Signum - Die verratenen Adler
Lager der Hilfstruppen auf. Ein paar Reiter erschienen und trabten auf die StraÃe, die den Fluss säumte. Kundschaft, dachte Fastrada. Vergiss nicht, warum du eigentlich hier bist.
17
Caius zwang sich, nicht hinter sich zu blicken, während er mit Lucius, der ihm offenbar etwas mitteilen wollte, das Lager betrat. Er spürte einen köchelnden Unmut über seinen Freund, der mal wieder genau zum falschen Zeitpunkt erschienen war. Gleichzeitig war er sich bewusst, dass diese Regung höchst ungerecht war. Kurz überlegte er, ob er Lucius von seiner Begegnung erzählen sollte, aber etwas in ihm sträubte sich dagegen. Lucius würde natürlich darauf bestehen, dass sie unverzüglich zum Markt zurückgingen. Er würde sich aufführen wie ein Gockel und die junge Germanin mit seiner dreisten und angeberischen Art vor den Kopf stoÃen. Caius sah seinen Freund schon vor sich: das breite Grinsen, die prahlerische Pose, die Gesten, mit denen er tat, als gehörte ihm die ganze Welt. Dazu die Sprüche, dutzendmal erfolgreich erprobt auf den Plätzen von Rom. Jungen wie Lucius kamen an, weil sie das noch durch keine Etikette gezügelte maÃlose Selbstbewusstsein der nachwachsenden römischen Oberschicht versprühten, das eine gute Partie verhieÃ, sofernman sich als Mädchen der Illusion hingab, nicht Opfer, sondern Auserwählte zu sein. Caius hatte dieses Spiel selbst oft genug miterlebt. Dieses germanische Mädchen aber, von dem er noch nicht einmal den Namen kannte, erschien ihm doppelt ungeeignet, dem unaufrichtigen Gebalze seines Freundes ausgesetzt zu werden: Sie war zu kostbar, um es sich mit ihr zu verderben, indem man sie vor den Kopf stieÃ. Und sie war zu selbstbewusst, als dass sie es sich gefallen lassen würde. Wenn ich Lucius das Feld überlasse, dann sehe ich sie nicht wieder, dachte Caius.
Sie gingen ein paar Schritte auf der LagerstraÃe, und während Lucius ein wichtiges Gesicht aufsetzte, beschloss Caius, seine neue Bekanntschaft zunächst für sich zu behalten. Er kam sich dabei unehrlich vor und bekämpfte diese Empfindung, indem er sich einredete, es sei ja nichts Erzählenswertes passiert. Er hatte sich auf dem Markt umgesehen und ein paar Worte mit einer Bauerntochter gewechselt. Mehr nicht. Doch es blieb das ungute Gefühl, Geheimnisse vor seinem Freund zu haben, zumal er nichts lieber getan hätte, als sofort wieder umzukehren zu diesem faszinierenden Mädchen.
Lucius riss ihn aus seinen Gedanken. »Wovon träumst du?«, fragte er vorwurfsvoll und hieb Caius den Ellenbogen in die Seite. »WeiÃt du, wer mich eben geweckt hat?«
»Woher soll ich das wissen?«, erwiderte Caius.
»Einer der Sekretäre des Statthalters. Wir sind heute Abend in der Kommandantur eingeladen! Wie Silanus gesagt hat.«
Caius zog die Augenbrauen hoch. »Allein oder in groÃer Gesellschaft?«
»Soweit ich das verstanden habe, allein.«
Caius pfiff durch die Zähne. »Vielleicht kommen wir dem Rätsel des Statthalters einen Schritt näher.«
»Hör mal«, sagte Lucius etwas zögerlich. »Ich habe mir da was überlegt.«
»Und zwar?«
»Von Varus werden wir so nichts erfahren. Oder meinst du, er macht bei einem Becher Wein und ein paar Austern plötzlich eine Kiste auf und fragt uns, ob wir mal einen Blick auf das gröÃte Geheimnis des Imperiums werfen wollen?«
»Das sicher nicht«, murmelte Caius.
»Eben. Er wird uns nur ein paar unverbindliche Fragen stellen und wir werden ein paar unverbindliche Antworten geben. Von selbst wird er das Thema wohl kaum anschneiden.«
»Und du hast dir überlegt, wie wir das Problem lösen?«, fragte Caius.
»Genau.«
»Da bin ich aber neugierig.«
Lucius lächelte übertrieben listig und machte eine Pause, um die Spannung zu erhöhen. Die beiden waren auf halbem Weg zu ihrer Unterkunft auf der HauptstraÃe des Lagers stehen geblieben. Rechts von ihnen lagen die Werkstätten, in denen Hochbetrieb herrschte. Die typischen Arbeitsgeräusche von Schmieden und Zimmerleutenerfüllten die Luft: das abwechselnd helle und dumpfe Schlagen der Hämmer, das Schnauben der Blasebalge und das aufgeregte Ratschen der Sägen.
»Spuckâs aus!«, drängte Caius.
»Wir sagen ihm, dass wir den Brief gefunden haben, und erzählen alles, was wir wissen.«
Caius war entsetzt. »Du bist völlig
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