Sigma Force 06 - Das Flammenzeichen
sie gehalten hatte. Industriespionage war weit verbreitet, doch er hätte nie vermutet, dass eine solch junge, herausragende Frau etwas damit zu tun haben könnte. Sie arbeitete für ein geheimes, weit verzweigtes Netzwerk. Das Netzwerk offerierte Söldnerdienste gegen eine Beteiligung an zukünftigen Gewinnen. Im vergangenen Jahr hatte das Netzwerk seinen unschätzbaren Wert für die Verwirklichung seiner Pläne bewiesen und sie sogar schneller vorangetrieben als geplant.
Krista hatte sich persönlich des heiklen und unglückseligen
Problems angenommen, das der Sohn des Senators dargestellt hatte.
Sie näherte sich Ivar und umarmte ihn, hauchte ihm einen züchtigen Kuss auf die Wange. Ihre Lippen waren noch ganz kalt.
»Es tut mir auch leid, dass ich dich zu dieser späten Stunde so plötzlich herbestellen musste.«
»Wenn es wichtig ist . . .«
»Das ist es.« Krista schüttelte Schnee und Wassertropfen von ihrem Mantel ab. »Ich habe soeben erfahren, dass die Zielpersonen in Rom überlebt haben.«
»Sie leben noch? Du hast doch gesagt, sie wären tot.«
»Wir haben sie unterschätzt«, meinte Krista und zuckte die Achseln. Sie verzichtete auf Rechtfertigungen und machte keine Anstalten, ihr Versagen zu beschönigen oder sich der Verantwortung zu entziehen. Ivar wusste ihre Offenheit zu schätzen.
»Sind sie noch immer im Besitz des Artefakts?«
»Ja.«
»Woher weißt du das alles?«, fragte er.
Auch Kristas Lächeln war kalt. »Offenbar wurde man auf unsere Aktion aufmerksam – einflussreiche Leute. Nach den Vorfällen in Rom hat man Kontakt mit uns aufgenommen und eine Zusammenarbeit angeboten. Jetzt verfügen wir über einen Insider.«
»Sind diese Leute verlässlich?«
»Solche Dinge sind für mich keine Frage des Vertrauens, Ivar. Unsere Organisation wird ihnen dicht auf den Fersen bleiben und ihnen Feuer unter dem Hintern machen.«
»Das verstehe ich nicht. Wenn es einen Insider gibt, weshalb lässt du ihn das Artefakt nicht entweder entwenden oder vernichten? «
»Das wäre vielleicht unklug.« Ihre in der Dunkelheit funkelnden Augen machten ihn ganz benommen.
»Wie meinst du das?«
»Pater Giovanni hat dich verraten. Er hat dein Geld genommen und damit seine Forschungen finanziert. Als er das Artefakt fand, hat er es gestohlen und ist damit geflohen.«
Ivar krampfte die Finger um die Münze. Der Priester hat für sein Verbrechen gebüßt. Kurz nachdem er in Kristas Verbindungen eingeweiht worden war, hatte Ivar ihr Henrik Meyers blutige Geschichte erzählt, als Lektion und Warnung. Sie aber hatte sich die Geschichte zu Herzen genommen und vorgeschlagen, die Opfer zu verstümmeln, um die Taten zu verschleiern und die Spur auf Ökoterroristen zu lenken. Ivar bereitete diese Bestrafung eine gewisse Genugtuung, denn sie war ein Rückgriff auf alte Zeiten, als man Verbrecher noch gebrandmarkt hatte.
Krista fuhr fort: »Jetzt, da wir das Artefakt jederzeit in unseren Besitz bringen können, sollten wir uns auf die Suche nach dem letzten fehlenden Puzzlestück konzentrieren. Auf das, wonach Giovanni gesucht hat.«
Auf einmal war Ivar wieder ganz Ohr. Er vermochte seine Begehrlichkeit nicht zu verhehlen. »Auf den Schlüssel des Jüngsten Gerichts.«
Der Schlüssel würde nicht nur die Verwirklichung seines Plans sicherstellen, sondern auch Geschichte schreiben. Mit seiner Hilfe ließe sich ein Geheimnis enträtseln, das Jahrtausende zurückreichte.
Krista erläuterte ihren Plan. »Die derzeitigen Besitzer des Artefakts haben sich in der Vergangenheit als ausgesprochen erfinderisch erwiesen. Es ist ihnen durchaus zuzutrauen, dass ihnen gelingen wird, woran Pater Giovanni gescheitert ist.«
Ivar zügelte sein Verlangen und besann sich auf seinen Sinn fürs Praktische. »Bist du sicher, dass diese Aufgabe dich nicht überfordern wird?«
»Mich bestimmt nicht.« Diesmal war Kristas Lächeln warm
und zuversichtlich. »Wie ich dir schon zu Anfang versichert habe, verfügst du über die volle Unterstützung der Gilde.«
Sie trat dicht vor ihn hin. »Wir werden dich nicht enttäuschen. Ich werde dich nicht enttäuschen.«
Sie schmiegte sich an ihn und küsste ihn erneut. Diesmal nicht züchtig, sondern auf die Lippen. Ihr kaltes, feuchtes Haar kitzelte ihn am Hals und ließ ihn erschauern, doch ihre Lippen, ihr Mund und ihre Zunge brannten wie flüssiges Feuer.
Ivar dachte nicht mehr an die Münze in seiner Tasche, sondern fasste ihr ins Kreuz und drückte sie fester an sich. Er war sich
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