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Silber

Titel: Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Savile
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nichtsdestotrotz eine Verbindung. In der modernen Welt geht es nur um das Verbinden von Punkten und um Netzwerke. Die einzig logische Erklärung ist, dass in Masada etwas geschehen ist, das diese Menschen dazu gebracht hat, sich zu verbrennen. Ich behaupte nicht, dass es eine logische Erklärung ist, die uns gefällt.“
    Noah wusste nicht viel über Lethe. Der Alte hatte ihn dem Team als Recherche-Fachmann vorgestellt. Noah war immer davon ausgegangen, dass das eigentlich ‚Hacker’ hieß. Er entsprach voll und ganz dem Klischee eines Computer-Nerds, mit seiner dicken Brille und dem Bartflaum, der nicht wirklich wachsen wollte. Lethe nahm seine Brille ab, und ohne sie sah er weitere fünf Jahre jünger aus, falls das überhaupt möglich war. Noah mochte ihn, obwohl er seiner Meinung nach zu viel Zeit im neuralen Netz verbrachte, oder was immer er auch an Stelle eines gesunden Sexuallebens praktizierte.
    „Ich halte es für ziemlich gewagt, das als logisch zu bezeichnen“, sagte Orla Nyrén und unterbrach seinen Gedankengang. Noah blickte in ihre Richtung und fragte sich einen Moment lang ängstlich, ob er seine Gedanken laut ausgesprochen hatte. Glücklicherweise sah sie nicht in seine Richtung. Orla strich sich wieder die verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht. Dann richtete sie ihr Handy genau im rechten Winkel zur Tischkante aus. Es war nur eine kleine Anpassung, doch es steckte ein obsessives Verlangen nach Ordnung dahinter, das darüber hinausging, dass die Dinge um sie herum ihre Ordnung haben mussten. Sie wollte ihre Welt kontrollieren, und alles, was darin geschah. Noah konnte das respektieren, solange dazu nicht gehörte, sich dreimal gegen den Uhrzeigersinn zu drehen und ein Hosenbein hochzukrempeln, bevor man eine Türe öffnen konnte.
    „Das kann ich nicht ganz abstreiten, aber alles andere würde nur noch mehr Zufälle bedeuten, oder?“, gab Lethe zu bedenken und rieb sich über den Nasenrücken. Man konnte ihm deutlich ansehen, dass er etliche Stunden auf seine Computermonitore gestarrt hatte. Er hatte diesen glasigen Blick, den das Leben online mit sich brachte. „Wenn die Selbstmorde nicht durch Masada verbunden sind, handelt es sich entweder um eine unglaubliche Verkettung von Zufällen – mit einer Wahrscheinlichkeit von eins zu zehn hoch dreizehn, sozusagen – oder es gibt irgendwo dort draußen noch eine andere Singularität, in der diese dreizehn unglücklichen Seelen sich gefunden haben. Ich tippe allerdings auf Masada, und nicht auf das schwarze Loch. Ockhams Rasiermesser, sag ich nur.“
    „Wenn man lange genug sucht, findet man überall Verschwörungen“, sagte Orla achselzuckend. „Und verzeihen Sie bitte, aber ich kann nicht erkennen, warum das in unser Aufgabengebiet fallen sollte. Wir sind keine Leibwächter. Wenn jemand den Papst ermorden will, sollten wir das den Behörden melden und unsere Hände in Unschuld waschen.”
    „Ganz Pontius Pilatus, meine Liebe“, sagte Sir Charles, während er sich in seinem Rollstuhl zurücklehnte. „Wie dem auch sei, unser Aufgabengebiet umfasst jeden Tag das, was ich sage. Das war Ihnen bewusst, als Sie sich diesem Team angeschlossen haben. Ich würde sagen, mit den Verbindungen zu Masada und den Sikariern befinden wir uns in einer einzigartigen Ermittlungslage. Vielleicht haben unsere Märtyrer bei ihren Ausgrabungen ja tatsächlich etwas gefunden, diese Frage ist noch nicht geklärt. Und wenn man in Betracht zieht, dass Masada eine biblische Stätte ist, dann wäre alles, was sie gefunden haben, ganz eindeutig in unserem Interessenbereich – oder zumindest könnte man es so hindrehen, finden Sie nicht auch?“
    Orla Nyrén brütete eine ganze Minute lang schweigend vor sich hin. Sie sah nicht im Geringsten überzeugt aus. Zweimal bewegte sie ihr Handy: Sie gab ihm einen kleinen Schubs, um es aus der Bahn zu bringen, und richtete es dann wieder perfekt im rechten Winkel zur Tischkante aus. Schließlich schürzte sie die Lippen und schüttelte den Kopf. Es war eine kurze, entschiedene Geste der Ablehnung. „Nein, das ist nicht plausibel. Tut mir leid, Boss. Egal, wie Sie es verpacken, es geht uns nichts an. Das ist eine Sache für den MI6 oder das Verteidigungsministerium. Selbstmord …“ - sie unterbrach sich mitten im Wort. Noah fragte sich, ob sie noch ‚Attentäter’ hatte sagen wollen; es war ein so fester Bestandteil ihres alten Lebens, dass diese beiden Worte in ihrem Verstand unweigerlich miteinander verschmolzen sein

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