Silber
über diesen so genannten Mabus wusste? Er war gut, aber war er tatsächlich
so
gut? War das wirklich möglich? Schnur hatte erzählt, dass selbst die rekrutierten Mitglieder der Schreie nur ein sehr begrenztes Wissen hatten. Sie kannten aus der gesamten Terrorzelle nur zwei weitere Menschen – den Mann, der sie rekrutiert hatte, und denjenigen, den sie selbst angeworben hatten. Schnur hatte das Bild von Salomon gesehen – nur Salomon, er hatte nicht einmal seinen Nachnamen genannt – und ihn sofort erkannt. Wenn er ihr nur die Informationen über Mabus und seinen Terrorkrieg gegeben hätte, wäre es ihr womöglich nicht aufgefallen; immerhin wussten sie nur zu gut, wozu Mabus fähig war. Sein Name war immer wieder aufgetaucht, aber sie hatten nie das Gesicht dazu gesehen. Wie die Kröte gesagt hatte: Er war wie ein Geist, das entsprach seiner Arbeitsweise. Niemand wusste, wer der Mann hinter diesem Decknamen war.
Sie schüttelte den Kopf über ihre eigene Dummheit. Sie hatte sich für ziemlich clever gehalten, als sie versucht hatte, die Kröte hinzuhalten. Sie war so sehr damit beschäftigt gewesen, nicht zu viel zu verraten, dass sie darüber vergessen hatte, ihm genau zuzuhören. Dass die Kröte Salomon als Mabus erkannt hatte, konnte nur bedeuten, dass er entweder der Mann unter oder über ihm in der Kette war. Es gab keine andere Möglichkeit, wie er ihn sonst hätte kennen können. Er hatte ihr gegenüber sogar zugegeben, dass er mit der Sache der Sikarier sympathisierte. Er hatte ihr detailliert ihre Glaubensgrundsätze dargelegt. Er hatte sogar einen silbernen Schekel zwischen sie auf den Tisch gelegt. Judas Iskariot war der Legende nach mit tyrischen Schekeln gekauft worden.
Ich bin so eine Idiotin!
Er war nicht nur so frei gewesen, ihr ein Zimmer zu reservieren, er wollte sie an einem Ort unterbringen, wo er sie finden konnte, wenn es erforderlich war. Ein Hotelzimmer war zwar deutlich komfortabler als eine durchschnittliche Gefängniszelle, aber im Prinzip wäre es auf dasselbe hinausgelaufen.
Orla beschloss, die Badewanne zu verlassen.
Als ihr Kopf sich aus dem Wasser hob, sah sie ein maskiertes Gesicht, das über sie gebeugt war. Lederhandschuhe schlossen sich um ihre Kehle und drückten sie wieder unter Wasser. Sie versuchte sich zu wehren, sie trat und schlug wild um sich und schluckte Wasser, als sie versuchte zu schreien. Nachdem ihre Bewegungen langsam schwächer wurden, zog der Mann sie wieder aus dem Wasser und schlug ihr mit der flachen Hand ins Gesicht, um sie zum Atmen zu bringen. Sie hustete eine Lunge voll Wasser aus. Ohne ein Wort zu sagen drückte er ihren Kopf wieder in die Wanne. Sie griff nach seinen Handgelenken und versuchte, seine Hände von ihrer Kehle zu lösen, aber er war zu stark. Wasser spritzte durch den Raum, als sie panisch mit den Beinen trat. Sie schlug mit den Händen flach auf das Wasser und versprühte kleine Schaumfontänen, dann rutschte sie der Länge nach die Wanne hinunter. Ihr Kopf stieß auf den emaillierten Boden.
Orla öffnete instinktiv den Mund, um nach Hilfe zu rufen und würgte wieder, als sich ihr Mund mit Seifenwasser füllte.
Sie rutschte hilflos mit den Händen über die Seiten der Wanne, verzweifelt suchte sie irgendetwas, woran sie sich festhalten konnte.
Der maskierte Mann zog sie wieder nach oben. Sie hustete Wasser, keuchte und versuchte, durch die brennende Seife in ihren Augen etwas erkennen zu können. Sie konnte nichts in dem Raum scharf sehen. Alles war voller Nebel, und in diesem Nebel waren Schatten. Es hätten auch drei oder noch mehr maskierte Männer sein können.
„Sind Sie wirklich dumm genug zu glauben, dass Sie sich in dieser Stadt irgendwo vor uns verstecken könnten?“ Sie kannte die Stimme nicht. Der Mann sprach mit einem starken Akzent, doch es hätte genauso gut sein können, das sich seine Stimme nur durch das Wasser in ihren Ohren und ihre Angst so verzerrt anhörte.
Sie war wehrlos. Sie war nackt. Sie streckte die Hand nach dem Gesicht des Mannes aus. Sie wollte es sehen. Ihre Finger berührten kaum den Wollstoff seiner Sturmhaube, als er ihr Handgelenk fasste und drehte, um sie mit diesem Griff wieder in die Wanne zu drücken. Bevor das Wasser in ihre Ohren lief, hörte sie jemanden hinter dem Mann sagen: „Mach sie nicht kaputt.“
Sie versuchte, ihren Kopf über der Oberfläche zu halten. Sie schaffte es nicht. Der Maskierte griff um ihren Hals und drückte sie nach unten.
„Der Boss will die Schlampe
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