Silberband 013 - Der Zielstern
›Papa‹ sagte, schrumpfte Denniston um einige Zentimeter in sich
zusammen. Mit Schrecken dachte er an die bevorstehende Vorführung eines Starts, wie ihn dieser
Junge unternehmen würde. Bevor er jedoch weiter darüber nachdenken konnte, näherte sich ein
Mädchen der Space-Jet. Sie war in jeder Beziehung das, was Denniston sich unter einer gut
aussehenden Frau vorstellte – vielleicht noch ein bißchen mehr.
»Wer ist das?« entfuhr es ihm unwillkürlich.
Pincer sah ihn gequält an.
»Meine Frau«, erklärte er aufgeregt.
Die dümmsten Bauern finden immer die dicksten Kartoffeln, dachte der Raumfahrer.
»Ihre Frau?« sagte er laut. »Wie haben Sie denn das fertiggebracht?«
Pincer errötete erneut. Seine Hände tasteten über das Jackett, und seine Zunge glitt nervös
über die Lippen.
»Ich – ich habe sie geheiratet«, erklärte er.
In diesem Augenblick erblickte Denniston den Hund. Er hatte ihn bisher nicht bemerkt, da er zu
sehr auf die Frau geachtet hatte. Sie führte ihn an einer knallgelben Leine hinter sich hier. Der
Hund war so ziemlich das Häßlichste, was Denniston in seinem Leben gesehen hatte. Das Tier war
von ockergelber Farbe und hatte den Körper eines Dackels. Der Kopf schien von einem Schäferhund
entlehnt, während der Schwanz derart verkümmert war, daß über seine Herkunft nichts mehr
auszusagen war. Mit starren Augen beobachtete Denniston, wie sich das ungleiche Paar näherte.
»Das ist Mark Denniston, Cora«, stellte Pincer vor. »Mark, meine Frau.«
Cora Pincer hatte dunkle Augen. Denniston ergriff die dargebotene Hand, um sie zu schütteln.
Da stieß der ockergelbe Bastard einen ärgerlichen Knurrlaut aus und schnappte nach Dennistons
Bein. Er sprang zurück. Der Hund beobachtete ihn aufmerksam.
»Meine Frau hat Prinz mit in die Ehe gebracht«, berichtete Pincer stolz.
Dieser Prinz war die widerwärtigste Mitgift, von der Denniston je gehört hatte.
»Der Hund bleibt hier«, entschied er. »Es ist vollkommen sinnlos, ihn mitzunehmen. Wir werden
nur Ärger mit ihm haben.«
Pincer sah enttäuscht aus. Seine Frau blickte Denniston böse an. Sie bückte sich und begann
das Fell der Kreatur zu kraulen.
»Bringen Sie ihn zu meinem Vater«, bat Pincer. »Cora und ich werden inzwischen das Gepäck
verstauen.«
Denniston war glücklich, daß er Pincer verlassen konnte, wenn es auch nur für wenige Minuten
sein würde. Vorsichtig nahm er Prinz an die Leine und zerrte ihn davon. Der Hund sträubte sich
und machte Anstalten, den Raumfahrer zu beißen, doch Denniston war auf der Hut.
Als er das Privatbüro des alten Pincer betrat, stand der Präsident am Fenster und sah auf das
Landefeld hinaus. Denniston räusperte sich.
»Was wollen Sie noch?« fragte Pincer, ohne sich umzudrehen. »Ich habe Sie zusammen mit
diesem – äh – Tier hierherkommen sehen.«
»Prinz bleibt hier«, erklärte Denniston. »Ihr Sohn vertraut ihn Ihrer Obhut an, Chef.«
Er befestigte die Leine an einem Stuhl. Prinz knurrte leise. Plötzlich vibrierte das Zimmer,
die Fensterscheiben erzitterten, und dröhnender Lärm drang herein.
»Was ist das?« fragte Denniston und ging zum Fenster.
»Die ERROR«, sagte Pincer merkwürdig leise.
Mit aufgerissenen Augen sah Denniston zu der Space-Jet hinüber, die sich langsam vom Boden
abhob.
»Er hat Sie hereingelegt, Mark«, bemerkte Pincer. »Mich natürlich auch. Er wollte allein zur
Wega, und er hat es geschafft. Das mit dem Hund war ein Trick. Er wußte, daß Sie ihn nicht
mitnehmen würden. Kein vernünftiger Mensch nimmt einen solchen Bastard mit.«
»Aber …«, begann Mark Denniston verblüfft.
Die ERROR war bereits ihren Augen entschwunden. Trotzdem blieb der Präsident am Fenster
stehen.
»Wie war sein Start, Mark?« fragte er leise.
»Na ja«, erwiderte Denniston.
Unverhofft kam wieder Leben in den Präsidenten. Er wandte sich von seinem Beobachtungsplatz ab
und sah Mark zu.
»Ich habe eine andere Aufgabe für Sie«, verkündete er.
»So«, sagte Denniston vorsichtig. »Welche denn?«
Pincer erwiderte nichts, aber er senkte seinen Blick auf den ockergelben Hund, dessen Augen
Denniston wütend anfunkelten. Pincer lächelte boshaft. Der Kapitän wurde blaß.
»Nein, Chef«, sagte er erschüttert.
»Doch!« befahl Pincer.
Da wußte Mark Denniston, daß er bis zur Rückkehr von John Edgar Pincer mit diesem bösartigen,
häßlichen Wesen herumlaufen würde, das wie die Inkarnation von Zerberus persönlich
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