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Silber

Titel: Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Savile
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Touristen an dem Tisch da drüben ja gar kein Liebespaar, sondern Mitglieder meines Teams. Und der ältere Herr, der da so aufmerksam die Zeitung liest, gehört vielleicht ebenfalls zu mir und wartet nur auf mein Signal, um Sie festzunehmen.“
    Noah sah sich das junge Paar an. Ein Reiseführer lag zwischen ihnen auf dem Tisch. Der Mann war gekleidet wie ein typischer Rucksack-Tourist, der gerade sein Studium hinter sich gebracht hat. Seine Turnschuhe waren etwas zu sauber dafür, dass er schon einen Monat mit einem Interrail-Ticket kreuz und quer durch Europa fuhr, aber sonst stimmte alles. Das Mädchen war hübsch, blond und zierlich; früher wäre sie genau Noahs Typ gewesen. Sie waren ein schönes Paar, sie passten gut zusammen. Er beobachtete einen Moment lang, wie sie sich unterhielten. Über den mittäglichen Lärm im Café konnte er nicht genau hören, was sie sagten, doch der Mann hatte eindeutig einen Dialekt aus der Gegend um Manchester, und er schien den üblichen Blödsinn zu verzapfen, den man von einem Jungakademiker im Urlaub in Rom erwarten würde. Eine so genaue Kenntnis der Details traute er einem Polizisten in Zivil nicht zu, deshalb fühlte er sich relativ sicher, als er zu Neri sagte: „Das ist nicht der Fall. Ich weiß es.“
    „Mag sein“, sagte der Carabiniere und nahm wieder einen tiefen Zug von seiner Zigarette. Das brennende Lakritz-Papier verbreitete einen süßlichen Geruch. „Das beantwortet allerdings immer noch nicht die Frage, warum ich Sie nicht verhaften sollte, nicht wahr, Mister Larkin?“
    Noah konnte diese Frage schlecht beantworten. An Neris Stelle hätte Noahs innerer Lügendetektor ein paar Loopings gedreht. „Nennen Sie mich Noah. Mister Larkin war mein Vater.“
    „Später vielleicht, falls wir Freunde werden“, sagte Neri. „Momentan nenne ich Sie lieber Mister Larkin. Sie können sich ja vorstellen, dass ich mit Ihrem Vater spreche, wenn Ihnen das hilft.“
    „Nicht wirklich“, erwiderte Noah. „Ich arbeite für eine Organisation, die … Ah, wie soll ich es ausdrücken?“ Er presste die leicht gespreizten Finger aufeinander, als ob er auf eine Eingebung von oben hoffen würde. „Sagen wir, dass diese Organisation an Vorgängen in verschiedenen Ländern auf der ganzen Welt interessiert ist. Diese Interessen sind sehr spezieller Natur, und wir verfügen über spezielle Kompetenzen.“
    „Fahren Sie fort“, sagte Neri, und drückte den Stummel seiner Zigarette in der Espressotasse aus, wo er sich mit Kaffee vollsaugte.
    „Aufgrund der Natur unserer Interessen verfügen wir über ein fast einzigartiges Netzwerk aus Kontakten, und aufgrund unserer Distanz zu den politischen Akteuren können wir ab und zu Verbindungen zwischen Ereignissen entdecken, die anderen Leuten, die den Fakten näher stehen, manchmal entgehen.“
    „Also sind Sie doch ein Spion.“
    Noah schüttelte den Kopf. „Nein. So glamourös ist es nicht. Ich arbeite für Sir Charles Wyndham. Inoffiziell wird meine Gruppe das Schmiede-Team genannt. Wir sind ehemalige Soldaten und verfügen deshalb über gewisse Fähigkeiten. Sir Charles macht gern Witze darüber, dass wir in der Esse der Schlacht geschmiedet wurden. Der alte Herr ist nicht besonders witzig, aber wir lassen ihm die Freude.“
    „Und wie würde man Ihre Gruppe wohl offiziell bezeichnen?“
    Noah überlegte kurz, ob er der Frage ausweichen sollte, aber er brauchte das Vertrauen dieses Mannes, wenn er es durch den Dschungel der italienischen Bürokratie zu einem Gespräch mit einem Verbindungsmann im Vatikan schaffen wollte. „Die offizielle Bezeichnung der Regierung für unsere Gruppe – wenn das kein Widerspruch in sich ist – lautet Ogmios.“
    „Dann arbeiten Sie also doch für die britische Regierung? Wollen Sie darauf hinaus, Mister Larkin?“
    Wieder schüttelte Noah den Kopf. „Nein. Wir … Verdammt, wie soll ich sagen? Okay, wir arbeiten außerhalb der Regierung. Wir werden nirgends schriftlich erwähnt. Wenn wir noch Soldaten wären, würde man die Kenntnis von unseren Einsätzen abstreiten. Das ist theoretisch dasselbe: Wir sind unterwegs, um in Übersee die Interessen unseres Landes zu vertreten, aber wenn wir in Gefahr geraten, gefangen genommen werden oder uns lächerlich machen, haben wir nie existiert. Wir sind eine Privatgesellschaft, die zufällig aus ehemaligen Angehörigen von Antiterror- und Spezialeinheiten besteht.“
    „Faszinierend, und leider auch völlig unglaubwürdig. Erklären Sie mir doch

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