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Silber

Titel: Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Savile
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mir und nicht zur NOCS gegangen sind.“ Die
Nucleo Operativo Centrale di Sicurezza
war die Antiterroreinheit der italienischen Polizei. Ihre Mitglieder waren sehr gut ausgebildet, auch im Fallschirmspringen aus großer Höhe, und sie arbeiteten oft mit dem Hostage Rescue Team des FBI, der israelischen YAMAM, der deutschen GSG-9, den Dänen, den Holländern und weiteren Spezialeinheiten aus Europa zusammen. Es war nicht von der Hand zu weisen, dass das die vernünftigste Anlaufstelle für Noah gewesen wäre, um dieser globalen Bedrohung zu begegnen. Allerdings hätte man dort seinen Ausführungen auch am wenigsten Glauben geschenkt, dachte er, aber laut sprach er es nicht aus. Die NOCS hätte ihn vielleicht ernst genommen, wenn er die Rückendeckung des MI6 gehabt hätte, aber das war nicht der Fall. Er war in dieser üblen Geschichte weitgehend auf sich selbst gestellt.
    „Ich bin nur ein Polizist“, sagte Neri, der sich gerade die dritte Zigarette drehte, seit er sich zu Noah an den Tisch gesetzt hatte. „Das liegt nicht in meinem … Verdammt, ich weiß nicht mal, wie ich das bezeichnen soll. Ich bin nur ein kettenrauchender Römer mit vielen Frauengeschichten, mein Freund. Ich trage meine Unterwäsche nicht über der Hose.“ Noah verstand die scherzhafte Anspielung auf die Strumpfhosen der Superhelden. Der Italiener hatte mit seinen Witzeleien nicht ganz Unrecht, die Welt hätte einen maskierten Ritter gerade gut gebrauchen können. Stattdessen musste sie wohl oder übel mit einer kettenrauchenden, anglo-italienischen Allianz mit vielen Frauengeschichten vorlieb nehmen.
    „Was glauben Sie, was ich bin?“, fragte Noah ihn.
    Der Römer lachte. Es war nur ein kurzes Prusten, aber es war nichtsdestotrotz ein Lachen. „Ich habe keine Ahnung, was Sie sind. Das ist ein Teil des Problems. Und ich habe keine Ahnung, was Sie von mir wollen. Sie werfen mir diese Bombe in den Schoß und erwarten von mir, dass ich mich darum kümmere, obwohl Sie wissen, dass meine Leute und ich nichts mehr dagegen ausrichten können. Erwarten Sie von mir, dass ich den Papst mit meinem eigenen Leben schütze? Sehe ich aus wie jemand, der sich eine Kugel für den Vertreter Gottes fängt? Sehen Sie mich an, Noah.“ – Neri schien sich schnell daran gewöhnt zu haben, Noah beim Vornamen zu nennen; daraus schloss Noah, dass sie jetzt wohl Freunde sein mussten – „Ich bin kein Held, nicht mal ohne Strumpfhose. Ich mache nur meine Arbeit. Ich mache sie, so gut ich kann, ohne dabei meine Ideale zu verlieren, aber das jahrelange Wühlen im Dreck von Rom hat mich zum Zyniker gemacht. Ich bin müde. Ich wache morgens schon steif und müde auf. Meine Knochen wollen mir damit mitteilen, dass es an der Zeit wäre, die Stadt einem jüngeren Mann zu übergeben. Und plötzlich tauchen Sie auf und eröffnen mir ein Geheimnis, das mir nichts als Kummer bereiten kann. Ich glaube nicht, dass ich Ihnen dafür danken will. Und wissen Sie, was die Ironie des Ganzen ist?“
    Noah schüttelte den Kopf. Er wusste es nicht.
    „Der Papst hält sich momentan nicht einmal in der Stadt auf. Er ist irgendwo auf einer seiner heiligen Pilgerfahrten.“
    Noah starrte Neri an. „Ist das Ihr Ernst?“
    „Sehe ich aus, als würde ich Witze machen?“
    Nein, das tat er nicht.
    „Nun, das ändert gar nichts“, sagte Noah, und überlegte, was die genauen Auswirkungen der Abwesenheit des Papstes waren. Er hatte nicht erwartet, dass auf Anhieb alles glatt laufen würde, aber es war auch nicht wie in
Der Schakal
. Der ursprüngliche Plan hatte vorgesehen, sich mit den Polizisten vor Ort zu verbrüdern, den Kontakt zum Kommandant der Schweizergarde herzustellen, ihn vom Ernst der Lage zu überzeugen und den Papst an einen sicheren Ort zu bringen. Die Chance, dass man ihm dort Glauben schenken würde, war von Anfang an sehr gering gewesen. Die Geistlichen im Vatikanstaat waren vielleicht davon überzeugt, dass der Herr ihr Schild war, aber die Schweizergarde war bestimmt auch praktischeren Argumenten zugänglich. Es wäre auch ziemlich dumm gewesen, die Drohung, die fast wörtlich ihrem Schutzbefohlenen galt, nicht ernst zu nehmen – zumindest solange, bis sich etwas Gegenteiliges herausstellte.
    Wenn der Angriff tatsächlich direkt dem Papst galt, würde sein Auslandsaufenthalt nur die Gefahrenzone verlagern. Sie mussten Kontakt zu seinen Leibwächtern aufnehmen, die Sicherheitskräfte verdoppeln – und, mit hoher Wahrscheinlichkeit, die Evakuierung des Papstes

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