Silberband 011 - Der Fall Kolumbus
daß die
Mediziner sich Onots annehmen. Zeuge Brodak, wir benötigen Sie jetzt nicht mehr. Der Angeklagte
ist in seine Zelle zu bringen. Die Verhandlung wird unterbrochen, bis das Ergebnis der
Medizinischen Sektion vorliegt.«
Ellert aber wußte, daß er die vor ihm liegende Probe nicht bestehen würde, wenn nicht ein
Wunder geschah.
Die Kugel hatte einen Durchmesser von einem halben Meter, war milchig weiß wie ein
TV-Bildschirm und schwebte gewichtslos mitten im Raum.
Perry Rhodan, Bully und Oberst Sikermann – Kommandant der DRUSUS – saßen dicht vor
ihr und beobachteten die Geschehnisse, die Harno ihnen vom Planeten Druufon übermittelte. Harno,
Mitglied des Mutantenkorps, konnte weit entfernte Stellen auf seiner Oberfläche sichtbar
machen.
So kam es, daß die drei Männer Zeuge der Gerichtsverhandlung wurden, die sich auf Druufon
abspielte.
Rhodan erklärte: »Ellert führte einen verzweifelten Kampf gegen den immer stärker werdenden
Onot. Wenn nur die Ursache seiner langsam fortschreitenden Schwäche bekannt wäre, dann ließe sich
vielleicht etwas dagegen unternehmen. Harno, du weißt keine Antwort?«
Das Kugelwesen stand unbeweglich vor ihnen in der Luft. Es hatte die Frage verstanden und
antwortete telepathisch: »Ellert ist ein Geist ohne Körper. Nur der Körper vermag in der
Gegenwart zu beharren, während ein Geist weder an Raum noch Zeit gebunden ist. Er ist wie ein
Mensch, der mitten in einem reißenden Fluß an einer Klippe hängt und sich mit aller Gewalt
festhalten muß, um nicht weggeschwemmt zu werden. Läßt seine Kraft nach, wird er loslassen –
und abgetrieben werden. Ellert hat sich nun schon seit Jahren an der Klippe Onot
festgehalten.«
Rhodan nickte.
»Das verstehe ich – rein bildlich gesehen. Was aber kann man unternehmen?«
Harno entgegnete: »Es gibt nur ein Mittel: Ellert muß zurück in seinen eigenen Körper. Noch
schafft er den Sprung – vielleicht. Wenn nicht, wird er immer in Onot bleiben müssen,
allerdings nicht wie ein Herrscher, sondern als unterdrücktes Unterbewußtsein des Druuf. Kein
gutes Schicksal.«
»Viele intelligente Lebewesen haben ein Unterbewußtsein«, warf Bully ein. »Soll das vielleicht
bedeuten, daß …«
»Keine voreiligen Schlüsse«, warnte Harno. »Jedes intelligente, organische Lebewesen hat einen
Geist, eine Seele. Sie ist zwiespältig, das ist alles. Der Intellekt an der Oberfläche ist das,
was wir seinen Verstand nennen, der unterdrückte Widersacher wird Unterbewußtsein genannt.«
»Es ist also nicht mit dem hypothetischen Zustand Ellerts nach seiner Niederlage zu
vergleichen?«
»Habe ich das behauptet?«
»Es hörte sich so an.«
»Dann wohnten in jedem Menschen zwei Seelen, zwei Intellekte.«
Rhodan hielt es für besser, die Debatte zu unterbrechen. Wenn Harno ins Philosophieren kam,
war kein Ende abzusehen.
»Vielleicht ist es so«, sagte er und sah zu, wie die Druuf Onot hinausführten. »Es wäre gut,
wenn wir die nun entstehende Pause nützen könnten. Freyt muß bald eintreffen.«
Harnos Oberfläche veränderte sich. Farbige Muster huschten über die Kugelwölbung und formten
sich allmählich zu einem steten Bild.
Der Weltraum. Millionen von Sternen verwandelten das All in ein schwarzes Samttuch, das über
und über mit Brillanten bedeckt war.
Eine kleine Kugel schwebte dicht neben einer fünfzehnmal größeren.
»Das sind die OHIO und wir«, sagte Rhodan. »Freyt ist noch nicht da. Dem Funkspruch nach zu
urteilen, müßte er schon …«
Noch während Rhodan sprach, materialisierte keine zwei Lichtsekunden entfernt ein Kreuzer der
Flotte. Er raste mit irrsinniger Geschwindigkeit davon, aber Harno folgte ihm mit seinen
paranormalen Fähigkeiten.
»Es ist Freyt«, stellte Rhodan aufatmend fest und sah zu, wie das Schiff langsamer wurde und
in einer weiten Schleife an den Punkt zurückkehrte, an dem es aus dem Hyperraum gekommen war.
»Harno, du wirst von nun an pausenlos Onot bewachen und mir Bescheid geben, sobald sich etwas
Neues ergibt.«
Harno stieg ohne Entgegnung zur Decke empor, wurde dabei kleiner. Das Bild auf seiner
Oberfläche erlosch. Bully sprang auf. Oberst Sikermann stand ebenfalls auf, nur wesentlich
langsamer und würdevoller.
Zusammen mit Rhodan verließen sie die Kabine, um die bevorstehende Aktion vorzubereiten.
Marschall Freyt hielt sich nicht lange mit einer Begrüßungsrede auf. Kaum war der
Kreuzer im riesigen Hangar der DRUSUS gelandet, da
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