Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Silber

Titel: Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Savile
Vom Netzwerk:
er war offensichtlich seit längerer Zeit nicht gefüttert worden. Ronan warf ihm den Rest seines Croissants zu. Der Streuner schnupperte erst misstrauisch daran, dann machte er sich mit feuchter Zunge und scharfen Zähnen darüber her.
    Ronan zählte die Tore und hielt schließlich vor dem neunten an. Es war in demselben Grün gestrichen wie das Schild an der Acorn Road. Er drückte die Klinke herunter, doch das Tor war abgeschlossen. Die obere Kante des Tores war mit zehn Zentimeter langen Metallstacheln besetzt, die den Spatzen den Nestbau erschweren sollten, aber auch den angenehmen Nebeneffekt hatten, dass sie die Hände von Möchtegern-Einbrechern durchlöcherten. Der Hinterhof war von einer Mauer umgeben, in die oben Glasscherben einzementiert waren. Ronan zog seine Lederjacke aus und breitete sie über das scharfkantige Bruchglas, bevor er sich über die Mauer schwang. Er landete leichtfüßig auf der anderen Seite und nahm die Jacke wieder an sich.
    Es war, als ob er über die Mauer direkt in seine Kindertage in Derry zurückgesprungen wäre. Das Toilettenhäuschen war da, und daneben stand der Kohleschuppen, obwohl diese beiden hier offensichtlich seit Jahren nicht benutzt worden waren. Die Toilette war bis unter das Dach vollgestellt mit den Überbleibseln aufgegebener Bastelarbeiten. Es gab zwei Türen: eine direkt vor ihm, die mit hoher Wahrscheinlichkeit in ein steiles Fluchttreppenhaus führte, und eine seitlich daneben, die zu dem Maklerbüro im Erdgeschoss gehörte.
    Er versuchte es mit Fishers Hintertür und rechnete damit, dass sie verschlossen war. Sie ließ sich jedoch problemlos öffnen.
    Sofort begann ihm das Herz in der Brust zu pochen. Selbst in den besseren Gegenden der Stadt hätte die Tür zumindest verriegelt sein müssen. Er öffnete sie vorsichtig, gerade so weit, dass er sich hindurchzwängen konnte, und hoffte inständig, dass sie dabei nicht quietschte. Die Luft roch muffig, als ob schon lange niemand mehr ein Fenster geöffnet hätte. Das beantwortete zumindest eine der Fragen, die Ronan sich gestellt hatte. Langsam stieg er die Hintertreppe hinauf, Stufe für Stufe. Er ließ sein Gewicht auf einer ruhen, bevor er auf die nächste trat, bis er die Pantryküche oben erreicht hatte. Die schmutzigen Teller von Sebastian Fishers letzter Mahlzeit standen gestapelt neben dem Spülbecken. Es waren vier Essteller, auf denen sich schon Schimmel ausgebreitet hatte. Wie lange dauerte es, bis der Pilz die Soßenreste auf einem Teller für sich beanspruchte? Eine Woche? Auf keinen Fall mehr als zehn Tage, dessen war er sich sicher. Das gab ihm einen groben Zeitrahmen. Fisher war vor einer Woche zuletzt hier gewesen, und er hatte Gesellschaft gehabt.
    Ronan stand völlig still und lauschte auf die Geräusche des Apartments.
    Im ersten Moment hörte er nichts, dann bestätigte das leise Knarren eines Dielenbretts in einem der anderen Räume, dass er nicht allein war.
    Es gab zwei Möglichkeiten: er konnte entweder über die Treppe zurückgehen, sich ein Versteck suchen und dem Einbrecher folgen, wenn er das Gebäude verließ, oder er konnte versuchen, sich von hinten an den Eindringling heranzuschleichen, ihn zu überwältigen und herausfinden, was zum Teufel hier eigentlich gespielt wurde. Es war keine schwere Entscheidung.
    Ronan bewegte sich leise zur Tür und horchte. Er sah den Grundriss der Wohnung vor seinem geistigen Auge. Die Tür der Pantryküche führte ins Wohnzimmer. Im typischen Tyneside-Schnitt hatte das Wohnzimmer drei Türen: eine zum Kinderzimmer, eine zum Flur mit dem Elternschlafzimmer, der Abstellkammer und dem Bad, und diejenige, vor der er gerade stand.
    Er öffnete die Tür.
    Das Zimmer war spartanisch eingerichtet; es sah aus, als ob es direkt aus einer der unzähligen Wohnsendungen stammte, mit denen das Fernsehprogramm jeden Nachmittag vollgestopft war. Sebastian Fisher hatte dem Raum keine persönliche Note verliehen – es sei denn, er hatte seiner Persönlichkeit durch langweilige Tapeten und Ikea-Möbel Ausdruck verleihen wollen. Nur ein Onkyo-Receiver und die Lautsprecher von Jamo, die neben dem CD-Regal standen, zeugten von Qualitätsbewusstsein. Die Stereoanlage war wahrscheinlich so viel wert wie der gesamte Rest der Einrichtung zusammen. Interessanterweise gab es keinen Fernseher.
    Die vier ungespülten Teller deuteten darauf hin, dass Fisher nicht allein gelebt hatte, also wurde das Kinderzimmer wahrscheinlich auch als solches genutzt. Er ging vorsichtig auf

Weitere Kostenlose Bücher