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Silber

Titel: Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Savile
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zu entdecken. Ich werde Sokol Bescheid sagen, dass er Sie morgen früh abholen soll. Wenn Sie auf etwas stoßen, das Sie nicht verstehen, oder das Sie noch einmal durchgehen wollen, können wir uns morgen darüber unterhalten. Was halten Sie davon?“
    Orla nahm die Aktenmappe vom Tisch und ließ sie sofort in ihrem Koffer verschwinden, als ob sie befürchtete, dass er es sich plötzlich anders überlegen könnte. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass jemand in einer vergleichbaren Position im MI5 ihr ein solches Angebot gemacht hätte. Vielleicht hatte sie sich in der Kröte getäuscht? „Das ist wirklich alles sehr zuvorkommend von Ihnen“, sagte sie. „Und damit meine ich die Akte und die Reservierung. Ich habe bisher tatsächlich noch keine Zeit gefunden, um darüber nachzudenken, wo ich heute Nacht schlafen soll, vielen Dank. Ein bisschen Wellness ist genau das, was der Doktor mir verschrieben hat.“
    „Aber ich bitte Sie. Sie haben einen langen Weg hinter sich gebracht, um das Rätsel um den Tod meines alten Freundes zu lösen. Das war das Mindeste, was ich für Sie tun konnte. Ich habe gehört, dass die Shiatsu-Massagen zum Sterben schön sind. Ich kann allerdings nicht aus Erfahrung sprechen; es ist schon sehr lange her, das ich jemandem erlaubt habe, mich zu berühren.“ Seine Augen bewegten sich unwillkürlich zu dem Modellauto auf dem Bücherregal.
    Sie konnte ihn verstehen.
    „Eine letzte Frage noch, wenn Sie gestatten“, sagte Gavrel Schnur und blickte zu ihr auf. „Bevor Sie gehen, wollen Sie mir vielleicht verraten, was an diesem Dorn in meinem Auge so spitz war, dass er Sie in meine Stadt geführt hat?“
    Er ist gut
, dachte sie. Er hatte mit seinem Zug bis zum letzten Moment gewartet, als sie bereits auf dem Weg zur Tür war. Er wollte sie in einem schwachen Moment erwischen. Sie erhob sich weiter und schob den Stuhl hinter sich zurück. Die Stuhlbeine scharrten über den Boden. Sie lächelte über das Geräusch; es war ein kleiner Akt der Rebellion, der ausdrücken sollte, dass nicht alles nach seinem Plan laufen würde. Gavrel Schnur wollte wissen, was sie wussten, so einfach war das. Er hatte ihr seine Karten gezeigt, und jetzt wollte er ihr Blatt sehen, um den Pokervergleich weiterzuführen. Sie wollte jedoch nicht alle ihre Karten auf den Tisch legen, noch nicht. Es hatte sich nichts verändert, seit sie die Höhle der Kröte betreten hatte. In dieser Welt waren Informationen nach wie vor die härteste Währung, so einfach war das. Vielleicht hatte er ihr gerade ein kleines Vermögen überlassen, vielleicht hatte er auch nur versucht, ihr ein paar gefälschte Akten unterzujubeln. Ohne die Dokumente gesehen zu haben, konnte Orla das nicht beurteilen. Natürlich drängte er
jetzt
auf eine Gegenleistung, um ihren Handel zu beschließen. Er wollte nicht warten. Eine Hand wäscht die andere.
    „Lassen Sie mich erst einen Blick auf das hier werfen.“ Orla klopfte auf ihren Koffer. Sie ließ ihre Stimme neutral und unbefangen klingen, sie achtete besonders darauf, dass sich keine Unsicherheit in ihren Tonfall schlich. Sie wollte die Kröte nicht beleidigen, aber sie wollte auch nicht alles verraten, was sie wusste.
    An der Tür drehte sie sich zu dem dicken Mann um und beschloss, mit der Hand auf der Klinke, seinen Wissenshunger mit einem kleinen Appetithappen anzuregen. „Wir glauben, dass der Mann, den Sie Mabus nennen, für dem Tod der dreizehn Menschen auf diesem Foto verantwortlich ist.“ Sie sagte nicht, wie sie gestorben waren, oder was an den Umständen ihres Todes die Aufmerksamkeit von Sir Charles geweckt hatte. Wenn Gavrel Schnur so gut war, wie sie vermutete, dann wusste er es ohnehin schon und brauchte nur noch eine Bestätigung dafür. Auch das war eine Art der Information in dieser heimlichen Welt der Täuschungen und Halbwahrheiten, der Schatten und der Bespitzelung. „Dieser Spur würden wir gerne weiter nachgehen. Vielleicht könnten wir unsere Notizen vergleichen, wenn wir uns morgen treffen?“
    „Das wäre mir ein großes Vergnügen, Miss Nyrén“, sagte die Kröte.

18
DAS WASSER SPÜLT IHRE SEELE HINFORT
    Orla bezog nicht die Junior Suite, die im Dan Tel Aviv für sie reserviert war.
    Irgendetwas an diesem Angebot hatte sie gestört. Sie konnte nicht genau sagen, woran es lag, doch sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass sich der MI6 oder die CIA so zuvorkommend und extravagant um Agenten aus anderen Ländern gekümmert hätten. Das genügte

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