab.
Der Schuss war nicht lauter als ein Fingerschnippen.
Jemand brach zusammen. Kein Schrei. Ein sauberer Treffer.
Seichan setzte sich wieder in Bewegung.
Es musste noch einen dritten Mann geben.
Sie rannte am Hügelkamm entlang und versuchte, die Position des dritten Angreifers zu berechnen. Sie befand sich höher als er.
Hätte sie in dieser Gegend einen Hinterhalt gelegt, hätte sie nicht lange überlegen müssen. Ein Stück weiter hatte ein Blitz eine alte Eiche getroffen und den Baumstamm ausgehöhlt. Wäre sie noch dreißig Meter weitergegangen, wäre sie ins Schussfeld geraten. Als die anderen beiden Angreifer gemerkt hatten, dass ihre Beute im Begriff war, in die Falle zu tappen, waren sie vorschnell aus der Deckung gekommen und hatten sich unnötigerweise verraten.
Magnussen hatte sie bestimmt vorgewarnt, dass sie es mit einer hochgefährlichen Person zu tun hatten.
Allerdings waren diese Männer Söldner mit einem entsprechenden Ego.
Sie war nur eine Frau.
Seichan näherte sich dem Baum von oben. Sie erreichte ihn, ohne dass ein Blatt geraschelt oder ein Zweig geknackt hätte.
Sie näherte die Gewehrmündung bis auf zwei Zentimeter der alten Eiche und drückte ab. Mit einem Aufschrei kippte auf der anderen Seite ein Mann aus der Höhlung. Seichan warf sich mit gezücktem Dolch auf ihn.
Er war stämmig, roch nach ranzigem Fett und hatte einen schwarzen Stoppelbart. Er fluchte auf Arabisch, mit ausgeprägtem marokkanischem Akzent. Sie hielt ihm den Dolch an den Hals, jedoch nicht in der Absicht, ihn auszufragen und herauszufinden, weshalb die Männer den Hinterhalt gelegt hatten und wer ihr Auftraggeber war.
Stattdessen zog sie die Klinge unterhalb des Kehlkopfs über den Hals und beförderte den Mann mit einem Tritt auf den
Bauch. Eine lautlose Art des Tötens. Es gab keinen Grund, ihn zu verhören. Sie kannte die Antwort auf ihre Fragen bereits.
Etwas hatte sich verändert. Magnussen hatte einen Tötungsbefehl ausgegeben. Als Erstes hatte man versucht, sie im Wald abzuschießen, weil sie hier allein war.
Sie dachte an Gray und die anderen. Plötzlich rannte sie Richtung Parkplatz los. Das Team war völlig ahnungslos.
Sie holte das Handy aus der Tasche und klappte es auf. Sie tippte die Nummer ein, die sie sich eingeprägt hatte.
Als abgenommen wurde, machte sie ihrer Wut Luft. »Ihre Operation ist gescheitert , damit Sie’s nur wissen!«
13:20
RACHEL STAND MIT Wallace im Garten des in der Ortsmitte von Bar-sur-Aube gelegenen Hotels. Sie sah auf die Uhr. Kowalski und Seichan hätten längst da sein müssen.
Sie blickte zur Straße. Sie hatten verabredet, gemeinsam zu Mittag zu essen und noch einmal den Plan durchzugehen. Sie hatten hier auch Zimmer genommen. Das Hotel war in einer ansprechend umgebauten Wassermühle aus dem sechzehnten Jahrhundert untergebracht. Der Bach floss noch immer durch den Garten und drehte ein altes Wasserrad aus Holz.
Eigentlich hätte sie sich von der Umgebung verzaubern lassen sollen, doch sie fühlte sich krank. Sie
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