Silberband 004 - Der kosmische Lockvogel
dürfen nicht vergessen, daß alle Leute, die unbemerkt in unser
Gebiet eindringen, ohne jeden Zweifel ebenfalls Teleporter sind. Tako und Ras sollen also gut
bewaffnet sein. Sagen Sie ihnen aber, daß Psychostrahler völlig wertlos sind.«
Das Beklemmende an dieser Angelegenheit war, daß selbst John Marshall keine Ahnung
hatte, auf welche Weise sich der fremde Eindringling bemerkbar machen würde. Einer Aufgabe wie
dieser stand er zum erstenmal gegenüber.
Marshall hatte eine kleine Wohnung am Rand der Stadt bezogen. Sie lag im einundzwanzigsten
Stockwerk eines Hochhauses und diente Marshall, Ishy Matsu, Betty Toufry und den Teleportern als
Wachquartier.
Sie hatten sich untereinander zu sechsstündigen Wachperioden verabredet. Die beiden Teleporter
waren je zwölf Stunden lang einsatzbereit. Der Telepath vertrieb sich die Zeit mit dem Teleporter
durch Kartenspiel oder Diskussion. Trotzdem war es, solange nichts geschah, eine ziemlich
langweilige Angelegenheit.
Am wichtigsten nahm Betty Toufry ihre Aufgabe. Betty war die stärkste Telepathin im
Mutantenkorps der Dritten Macht, zugleich ebenso leistungsfähige Telekinetin. Rhodan hatte sie
entdeckt, als sie noch ein kleines Mädchen war. Sie hatte die lange Reise und den Aufenthalt auf
Wanderer mitgemacht. Jetzt war sie fünfzehn Jahre alt und setzte ihre ungewöhnliche Gabe zum
Schutz der Dritten Macht mit dem ganzen Eifer ihres Alters ein.
An diesem Tag löste John Marshall sie abends um sechs Uhr ab. Betty machte ein trauriges,
niedergeschlagenes Gesicht.
»Wieder nichts, Mister Marshall«, sagte sie.
Marshall lächelte sie an. »Keine Angst, Betty. Eines Tages wird schon etwas passieren.«
Betty nickte.
»Werden Sie gut aufpassen?« fragte sie eifrig.
»Ganz scharf«, versprach Marshall.
In dem Wohnzimmer des kleinen Appartements lag Tako Kakuta auf einer Couch und studierte ein
Magazin. Marshall konnte sein Gesicht nicht sehen, aber er hörte den Japaner gähnen.
»Guten Abend, Herr Teleporter vom Dienst«, grüßte Marshall laut.
Kakuta ließ das Magazin sinken. »Guten Abend. Was gibt es Neues?«
Marshall machte eine wegwerfende Handbewegung. »Nichts. Was tun wir? Pokern, Schachspielen,
Reden, Lesen?«
Der Japaner überlegte.
»Schach«, antwortete er schließlich, »wenn Sie nichts dagegen haben.«
Marshall schüttelte den Kopf. »Ist egal, womit ich die Zeit totschlage.«
Kakuta richtete sich auf und zog den Tisch zu sich heran. Marshall stellte die Mappe mit
Büchern, die er vorsorglich mitgebracht hatte, auf den Boden und öffnete den niedrigen Schrank,
in dem Schachbrett und Schachfiguren aufbewahrt waren.
Es geschah, als er den Kasten mit den Figuren aus den Tiefen des Schrankes hervorgezogen und
sich beim Aufrichten den Hinterkopf an der Schrankkante angeschlagen hatte.
Etwas Fremdes schien nach seinem Gehirn zu greifen. Vorerst noch zaghaft, dann wuchs es jedoch
an, wurde stärker und formte sich zu konkreten Anweisungen – Anweisungen für einen Fremden,
der in diesem Augenblick in das Gelände der Dritten Macht eingedrungen war.
Marshall ließ den Kasten mit den Figuren fallen, und der Krach brachte den Teleporter auf die
Beine.
»Er ist da!« keuchte Marshall. »Verwaltungsgebäude, etwa zwanzigstes bis dreißigstes
Stockwerk. Hat Anweisung, Crest zu fangen und mitzunehmen. Los, verschwinden Sie!«
Für den Bruchteil einer Sekunde stand Tako starr und mit ausdruckslosem Gesicht, als habe er
Marshall nicht verstanden. Dann flimmerte die Luft, und ohne Übergang war der Japaner einen
Atemzug später verschwunden.
In Marshall kam Bewegung. Mit einem Handgriff stellte er die Telekom-Verbindung zum
Verwaltungsgebäude her. Major Nyssen nahm als Bulls Stellvertreter die Alarmmeldung entgegen und
sorgte dafür, daß der betroffene Trakt des Verwaltungsgebäudes sofort evakuiert wurde. Es war
damit zu rechnen, daß der feindliche Teleporter eine Weile brauchen würde, um sich zu
orientieren, und daß ihm die Evakuierung dabei entging. Tako Kakuta brauchte freies Feld, wenn er
Erfolg haben sollte.
Rhodan wurde darüber informiert, daß Crest entführt werden sollte. Die Information beunruhigte
ihn, denn Crest war das Wertvollste, das die Dritte Macht zu verlieren hatte. Der Unbekannte
schien seiner Sache ziemlich sicher zu sein, daß er dieses Ziel erreichen würde. Es galt
herauszufinden, warum er sich so sicher fühlte.
Auf Nyssens Anweisung verließ John Marshall sein Quartier und bezog
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