Silberband 007 - Atlan
Televisionssendungen über meine Flucht häuften sich stündlich. Ich hatte die
Geräte angeschaltet und lauschte auf das, was der Regierungssprecher zu sagen hatte.
Eine so genaue Beschreibung über meine Person hatte ich noch niemals gehört. Terra-Television
brachte ganze Bildserien, nach denen mich sogar ein halb Erblindeter hätte erkennen müssen.
Man suchte mich mit allen Mitteln, jedoch ging aus den Meldungen hervor, daß man meine Spur
verloren hatte. Jetzt beglückwünschte ich mich zu meinem Entschluß, blindlings auf den
abfahrenden Güterzug gesprungen zu sein.
Wahrscheinlich hatten die Mathematiker der Abwehr jede Sekundeneinheit durchgerechnet. Wenn
sie nicht ganz genau meinen Fluchtweg rekonstruieren konnten, würden die Enddaten falsche Werte
ergeben. Danach konnte man nicht auf die Idee mit dem Güterzug kommen. Dazu kam noch die
Tatsache, daß die Überprüfungen mit den Ortungsgeräten negativ verlaufen waren. Alles deutete
darauf hin, daß man mich noch in Terrania vermutete. Mir konnte es nur recht sein.
»Landung in zehn Minuten, Sir«, sagte der Pilot unaufgefordert. Ich hatte ihm eine
diesbezügliche Hypno-Anweisung erteilt.
Das Flugfeld von Casablanca lag noch in tiefer Dunkelheit. Wir waren der aufgehenden Sonne
davongeflogen. Es war kurz nach zwei Uhr nachts; früh genug für mein weiteres Vorhaben.
Als ich vor Wochen zu meinem ersten Unternehmen startete, hatte ich meinen Tiefsee-Druckanzug
in einer Felsenhöhlung an der Steilküste versteckt. Der Ort lag nahe der Stadt Tanger, die ich
somit noch vor Anbruch der Morgendämmerung erreichen konnte.
Unser Pilot setzte zur Landung an. Ich sah, daß er die beiden Strahltriebwerke an den
Tragflächenenden umschwenkte und den Partikelstrom nach unten richtete.
Wir setzten sanft nach Hubschrauberart auf, rollten einige Meter aus und blieben dann stehen.
Ich riß die Tür auf, sprang nach draußen und schloß das Schott hinter mir, noch ehe das Flugzeug
wieder anzurollen begann.
Mit weiten Sprüngen verschwand ich in der Dunkelheit, um wenig später hinter einem
menschenleeren Hangar auszuruhen.
Weit entfernt stieg der Beamte aus der Maschine. Ich sah, daß er mit einem kleinen Wagen
abgeholt wurde. Es war alles in Ordnung.
Von da an benötigte ich eine Stunde, bis ich die einzig richtige Gelegenheit zum Weiterkommen
entdeckte. Leute meiner Art scheuten nicht vor einem Eindringen in die Höhle des Löwen
zurück.
Also schlich ich mich an einen schnellen Flugschrauber der Küstenpolizei heran und wartete,
bis die beiden Beamten der Flugstreife erschienen.
Als sie einstiegen, steckte ich bereits im Laderaum. Nach dem Start hatte ich sie in wenigen
Augenblicken im Einflußbereich meines Psychostrahlers. Das Erstarren ihrer Gesichter bewies mir,
daß sie keinen eigenen Willen mehr hatten. Ich zwängte mich durch die schmale Trenntür und nahm
auf der hinteren Sitzbank Platz.
Unser Flug führte nach Norden. Tief unter uns schimmerte die weißliche Brandung des südlichen
Atlantiks.
»Nehmen Sie direkten Kurs auf Tanger!« befahl ich knapp. »Wenn Sie von Ihrer Kontrollstation
gefragt werden, geben Sie an, Sie hätten auf der Küsten-Schnellstraße einige verdächtige Wagen
entdeckt, die Sie der Reihe nach untersuchen wollten. Ist das klar?«
»Jawohl, Sir, klar«, sagte der Pilot. Der neben ihm sitzende Leutnant starrte ausdruckslos
nach vorn.
»Bianca-Center an Streife sechs, bitte melden.«
»Streife sechs, Leutnant el Habid, wir hören.«
Beim Aufklingen des Funksprechgeräts war ich zusammengefahren. Wenn die Besatzung bestimmte
Befehle erhielt, die sie aus dem von mir gewünschten Kurs abweichen ließen, wurde die Lage
schwierig.
»An Streife sechs«, dröhnte es erneut aus dem Lautsprecher. »Fliegen Sie Küstenlinie ab, und
achten Sie auf einen schnellen Kabinenkreuzer mit Kurs auf Mechra el Hade! Name des Bootes ist Almería , fährt unter spanischer Flagge. Kontrollieren Sie die Besatzung, achten
Sie auf den Gesuchten! Ende.«
»Verstanden, Bianca-Center. Wir folgen der Küstenlinie, Ende.«
Der Offizier der Luftstreife schaltete ab. Ich blickte auf die leuchtende Reliefkarte am
Armaturenbrett.
Der Ort Mechra el Hade lag zwischen Casablanca und Tanger, also genau in meiner Richtung. Da
Tanger in reiner Luftlinie nur etwa 300 Kilometer entfernt war, konnte ich in zirka 30 Minuten am
Ziel sein.
Der Pilot erhielt meine Anweisungen. Hinter mir begann der Umformer des
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