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Signum - Die verratenen Adler

Signum - Die verratenen Adler

Titel: Signum - Die verratenen Adler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Roemling
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angetrunkenen germanischen Söldnern gekommen, die im letzten Moment durch das Erscheinen eines stämmigen Centurios unterbunden werden konnte.
    Hinter dem Hauptlager war ein Exerzierplatz abgesteckt worden, auf dem zwei Kohorten der XIX. Legion mit Holzschwertern aufeinander einschlugen und Wurfspeere auf Strohpuppen schleuderten. Caius und Lucius bahnten sich ihren Weg durchs Gedränge und beobachteten das Treiben. Irgendwann kamen sie auch an dem Markt vorbei, der inzwischen auf mehr als hundert Verkaufsstände angeschwollen war. Aus den Augenwinkeln hielt Caius Ausschau nach dem Mädchen. Doch sie war nicht mehr da.
    Am späten Nachmittag begaben sich die beiden zurück in ihre Unterkunft im Hauptlager, um sich für ihren Besuch bei Varus umzuziehen. Bei einem Becher Wein gingen sie noch einmal den Brief durch, den sie bei dem ermordeten Boten gefunden hatten. Caius war nicht wohl in seiner Haut, und selbst Lucius, sonst die Unbekümmertheit in Person, wirkte nachdenklich und kaute an seiner Unterlippe herum.
    Â»Wir sollten so vorsichtig wie möglich vorgehen«, sagte er. »Wir müssen versuchen sein Vertrauen zu gewinnen, bevor wir das Thema anschneiden. Und das geht natürlich nur dann, wenn wir mit ihm allein sind.«
    Â»Was ist, wenn wir ihm einfach die Schatulle zurückgeben und so tun, als wüssten wir nichts von dem Geheimfach?«, fragte Caius vorsichtig.
    Â»Unsinn!«, rief Lucius. »Erstens: Woher sollen wir wissen, dass der Brief von ihm ist, wenn wir ihn nicht gelesen haben. Zweitens weiß er selbst vielleicht gar nichts von dem Geheimfach, und dann stehen wir da und müssen erklären, dass wir ihn angelogen haben. Außerdem können wir nicht mit der Schatulle in der Hand zu ihm reingehen, er würde sofort danach fragen.«
    Caius schwieg. Seine Idee war in der Tat ziemlich unsinnig, und er begriff, dass er sie nur geäußert hatte, weil etwas in ihm hoffte, der peinlichen Situation doch noch zu entgehen. Er ärgerte sich darüber, sich diese Blöße gegeben zu haben, und er dachte an die Worte seines Vaters. Manchmal musste man unbequeme Dinge aussprechen.
    Während Lucius wieder grübelte, versuchte Caius sich zu entspannen. Uns kann nichts passieren, dachte er. Im Gegenteil – ihre Sicherheit als Mitwisser seines Geheimnisses war für Varus von größter Bedeutung. Wenn ihnen etwas zustieß, würde es unangenehme Nachforschungen geben.
    Â»Wir sollten die Schatulle erst mal hierlassen«, sagte Caius schließlich.
    Lucius nickte langsam. Dann rollte er den Brief wieder ein, steckte ihn in die Lederhülle und schob diese in eine Satteltasche, die er hinter anderen Gepäckstücken unter seinem Bett verstaute.
    Sie saßen noch eine Weile am Tisch und redeten über dies und das. Schließlich erschienen zwei Liktoren des Statthalters in der Tür und meldeten, dass Varus bereit sei sie zu empfangen. Sie erhoben sich und traten ins Freie. Einem Instinkt folgend, ging Caius nach nebenan in die Unterkunft ihrer Begleiter und bat einen der Leibwächter, während ihrer Abwesenheit die Tür ihrer Herberge im Auge zu behalten. Dann machten sie sich auf den Weg durch die belebten Straßen des Lagers.
    Nachdem sie die Kommandantur, die im Zentrum der Anlage aus gekalktem Ziegelmauerwerk errichtet war, über einen bewachten Eingang betreten und einen Innenhof durchschritten hatten, stand Varus auf einmal wie aus dem Boden gewachsen vor ihnen in der Tür eines Besprechungszimmers und streckte ihnen beide Hände entgegen. Er trug eine weiße Tunika mit Goldborte und war augenscheinlich bei bester Laune. Die Liktoren, die die beiden Freunde in das Gebäude begleitet hatten, zogen sich zurück.
    Â»Da sind ja die beiden Abenteurer, von denen der ganze Stab spricht«, sagte Varus lächelnd und trat zur Seite, um sie einzulassen. Das fensterlose Zimmer war schlicht und nicht besonders groß. Brennende Fackeln steckten in Halterungen in den Wänden und warfen flackernde Schattenkreuz und quer durch den Raum. Drei einfache Klinen standen um einen Tisch gruppiert, darauf eine Karaffe und drei Becher. Nachdem der Statthalter eigenhändig die Tür geschlossen hatte, machte er es sich auf der größten der drei Liegen bequem, die mit purpurfarbenem Tuch bespannt war. Die beiden Freunde nahmen auf einen Wink von ihm ebenfalls Platz. Während Caius noch angestrengt überlegte, wie er

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