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Silber

Titel: Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Savile
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die Tür zu und lauschte einen Moment, bevor er sie leise öffnete. Ein Etagenbett und auf dem Boden verstreute Spielsachen erklärten zwei der vier Teller. An den Wänden hingen Poster von Fußballspielern, die Ronan nicht kannte, von kostümierten Superhelden und allem anderen, wovon kleine Jungs fasziniert waren: Dinosaurier, Raumschiffe und die Totenmasken ägyptischer Pharaonen. Die Betten waren ungemacht, Action-Figuren lagen auf dem Teppich. Die Kinder hatten die Wohnung überstürzt verlassen.
    Ronan spürte ein Kribbeln auf der Haut, sein sechster Sinn schlug Alarm, und er drehte seinen Kopf genau in die Bahn einer heranrasenden rechten Geraden. Der Hammerschlag traf ihn an der Schläfe und ließ die Welt um ihn herum tanzen. Er wankte einen Schritt zurück und spürte, wie seine Beine unter ihm nachgaben. Instinktiv suchte er mit den Händen nach Halt, um seinen Sturz zu bremsen. Dabei bekam er den Mantel seines Angreifers zu fassen und erntete prompt einen zweiten, noch härteren Faustschlag. Der Hieb traf tiefer, an der Seite seines Halses, und raubte ihm den Atem. Frost fiel würgend auf die Knie, kurz bevor ihm der Angreifer ohne Gnade das Knie ins Gesicht rammte, um auch den letzten Rest Kampfgeist aus ihm herauszuprügeln.
    Er war nur ein paar Sekunden außer Gefecht, doch das reichte dem Eindringling zur Flucht. Ronan hörte die Hintertür zuschlagen und versuchte, aufzustehen. Er musste sich am Türrahmen festhalten, das Apartment verschwamm vor seinen Augen. Er spürte ein warmes Rinnsal aus Blut an der Seite seines Gesichts, und sah die roten Tropfen auf der Schulter seiner Lederjacke landen. Er schüttelte den Kopf und schlug sich mit der flachen Hand ein paar Mal abwechselnd auf die Wangen, um wieder Leben in seine Sinne zu bekommen. Dann machte er sich an die Verfolgung des Mannes, der ihn so eiskalt erwischt hatte.
    Ronan nahm auf der engen Hintertreppe immer drei Stufen auf einmal und öffnete die Hintertür gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie der Eindringling über die Mauer verschwand. Seinen nächsten Zug überlegte er sich in den zwei Sekunden, die er von der Tür zu dem Tor in der Mauer brauchte. Das Tor war mit zwei Riegeln – einer oben, einer unten – und einer Klinke verschlossen, die er in weniger als zehn Sekunden öffnen konnte. Der Sprung über die mit Scherben besetzte Mauer würde weniger als drei Sekunden dauern, aber mit Sicherheit seine Hände aufschlitzen. Der Eindringling müsste schon ein olympischer Sprinter sein, um in diesen sieben Sekunden das Ende der Gasse zu erreichen und aus seinem Blickfeld zu verschwinden, ohne dass Ronan sehen konnte, welche Richtung er einschlug.
    Ronan schob krachend die Riegel zurück und stieß das Tor auf.
    Die Gasse war leer.
    „Scheiße“, fluchte er und warf glühende Blicke nach links und rechts. Er griff nach seinem Handy, um Nonesuch zu informieren, und schob sich das Bluetooth-Headset ins Ohr. Lethe konnte die Beobachtungssatelliten anzapfen und den Mistkerl in jedem Quadratzentimeter der Stadt aufspüren, wenn es sein musste. Das waren die Freuden der modernen Technik. Er drückte die Kurzwahltaste am Headset und steckte das Telefon zurück in die Tasche.
    „Lethe meldet sich zum Dienst“, sagte die Stimme in seinem Ohr. Der Junge spielte gern Soldat.
    „Jude, hier spricht Frost. Jemand war in Fishers Wohnung. Ich verfolge ihn zu Fuß. Ich könnte ein bisschen Überblick gebrauchen, also sieh zu, was du tun kannst.“
    „Verstanden, Boss. Ich habe das Bildmaterial in ein paar Sekunden.“
    Ronan stützte die Hände auf die Knie und nutzte diese Sekunden, um ein wenig zu Atem zu kommen.
    „Komm schon, komm schon“, murmelte Lethe.
    Ronan atmete schwer. Er blickte zum Himmel hinauf, als ob er nach dem Satelliten Ausschau halten würde, der nach ihm Ausschau hielt.
    „Das ist, als ob man eine Maus in einem verdammt riesigen Labyrinth suchen würde. Vielleicht sollte ich es mit ein bisschen Käse probieren … Eine belebtere Tageszeit hätten Sie sich nicht aussuchen können, oder?“
    Ronan blickte angespannt erst in die eine Richtung der Gasse, dann in die andere.
    Endlich schrie Lethe fast ins Telefon: „Ja! Ich sehe Sie. Okay, wonach soll ich suchen?“
    Es war ausgeschlossen, dass der Mann es bis zu einem Ende der Gasse geschafft hatte. Das bedeutete, dass er über eine weitere Mauer gestiegen sein musste und sich jetzt in einem der vielen Hinterhöfe versteckte.
    „Ist sonst noch jemand hier draußen?“
    Bevor

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