Silber
mussten - „… und Terror-Drohungen“, fuhr sie fort, ihr Blick glitt unbewusst zu den Bildschirmen, „das übersteigt die Kapazitäten von fünf Leuten. Wir können nicht die letzte Bastion der Demokratie sein.“
„Das sollen Sie auch nicht“, pflichtete der Alte ihr bei. Er beugte sich in seinem Stuhl nach vorn. Es war eine subtile Veränderung in seiner Körpersprache, die Komplizenschaft signalisierte. „Wir werden selbstverständlich alle Informationen, die wir zusammentragen können, nach oben weiterleiten, und die Kontrolle wird entscheiden, wie sie verbreitet werden. Aber es gibt eine Konvergenz in diesen Ereignissen, und wir werden sie untersuchen. Das ist mein letztes Wort in dieser Angelegenheit.“
Orla schüttelte den Kopf, die Bewegung war fast unmerklich. „Warum werde ich das Gefühl nicht los, dass Sie mehr wissen, als Sie uns mitteilen?“
Der Alte lächelte nachsichtig und breitete die Arme weit aus, um zu zeigen, wie hilflos er doch war. Noah wusste, dass das alles nur gespielt war. Sir Charles verdankte seine Querschnittslähmung einer Bombe der IRA, die vor zwanzig Jahren in den Docklands von London detoniert war, und selbst kurz nach dem Angriff, als er noch im Krankenbett lag, war er nicht hilflos gewesen.
Wenn man der Geschichte Glauben schenkte, hatte er damals etwas in das richtige Ohr geflüstert, und dessen Besitzer hatte daraufhin den nicht ganz so anständigen Freund von einem noch übleren Gentleman angerufen. Während diese Kettenreaktion in Gang gekommen war, hatte sich Sir Charles in seine Krankenhaus-Kissen zurückgelehnt, in dem zufriedenen Wissen, dass er eine sehr kurze Lunte angezündet hatte. Der Chemiker, der im Verdacht stand, die Bombe hergestellt zu haben, war weniger als achtundvierzig Stunden später in einen nicht-ganz-so-tragischen Unfall verwickelt worden.
Das war seine Art.
Er wurde nicht wütend. Er fluchte nicht auf die Welt.
Er regelte seine Angelegenheiten auf seine eigene, ruhige und fast unauffällige Weise.
In diesem Augenblick stellte das Lächeln des alten Mannes alles in den Schatten, was der Russe jemals in dieser Hinsicht zustande gebracht hatte. „Weil ich, meine Liebe, furchtbar vorhersehbar handle und Sie mich viel zu gut kennen. Das ist die Krux, wenn man zu viel Zeit miteinander verbringt. So viel will ich zugeben: Ich habe meine Vermutungen. Ich kann Ihnen nur versichern, dass sich diese Vermutungen auf einige begründete Annahmen stützen, aber ich bin noch nicht bereit, Sie zu äußern. Sobald ich mir Gewissheit verschafft habe, werden Sie die erste sein, die davon erfährt. Bis dahin gilt: Wer zuerst spricht und später denkt, hat einen Trottel zum Mund. Und im Gegensatz zu dem, was Sie vielleicht denken, bin ich kein Trottel.“ Diesmal war sein Lächeln sowohl selbstironisch wie auch ehrlich. Es war ein sanftes Ausweichen.
Noah rechnete halb damit, dass sie den Alten noch einmal herausfordern würde; manchmal war sie wie ein Hund, der einen Knochen bewachte. Sie tat es nicht, und Noah konnte verstehen, warum. Die dreizehn brennenden Gesichter sagten ihnen, dass für diesen Streit später noch genug Zeit war.
„Okay“, sagte sie stattdessen, „versuchen wir, das rational anzugehen. Mir drängt sich die folgende Frage auf: Wer war sonst noch an dieser Ausgrabung beteiligt? Verschwörungstheorien hin oder her, die Ausgrabung ist die einzige Gemeinsamkeit der Selbstmörder. Folglich müssten alle anderen, die dabei waren, ebenfalls in Gefahr sein, oder wahrscheinlicher, in die ganze Sache verwickelt sein. In beiden Fällen müssen wir sie ausfindig machen.“
Lethe konnte einen Teil der Antwort beisteuern. Es war nicht das, was sie hören wollten. „Mehr als fünfzig Anwohner wurden als Gelegenheitsarbeiter eingesetzt. Die Ausgrabungen wurden überwacht von einem gewissen Akim Caspi, der, wie ich schnell hinzufügen will, kein Archäologe ist. Caspi ist ein Generalleutnant in der Zahal, den Israelischen Streitkräften. Ich befürchte nur, dass auch er unglücklicherweise keine Namensliste geführt hat. Und Archäologen können zwar gute Akten über fossile Affenscheiße anlegen, aber sie scheinen kein besonderes Interesse an Leuten zu haben, die nicht seit mindestens tausend Jahren tot sind.“
Lethe brachte ein Bild von Caspi in seinem vollen militärischen Ornat auf den Schirm. Er sah aus wie ein Mann, für den jeder Soldat sofort in den Tod marschiert wäre.
„Okay, wenn wir keine säuberlich getippte Liste mit
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