Sigma Force 06 - Das Flammenzeichen
Generalsekretär
ausgebootet und den Gipfel nach Oslo gebracht, hauptsächlich wegen einer für den letzten Konferenztag anberaumten Exkursion, die ausschließlich den hohen Tieren der Organisation vorbehalten war.
»Als Generalsekretär des Club of Rome«, fuhr Antonio mit Nachdruck fort, »halte ich es für angebracht, die VIPs nach Spitzbergen zu begleiten.«
»Das verstehe ich, doch ich fürchte, es wird nicht möglich sein, Antonio. Sie wissen, wie empfindlich das Umweltgefüge dort ist. Wenn’s nach mir ginge, würde ich Sie natürlich gerne mitnehmen, doch die norwegische Regierung hat die Zahl der Besucher für Svalbard nun mal beschränkt.«
»Aber . . .« Während Antonio verzweifelt nach Argumenten suchte, funkelten seine Augen begehrlich.
Ivar ließ ihn schmoren. Es würde Viatus ein kleines Vermögen kosten, die Elite der Konferenzteilnehmer mit Firmenjets auf die abgelegene Insel im Arktischen Ozean fliegen zu lassen. Das Ziel der Reise war die globale Saatgutbank von Svalbard. In der großen Bunkeranlage wurden Samen aus aller Welt eingelagert und konserviert, vor allem aber Saatgut. Tief im unwirtlichen Frostboden vergraben, war sie vor Naturkatastrophen und anderen globalen Krisen gut geschützt. Sollte es irgendwann einmal zu einem zerstörerischen Großereignis kommen, würden die tiefgekühlten Samen der zukünftigen Menschheit erhalten bleiben.
Aus diesem Grund hatte man Svalbard den Spitznamen »Doomsday Vault« gegeben – »Gruft des Jüngsten Tags«.
»Aber … ich glaube, die leitenden Persönlichkeiten des Club of Rome sollten Einigkeit demonstrieren«, fuhr Antonio fort. »Die Nahrungsmittelversorgung ist von lebenswichtiger Bedeutung. «
Ivar musste sich beherrschen, um nicht die Augen zu verdrehen. Er wusste genau, dass Antonios Wunsch, an der Exkursion
teilzunehmen, weniger mit der Nahrungsmittelversorgung zu tun hatte, sondern vor allem mit seinem brennenden Ehrgeiz, mit der künftigen Führungselite der Welt auf Tuchfühlung zu gehen.
»Was die Nahrungsmittelversorgung angeht, haben Sie vollkommen recht«, räumte Ivar ein. »Dieses Thema wird im Mittelpunkt meiner Grundsatzrede stehen.«
Ivar wollte mit seiner Rede die Ressourcen des Club of Rome in eine neue Richtung lenken. Die Zeit zum Handeln war gekommen. Antonios düstere Miene war ihm jedoch nicht entgangen. Sein Tonfall war nicht mehr schmeichelnd, sondern zornig.
»Wo Sie gerade Ihre Rede erwähnen«, sagte Antonio verbittert, »ich habe einen Vorabdruck erhalten und ihn auch schon gelesen.«
Ivar blieb stehen und wandte sich Antonio zu. »Sie haben meinen Redetext gelesen?« Er hatte das Manuskript noch nicht veröffentlicht. »Woher haben Sie den?«
Antonio winkte ab. »Das tut nichts zur Sache. Worauf es ankommt, ist der Fakt, dass Sie nach einer solchen Ansprache kein Recht mehr haben werden, sich als Vertreter des Club of Rome zu betrachten. Ich habe die Angelegenheit bereits mit Kopräsident Boutha besprochen. Er ist einer Meinung mit mir. Eine Warnung vor einem unmittelbar drohenden weltweiten Zusammenbruch ist derzeit nicht opportun. Das wäre … unverantwortlich. «
Das Blut schoss Ivar in die Wangen und vertrieb die Kälte. »Wann wäre denn der richtige Zeitpunkt dafür?«, fragte er mit mahlendem Kiefer. »Vielleicht dann, wenn das Chaos ausgebrochen ist und neunzig Prozent der Weltbevölkerung tot sind?«
Antonio schüttelte den Kopf. »Genau das meine ich. Sie lassen den Club wie eine Versammlung von verrückten Untergangspropheten aussehen. Das können wir nicht dulden.«
»Dulden? Meine Rede beruht auf dem Bericht, den der Club of Rome selbst veröffentlicht hat.«
»Ja, ich weiß. Die Grenzen des Wachstums . Daraus zitieren Sie ja ausgiebig. Aber der Bericht wurde 1972 veröffentlicht.«
»Heute ist er aktueller denn je. Der Bericht schildert sehr detailliert den Zusammenbruch, auf den die Welt derzeit zusteuert. «
Ivar hatte Die Grenzen des Wachstums aufmerksam gelesen und die aufgeführten Diagramme und Daten studiert. Die Schlussfolgerungen des Berichts beruhten auf der Annahme eines exponentiellen Bevölkerungswachstums bei gleichzeitiger linearer Zunahme der Nahrungsmittelproduktion. Irgendwann würde sich die Weltbevölkerung demnach nicht mehr ernähren können. Auf diesen Punkt steuerte die Menschheit zu wie eine Lokomotive in voller Fahrt auf den letzten Prellbock. Dann würde das Chaos ausbrechen. Die Menschen würden hungern, Kriege brächen aus, und die Auslöschung der
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