Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Silber

Titel: Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Savile
Vom Netzwerk:
hören, was soll ich sagen?“ Miles Devere bot einen erbärmlichen Anblick. Nackt und zitternd hatte er die Arme um die Beine geschlungen und versuchte, seinen Penis und seine Verwundbarkeit zu verstecken. Er zeigte nicht die geringste Spur von Rückgrat oder Würde. Das war der echte Miles Devere, all der Macht beraubt, die man mit Geld kaufen konnte. Er war splitternackt; was übrig blieb, konnte man nur als unzulänglich bezeichnen.
    „Ich will, dass du mehr tust, als nur etwas zu sagen, Miles. Ich will, dass du das tust, was du am besten kannst. Ich will, dass du mich kaufst. Ich will, dass du mir dein Leben abkaufst.“
    Deveres Augen begannen zu leuchten, sein Gesicht nahm im Mondlicht einen wilden Ausdruck an. „Nennen Sie mir Ihren Preis. Jeden Preis.“
    „Fünftausend“, sagte Konstantin. „Nein, sagen wir zehn. Zehntausend.“ Devere lachte fast auf. „Zehntausend? Das ist alles? Keine Millionen, keine Villa auf den Bahamas, keine Yacht? Nur Zehntausend? Haben Sie denn gar keine Phantasie?“ Plötzlich war Devere ganz in seinem Element, er handelte und feilschte, er versuchte einen guten Preis zu vereinbaren, um aus der Tragödie Kapital zu schlagen. „Ich kann Ihnen viel mehr geben. Ich kann Ihnen mehr geben, als Sie sich vorstellen können. Ich kann Ihnen so viel Geld geben, dass ihr russischer Schwanz schon beim bloßen Klang der Zahl hart wird. Versuchen wir es noch einmal, nennen Sie mir einen Preis.“
    „Zehntausend“, sagte Konstantin und schniefte. Er öffnete die Knöpfe seines Hemds und zog es aus.
    Devere schüttelte den Kopf. „Sie kapieren es nicht. Ich kann Ihnen alles geben, alles, was Sie wollen, und noch mehr als das. Ich kann Ihnen Ihre kühnsten Träume erfüllen. Es ist nur Geld. Es gibt immer Möglichkeiten, neues Geld zu verdienen.“
    Konstantin drapierte das Hemd über der Rückenlehne des Armsessels. „Du hast nicht gefragt, um was es sich bei den zehntausend handelt.“
    Devere schüttelte wieder den Kopf, diesmal verunsichert, weil er den vertrauten Boden unter den Füßen verlor. „Zehntausend was?“, fragte er mit leiser Stimme, als ob er die Antwort gar nicht wissen wollte.
    Konstantin stieg aus seinen Stiefeln.
    „Menschen. Zehntausend tote Menschen. Ich will, dass du ihnen ihr Leben wieder zurückgibst. Du bist verantwortlich für ihren Tod – gib ihnen ihr Leben zurück. Das schuldest du ihnen. Wenn du das nicht kannst, hast du nichts anzubieten, das mich interessieren würde.“
    Devere schüttelte den Kopf. „Das ist unmöglich. Man kann niemanden von den Toten zurückholen. Das ist ausgeschlossen.“
    „Dann scheint unser kleines Geschäft geplatzt zu sein, nicht wahr?“, fragte Konstantin.
    „Nein. Bitte … bitte.“
    Konstantin hörte nicht hin.
    Er öffnete seinen Gürtel und zog seine Hose und seine Shorts aus.
    Und nackt zog er in den Krieg.
    Er ließ sich Zeit und sah, wie die Zeiger der Uhr sich langsam auf fünf Uhr morgens drehten, während er Devere Schmerzen zufügte. Er schlug ihn, bis er blutete. Er schlug ihn, bis das Fleisch seines Gesichts einsank. Er schlug ihn, bis er nicht mehr atmen konnte, weil sein Körper ruiniert war. Er schlug ihn, bis er aufhörte zu betteln und nur noch wollte, dass es vorbei war. Er schlug ihn, bis er von oben bis unten mit Blut bespritzt war. Devere hatte Recht. Keine Prügel der Welt würden sie zurückbringen. Kein Schmerz konnte das Elend aus der Welt schaffen, das er durch seine unablässige Gier nach Geld über sie gebracht hatte. Es war Konstantin gleichgültig. Ihm ging es nur darum, sein Versprechen einzulösen.
    Er schlug Miles Devere mit bloßen Händen zu Tode.
    Er tat es auf die russische Art. Es gab keine Distanz zwischen ihnen. Keinen Vorteil. Es war ein Kampf Mann gegen Mann – nackt und roh, wie bei den alten Gladiatoren. Er redete sich ein, dass er Devere damit eine Chance gegeben hätte. Doch das stimmte nicht. Als er fertig war, ging er ins Badezimmer und wusch sich Deveres Blut von seinem nackten Körper, dann zog er sich wieder an.
    Er verließ das Apartment durch die Vordertür.

30
VON GOTT VERLASSEN
    Noah war der Verzweiflung nahe. Die Uhr tickte gnadenlos weiter, und Monsignore Abandonato hatte sich buchstäblich in Luft aufgelöst. Die Vatikanstadt weigerte sich, ihm ihre Pforten zu öffnen. Er hatte kein Recht, sie zu betreten. Das war der Nachteil, wenn man aus den offiziellen Aufzeichnungen verschwunden war: Falls die Lage hoffnungslos wurde, wenn die Zeit davonlief und

Weitere Kostenlose Bücher