Silberband 014 - Rhodans Sohn
Intelligenz ihn leitete, hatte er seinen Platz so gewählt, daß an einen operativen Eingriff nicht
zu denken war, wenn Kalal das Leben nicht verlieren wollte.
Danach hatte der Hohepriester darauf gedrungen, daß das Gerät an seinem Platz bleiben, aber
zerstört werden sollte. Die Ara-Ärzte hatten eine eingehende Untersuchung angestellt und
herausgefunden daß der Aktivator anstelle des Herzens einen Teil der Blutversorgung des Körpers
übernommen hatte und daß seine Zerstörung zu einer tödlichen Stagnierung des Blutkreislaufs
führen würde.
Also war Kalal auch dieser Ausweg versperrt. Er mußte das Höllending mit sich herumtragen und
es erdulden, daß überall die Menschen mit verzückten Gesichtern auf ihn zugestürzt kamen, um ihn
zu beschnuppern, ihn zu streicheln und, wenn sie ein Gefäß und die nötige Flüssigkeit zur Hand
hatten, mit Wasser oder gar anderer Flüssigkeiten zu begießen.
Er wußte auch, daß den Gegnern des Baalol-Kults der Aufruhr auf Utik längst zu Ohren gekommen
war, und zuverlässige Verbindungsleute hatten berichtet, daß zwei terranische Agenten schon seit
Stunden auf dem Wege waren, um die Ursache des rätselhaften Zwischenfalls zu erforschen. Auf
Kalals Befehl hin war eine Gruppe von Priestern den beiden Terranern entgegengegangen, um sie
gefangenzunehmen, sobald sie in den Bannkreis des teuflischen Geräts eindrangen und ihre
Aufmerksamkeit abgelenkt war. Kalal wollte erfahren, bis zu welchem Maß die feindlichen Mächte
schon mißtrauisch geworden waren.
Aber Doosdal, der Anführer der Losgeschickten, hatte sich seit mehr als einer Stunde nicht
mehr gemeldet, und Kalal begann allmählich zu glauben, daß der Einsatz nicht so verlaufen war,
wie er ihn geplant hatte.
Daß seine Priester wie auch die Aras gegen den hypnotischen Einfluß, den der Aktivator
verstrahlte, infolge ihrer besonderen geistigen Veranlagung geschützt waren, bedeutete für Kalal
den einzigen Lichtblick in diesem Durcheinander.
Er wußte, was er zu tun hatte, wenn Doosdal sich nicht im Lauf der nächsten Minuten meldete.
Es bestand die Gefahr, daß einer seiner Priester auf den Gedanken kam, seine, Kalals Anwesenheit
sei für die Ziele des Baalol-Kults gefährlich, und bevor die Ziele des Kults aufs Spiel gesetzt
würden, müsse man den Hohenpriester töten, da sich die Ursache allen Übels nicht anders
beseitigen ließ. Kalal war sich darüber im klaren, daß irgend jemand auf diese Idee kommen würde,
und zwar bald.
Kalal spürte sie kommen. Er konnte ihre Gedanken nicht erkennen, denn sie schirmten
sie vor ihm ab. Aber er konnte sich denken, was sie wollten. Sie kamen mit keiner freundlichen
Absicht.
Sie blieben draußen vor der Tür stehen, und einer von ihnen fragte: »Dürfen wir eintreten,
ehrwürdiger Herr?«
Nur diesen einen Gedanken ließ er unter der Abschirmung hervorschlüpfen. Kalal verstand ihn
und versuchte, durch die Öffnung, durch die der Gedanke gekommen war, rasch einen Blick auf das
zu werfen, was sonst noch hinter dem Schirm lag.
Aber der Priester dort draußen war sehr vorsichtig. Er ließ Kalal nichts sehen.
»Tretet ein, meine Freunde«, antwortete Kalal müde, und im selben Augenblick öffnete sich die
Tür.
Sie waren zu fünft, und derjenige, der gesprochen hatte, war Argagal, der älteste unter den
Priestern. Vor der Tür stellten sie sich in einer Reihe auf und machten zu Kalal hin, der sich
von seinem bequemen Sessel nicht erhoben hatte, die vorgeschriebene Verbeugung.
»Nun, was führt euch zu mir, meine Freunde?« fragte Kalal mit gleichmütig klingender
Stimme.
»Wir bitten dich, ehrwürdiger Herr«, antwortete Argagal, »den Vorsitz der Hauptversammlung zu
übernehmen, die schon einberufen worden ist.«
Kalal erschrak.
Sie hatten eine Hauptversammlung einberufen. Es gab nur zwei Möglichkeiten, wie eine solche
Versammlung zustande kommen konnte. Entweder der Hohepriester rief sie zusammen – oder die
Gesamtheit aller anderen Priester, die sich im Tempelkomplex befanden. Entschied sich nur einer
von ihnen gegen die Einberufung der Versammlung, dann kam keine Versammlung zustande. Waren aber
alle dafür, dann brauchte nicht einmal der Hohepriester gefragt zu werden. Die Versammlung tagte
dann, ob mit oder ohne Zustimmung des Tempelvorstands.
Kalal erinnerte sich nicht, jemals eine Hauptversammlung erlebt zu haben, die auf die letztere
Weise zustande gekommen war. Es mußten unerhört wichtige Dinge geschehen, bevor
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